Konsolidierungswelle in der Kettenhotellerie: Etablierte Hotelbetreiber in der Klemme?

| Hotellerie Hotellerie

Der Wettbewerb auf dem deutschen Hotelmarkt wird immer größer, und der Druck auf Betreiber wächst. „Etablierten Hotelgesellschaften fällt es oft schwer, schnell und aus eigener Kraft auf die veränderten Bedürfnisse der Hotelgäste zu reagieren und so weiter zu expandieren“, sagt Alexander Trobitz von BNP Paribas Real Estate in einem Video-Interview.

„Hotelgäste auf der einen Seite haben neue Bedürfnisse, hoch im Kurs stehen etwa Häuser mit jungen, ausgefallenen Konzepten. Auf der anderen Seite drängen seit einigen Jahren Start-ups auf den Hotelmarkt, die genau diese Nische mit innovativen Konzepten bedienen und die Gästebewegungen umlenken“, erläutert Alexander Trobitz, Head of Hotel Services der BNP Paribas Real Estate GmbH.

Neue Marken wirbeln den Hotelmarkt auf

Ein bekanntes Beispiel für ein Hotelkonzept, das den Wunsch nach zeitgemäßen Räumlichkeiten heutiger Generationen trifft, ist die 25hours Hotel Company. Ihre Boutique-Hotels sind individuell gestaltet, kein Haus gleicht dem anderen. Jeder Besuch in einem dieser Häuser ist einzigartig, manchmal sogar mit einer Badewanne auf dem Balkon. Das Economy-Design-Hotel Prizeotel ist mit seiner Strategie ebenfalls sehr erfolgreich. Durch das ausgefallene Design des Star-Designers Karim Rashid und aufgrund zahlreicher Digitalisierungsmaßnahmen wie dem Einchecken per Smartphone setzt sich die Hotelmarke von den traditionellen Playern ab.

2018 Rekordjahr bei Hotel-Konsolidierungen

„Genau hier liegt das Problem der ,Großen': Ihnen fällt es oft schwer, schnell und aus eigener Kraft auf die veränderten Bedürfnisse der Hotelgäste zu reagieren und so weiter zu expandieren“, so Alexander Trobitz. Etablierte Hotelgesellschaften haben jedoch erkannt, dass sie jetzt agieren müssen, um mitzuhalten. Ihre Lösung: Neben dem Aufbau eigener neuer (Nischen-)Marken, so wie es etwa jüngst die IHG (InterContinental Hotels Group) mit der Gründung seiner neuen Marken avid & voco getan hat, spielen vor allem Konsolidierungen eine entscheidende Rolle. So sollen neue Gästegruppen für die eigenen Marken erschlossen und das eigene Hotelangebot weiter ausgebaut werden. Zwar ist die Entwicklung, dass sich etablierte Hotelgesellschaften Marken einverleiben, nicht neu. Aber: Übernahmen zwischen Hotelgesellschaften waren 2018 so ausgeprägt, dass wir ein Rekordjahr der Hotel-Konsolidierung verbuchen konnten - um die 20.000 Hotelzimmer wechselten den Betreiber.
 

Drei Gründe für die Konsolidierungen der Hotelketten aus Sicht von BNP Paribas

Darüber hinaus sind aus Sicht von Alexander Trobitz drei Gründe entscheidend für die aktuelle Konsolidierungswelle:

1. Branding: Eine starke Marke stärkt das eigene Image und Portfolio

Eine starke Marke, die auf dem Hotelmarkt bereits gut funktioniert, ist ein wichtiger Treiber für Übernahmen. Vor allem wenn die Marke eine Nische bedient, die im Portfolio der übernehmenden Hotelgesellschaft noch fehlt. Hierbei können Hotelketten vom guten Image der "Kleineren" profitieren und behalten den Markennamen der Übernommenen bei. Beispiele hierfür sind die bereits genannten 25hours Hotels und Prizeotel, deren Konzepte für etablierte Ketten interessant geworden sind. So sicherte sich bereits 2016 Accor 30 Prozent der 25hours Hotel Company, während Radisson Prizeotel an sich binden konnte.

2. Expansion: Ausdehnung auf dem deutschen Markt

Der deutsche Hotelmarkt ist gesättigt, das Errichten neuer Hotelimmobilien ist teuer, braucht Zeit und ist mit Risiken verbunden. Eine Konsolidierung ist hingegen ein relativ sicherer, schneller und kosteneffizienter Schritt, um die Reichweite zu vergrößern. Markenimage spielt in diesem Fall jedoch keine Rolle, daher werden die übernommenen Betreiber hierbei oft dem Portfolio der neuen Betreiber einverleibt. So wurden beispielsweise die unter Holiday Inn Express firmierenden Hotelbetriebe der Foremost Hospitality von Whitbread übernommen - sie sollen als Premier Inn neu gelaunched werden. Über 3.000 Zimmer können von Premier Inn auf diese Weise auf dem deutschen Markt etabliert werden.

3. Finanzgetriebene Investments

Neben dem Markenaspekt und der Reichweite sind auch finanzgetriebene Investments ein entscheidender Treiber von Übernahmen. Eines der aktuellsten Beispiele: Goldman Sachs will noch in diesem Jahr die B&B Hotels erwerben. "Was Konsolidierungen ebenfalls vorantreibt: Meist fehlt der Platz für neue Projekte in guter Lage, und bei vielen ,Großen' ist die Expertise, beispielsweise im Bereich Digitalisierung, nicht vorhanden, um erfolgreiche Neu-Marken aufzubauen. Und auch internationale Ketten wollen sich durch den Zukauf erfolgreicher Marken in einnahmestarken Märkten wie Deutschland etablieren", sagt Alexander Trobitz.

Konsolidierung der Hotelketten: eine Win-win-Situation für alle?

Von den Übernahmen profitieren aber nicht nur die die Hotelketten, auch für die Übernommenen ergeben sich in den meisten Fällen einige Vorzüge: Neben der meist hohen Geldsumme spielen die Expansionsmöglichkeiten oft eine entscheidende Rolle. So ging die 25hours Hotel Company auch auf die Kooperation mit Accor ein, um global zu expandieren. Und das mit großem Erfolg: In Dubai konnte etwa ein Projekt mit 435 Zimmern realisiert werden.

Von allen Seiten scheinen die Vorteile zu überwiegen. Allerdings verlaufen nicht alle Konsolidierungen erfolgreich. So hat die NH-Gruppe erst kürzlich eine Fusion mit Barceló abgelehnt. Und die bereits erwähnten Prizeotels haben das Lizenz-Abkommen mit der Radisson Hotel Group mittlerweile beendet. Dadurch, dass Radisson nun zum chinesischem Anbieter Jin Jiang gehört, wäre Prizeotel mit direkten Wettbewerbern in einem Portfolio gelistet gewesen.

Ein Blick in die Zukunft: Weniger Marken auf dem Hotelmarkt?

Doch wie nachhaltig ist diese Entwicklung? Und ist ein Markenschwund zu befürchten? Der Aufwind bei den Konsolidierungen hält auch 2019 an, und der Markt ist weiterhin stark umkämpft. Einige Fusionen und Käufe konnten bereits verbucht werden, viele weitere bahnen sich momentan an. "Wir sehen zahlreiche Betreiber beziehungsweise Marken, die potenzielle Übernahmekandidaten sind beziehungsweise die zum Verkauf stehen. Ein Markenschwund ist jedoch nicht zu befürchten. Im Gegenteil: Wir gehen davon aus, dass es in Zukunft mehr Hotelmarken, aber immer weniger Hotelgesellschaften geben wird. Es gibt noch zahlreiche Nischen, die bedient werden können. Vor allem im Bereich Serviced Apartments werden zahlreiche Konzepte erarbeitet, die zukünftig die Markenportfolios der großen Hotelgesellschaften ergänzen könnten", sagt Alexander Trobitz.

Ob der Rekord von 2018 in diesem Jahr geknackt werden kann, lässt sich noch nicht sagen - die Zeichen sind aber sehr vielversprechend. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass eindeutig mehr Hotelzimmer den Besitzer wechseln werden als 2017 und die Jahre davor.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Marke Zleep Hotels kommt nach Luzern: Die Säntis Home AG und H World International (früher Deutsche Hospitality/Steigenberger) haben einen Franchise-Vertrag für ein neues Zleep Hotel in Luzern-Emmenbrücke unterzeichnet. Das neue Hotel wird über 138 Zimmer verfügen und voraussichtlich Ende 2027 eröffnen.

Accor eröffnete jetzt das Mercure ICON Singapore City Centre offiziell. Das Hotel ist mit 989 Zimmern die weltweit größte Haus der Marke.

Palladium Hotel Group steigt mit Ushuaïa Unexpected Hotels & Residences in den Nahen Osten ein. Das ehrgeizige Projekt, das Investitionen von mehr als 100 Millionen Dollar erfordern wird, umfasst 442 Hotelzimmer und Wohneinheiten.

Im Wiesbadener Dorint Pallas-Hotel mit 297 Zimmern und 30 Suiten, ist in den vergangenen Monaten im laufendem Betrieb für rund 2,5 Millionen Euro die gesamte Hotelhalle mit Rezeption, Hotelbar und Ballsaal modernisiert worden. Dazu wurde ein „Creative Space“ neu geschaffen.

Die Kempinski-Gruppe führt die Marke Bristoria in China ein und eröffnet ein am See gelegenes Kempinski-Hotel der Luxusklasse in der Wirtschaftsentwicklungszone von Yangzhou.

Die MHP Hotel AG setzt ihre positive Entwicklung fort und berichtet über ein starkes erstes Quartal 2024. Der Betreiber von derzeit neun Hotels im Premium- und Luxus-Segment meldet mit 65 Prozent eine deutlich über dem Vorjahreswert (60 Prozent) liegende Belegungsquote.

Der Co-Living-Anbieter The Base eröffnet sein erstes Haus in München und erweitert das Übernachtungs- und Wohnangebot in der bayerischen Hauptstadt um 133 modern möblierte Mikro-Apartments und 21 Hotelzimmer.

Kurz nach dem 150. Jubiläum hat das Ringhotel Sellhorn in den letzten Monaten alle Zimmer und Suiten sowie die Badezimmer im Eichenblickflügel komplett renoviert und neu gestaltet. Die Lage der Vier-Sterne-Herberge, mitten in der Natur der Lüneburger Heide, ist auch im neuen Design der Hotelzimmer zu spüren.

In Kassel haben 25 Serviced Apartments der Marke „Hood House“ eröffnet. Für den Betreiber, die Sicon-Hospitality, ist es eine doppelte Premiere: Ihre ersten Serviced Apartments in Kassel sind zugleich die ersten, die das Unternehmen außerhalb des Firmensitzes Hamburg an den Start bringt.

Der Diebstahl wertvoller Weine aus dem Hotel-Restaurant Kronenschlösschen im Rheingau im Januar 2021 ist aufgeklärt, wie die Eigentümerfamilie Ullrich mitteilte. Der Vorfall hatte nicht nur wegen des beträchtlichen Schadens von 240.000 Euro für Aufsehen gesorgt, sondern auch, weil zunächst sogar gegen die Ullrichs ermittelt wurde.