Wer nicht absagt, zahlt - No-Show-Gebühr im Restaurant-Alltag

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Der Tisch ist gedeckt, der Wein geöffnet und das Essen vorbereitet - nur die Gäste fehlen. Dieses Szenario fürchten Gastronomen vor allem im gehobenen Bereich, denn es bedeutet einen nicht zu ersetzenden wirtschaftlichen Verlust für sie. Dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) zufolge haben sogenannte No-Shows, also das Nichterscheinen trotz Reservierung, oder das sehr kurzfristige Absagen zugenommen. Der Verbindlichkeit steht laut Christian Heller vom Deutschen Knigge-Rat die «Fear of a better option» gegenüber. Menschen scheuen sich, sich festzulegen und halten sich bis zur letzten Minute alle Optionen offen. Immer mehr Restaurants in Deutschland erheben deswegen inzwischen eine No-Show-Gebühr, wenn Gäste trotz Reservierung nicht kommen oder kurzfristig absagen.

Eines von ihnen ist das Sternerestaurant «bi:braud» in Ulm. «Es tritt vermehrt auf, dass Leute in mehreren Restaurants reservieren und kurzfristig entscheiden: Da gehen wir am Abend hin», erzählt Sommelier Holger Baier. Storniert werde in den anderen Restaurants dann auch nicht. «Wenn die Leute ein Menü vorbestellt haben, ist es irgendwann nicht mehr wirtschaftlich», erklärt er. Schließlich seien es einige Teller und hochwertige Lebensmittel, die in der gehobenen Gastronomie auf den Tisch kommen. Wenn ein Café einen reservierten Tisch mit Laufkundschaft gleich wieder belegen könne, sei das eine andere Sache.

«Oft sind sich die Gäste, die ohne Absage einen reservierten Tisch nicht in Anspruch nehmen, nicht bewusst, mit welchem finanziellen und organisatorischen Aufwand die Auslastungsplanung eines Restaurants verbunden ist», führt eine Dehoga-Sprecherin aus. «Insbesondere für Restaurants mit einer kleineren Anzahl von Tischen, mit einem besonders hochwertigen Speisenangebot, also mit einem hohen Wareneinsatz, mit langen Reservierungszeiten und fehlender Laufkundschaft sind leere Tische besonders ärgerlich.» Den frei gewordenen Tisch an andere Gäste zu vergeben, sei oft nicht möglich.

Für die Gebühr kann es laut Anwalt Alexander Rilling eine Rolle spielen, ob Gäste ein Menü mitbestellt haben. «Darauf bereitet sich der Gastwirt konkret vor, kauft gezielt ein», sagt Rilling. Da könne man einen Teil dessen, was das Menü gekostet hätte, bei Nichterscheinen erheben, als eine Art pauschalen Schadenersatz. Schwieriger werde es für einen Gastwirt bei einer Reservierung ohne Menü. Denn da könne man zwar schätzen, was die Gäste konsumiert hätten, man wisse es aber nicht so genau wie bei einem Menü. In jedem Fall müsse etwas wie eine No-Show-Gebühr in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehen. Außerdem sollten Gäste einen Hinweis auf die Gebühren bekommen und diesen auch bestätigen. 

Im «bi:braud» bekommen Gäste den Hinweis auf die Gebühr laut Sommelier Baier zusammen mit den anderen Daten zur gewünschten Reservierung in einer E-Mail. In einem Reservierungsportal müssen sie die Reservierung demnach noch einmal bestätigen und dabei auch ihre Kreditkarte hinterlegen. Außerdem erscheine der Hinweis auf die Gebühren bei Nichterscheinen oder zu spätem Absagen als Pop-Up bei der Buchung. Einige Restaurants rufen ihre Gäste auch am Tag des Besuchs von sich aus noch einmal an und fragen nach, ob man kommt. Mit so einem persönlichen Gespräch wird das einfache Nichterscheinen schwieriger.

Seit zwei Jahren gibt es die No-Show-Gebühr in dem Ulmer Restaurant, doch tatsächlich erhoben wurde sie laut Baier nur zweimal. «Wir haben zum Glück zuverlässige Gäste», sagt er. Und Kulanz spiele auch immer eine Rolle. «Wenn jemand krank wird, wird er krank», meint der Sommelier. Dass immer mehr Restaurants in Deutschland eine solche Gebühr erheben, ist laut Baier ein schon seit mehr als zehn Jahren laufender Prozess und eigentlich der neue Standard. «In der gehobenen Gastronomie und in anderen Ländern ist das normal.» 

Das sagt auch Heller vom Deutschen Knigge-Rat. «In den USA ist es in manchen Städten bereits üblich, dass die Gäste bei der Buchung ein Ticket für das Essen kaufen müssen.» Wirtschaftlich sei es ein schwieriger Diskurs, meint Heller. «Im Deutschen Knigge-Rat sprechen wir über die Angst vor Beziehungsabbruch, die bei etlichen Profis dazu führt, auf eine Gebühr zu verzichten.» Verbindlichkeit sei aber zweiseitig. 

«Es gilt grundsätzlich die Empfehlung, eine Reservierung zu einer bestimmten Uhrzeit nicht länger als 15 bis 20 Minuten zu überziehen», sagt Heller. «Es wird auch empfohlen, sich bei Verspätungen auch telefonisch zu melden.» Und wenn dann doch einmal wirklich etwas dazwischenkommt, sollte man absagen, sobald man weiß, dass es nicht klappt, sagt Heller. «Es sollte aber auf jeden Fall abgesagt werden, das gehört zum guten Anstand.» 

Manchmal sei es im Alltag schwer, Verbindlichkeit zu leben, sagt Heller, betont aber: «Wie wir in der letzten Sitzung des Knigge-Rats besprochen haben, führt Grenzen setzen zu Wertschätzung. Das gilt für Gäste und Gastgeber.» Holger Baier bestätigt das mit Blick auf die No-Show-Gebühren. «Die Leute nehmen's uns nicht krumm.»


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