Gemeinsam mit Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin der UniCredit Bank Austria, wirft der Geschäftsführer der mrp hotels Martin Schaffer einen Blick auf die internationalen Entwicklungen im Tourismus, den Konsum und die Auswirkungen auf die Finanzmärkte.
Die Tourismuswirtschaft zählt - wenig überraschend - international zu den von der Pandemie am stärksten betroffenen Branchen. Und der Keller ist gerade in Europa ein sehr tiefer: So ist beispielsweise in Deutschland in den Monaten Januar und Februar der Umsatz im Beherbergungsgeschäft gegenüber dem 4. Quartal 2020 nochmals um 27 Prozent eingebrochen.
„Auch das 2. Quartal ist aus heutiger Sicht verloren - Hotels sperren frühestens zu Pfingsten auf – und in Deutschland ist nicht einmal dieses Datum gesichert”, so Martin Schaffer.
Monika Rosen-Philipp sieht große Unterschiede zwischen den USA und Europa: „Es besteht eine starke Divergenz zwischen den USA und Europa. Der Impffortschritt ist in den Vereinigten Staaten sehr viel weiter als bei uns.”
Die USA als Vorreiter
Bereits Ende Juni, Anfang Juli könnten 70 Prozent der Erwachsenen in den USA immunisiert sein – und das ist auch für den Tourismus ein durchaus positives Signal. So kann die profitabelste Flugroute der Welt zwischen London Heathrow und dem John F. Kennedy Airport (New York) als zentrales Rückgrat im Tourismus wieder in Vollbetrieb gehen. Auch die Kreuzfahrten aus den amerikanischen Häfen werden wieder ihren Betrieb aufnehmen – wenn auch unter strengen Auflagen durch die CDC (Center for Disease Control): 98 Prozent der Besatzung und 95 Prozent der Passagiere müssen voll immunisiert sein – besonders die Passagierquote könnte schwer zu erfüllen sein.
„Die Aktien der Kreuzfahrtlinien sind bei der Ankündigung dieser Bestimmungen nicht gestiegen, sondern sogar leicht gesunken. Ein Fall von “sell the news” - erwartete Ereignisse beflügeln die Kurse nicht mehr weiter”, analysiert Monika Rosen-Philipp.
Konsum und Zinsentwicklung
Die positiven Nachrichten vorweg: Das 1. Quartal 2021 wird das letzte sein, das voll von den Lockdowns belastet ist, bereits ab dem 2. Quartal, viel stärker noch aber ab dem 2. Halbjahr, sollte die europäische Konjunktur deutlich an Fahrt aufnehmen. Und: Gerade auch im Tourismus – das klassische “Reisen” und “Wegfahren” – haben die Konsumenten ein Nachholbedürfnis und werden über einige Jahre hinweg überdurchschnittlich viel Geld ausgeben.
Im Investmentbereich hingegen, so Monika-Rosen Philipp, sieht die Situation anders aus: „Die Notenbanken werden irgendwann den Geldhahn wieder ein ganz klein bisschen – die Betonung liegt auf bisschen – zudrehen. Die gestraffte Geldpolitik, zum Beispiel durch das Zurückfahren der Anleihekaufprogramme, hat Auswirkungen auf zinssensitive Branchen, wie beispielsweise den Immobilienmarkt.”
Happy End für die Tourismuswerte an den Finanzmärkten ist offen
Während die Tourismusaktien zu Jahresanfang deutlich zugelegt haben – einige Werte auch im zweistelligen Bereich – sieht Monika Rosen-Philipp bei den Kursen kein grenzenloses Wachstum mehr: „Die Börsen haben die positiven Entwicklungen teilweise schon vorweggenommen, die Euphorie hat sich schon in den Kursen im Herbst und Winter widergespiegelt. Aufsperren als Story reicht irgendwann nicht mehr, wir benötigen jetzt einen zusätzlichen Anschub.”
Dem pflichtet Martin Schaffer bei: „Die Liftfahrt der Kurse hat deutlich an Dynamik verloren. Auch wenn wir aktuell eine Buchungslawine in der Ferienhotellerie erleben, braucht der Tourismus weitere Impulse, um die Märkte weiter zu beleben und zurück auf Erfolgskurs zu bringen.”