„Überhöhte Provisionen“ - Hotelverband kontert Einwände von Booking.com

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Mehr als 25 Hotelverbände planen eine Sammelklage gegen Booking.com. Darüber hatte auch Tageskarte berichtet und prompt eine Stellungnahme von Booking.com erhalten, in der Schlussfolgerungen des europäischen Verbandes Hotrec als „falsch und irreführend“ bezeichnet werden. Der Hotelverband in Deutschland kontert jetzt die Einlassungen von Booking.com seinerseits und sagt, dass diese nicht den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten entsprächen.

Booking.com argumentierte in seiner Reaktion auf die Initiative von Hotrec, dass sich ein EuGH-Urteil speziell auf Fragen beziehen würde, die vom Bezirksgericht Amsterdam im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit zwischen Booking.com und einigen deutschen Hotels gestellt wurden, bei dem es um die Rechtmäßigkeit von Preisparitätsklauseln in Deutschland zwischen 2006 und 2016 ging, und dass der EuGH nicht zu dem Schluss gekommen wäre, dass die deutschen Preisparitätsklauseln von Booking.com wettbewerbswidrig seien oder Auswirkungen auf den Wettbewerb hätten.

Gegenüber Tageskarte widersprach Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA) dieser Darstellung und sagte wörtlich: „Dies ist falsch.“

Denn erstens gebe es so etwas wie „deutsche Paritätsklauseln“ nicht. Vielmehr verwende Booking.com seit 2004 europaweit einheitliche Allgemeine Geschäftsbedingungen, so dass in allen europäischen Ländern die gleichen Paritätsklauseln gelten würden, so Luthe.

Zweitens habe der EuGH in seinem Urteil vom 19. September 2024 die wettbewerbswidrige Wirkung der Paritätsklauseln sehr deutlich herausgestellt. In Randnummer 62 des Urteils hieße es: „Es gibt nämlich keinen inneren Zusammenhang zwischen dem Fortbestand der Haupttätigkeit der Hotelbuchungsplattform und der Auferlegung solcher Klauseln, die ganz klar spürbar wettbewerbsbeschränkend wirken. Solche Klauseln können, abgesehen davon, dass sie geeignet sind, den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Hotelbuchungsplattformen zu verringern, die Gefahr beinhalten, dass kleine Plattformen und neu eintretende Plattformen verdrängt werden."

Drittens und letztens, so Luthe, irre Booking.com, wenn es behaupte, der EuGH hätte nicht festgestellt, dass seine Paritätsklauseln wettbewerbswidrig seien. Im Gegenteil: Die (Nicht-)Vereinbarkeit der Paritätsklauseln mit dem EU-Wettbewerbsrecht hätten im Mittelpunkt des EuGH-Urteils gestanden. Booking.com habe in diesem Zusammenhang argumentiert, dass die Paritätsklauseln als „Nebenabreden“ zu qualifizieren seien und daher mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar seien. Der EuGH habe jedoch in Paragraph 75 seines Urteils zusammengefasst: „Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass er auf weite und auf enge Bestpreisklauseln in Verträgen zwischen Online-Hotelbuchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben anwendbar ist, da diese Klauseln keine Nebenabreden zu diesen Verträgen darstellen.“

„Die Stellungnahmen von Booking.com entsprechen nicht den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten," schlussfolfgert Luthe.

Hintergrund zur geplanten Sammelklage gegen Booking.com

Nationale Hotelverbände aus über 25 europäischen Ländern schließen sich in einer gesamteuropäischen Sammelklage gegen Booking.com zusammen. Diese gemeinsame Initiative wird von Hotrec, dem Dachverband der Hotels, Restaurants, Bars und Cafés in Europa, unterstützt. Alle europäischen Hotels sind eingeladen und aufgerufen, sich unter www.mybookingclaim.com an der gemeinsamen Klage zu beteiligen und sich online zu registrieren. Anmeldeschluss ist der 31. Juli 2025.

Alexandros Vassilikos, Präsident von HOTREC, erklärte: „Europäische Hoteliers haben lange unter unfairen Bedingungen und überhöhten Kosten gelitten. Jetzt ist es an der Zeit, gemeinsam aufzutreten und Wiedergutmachung zu fordern. Diese gemeinsame Initiative sendet eine klare Botschaft: Missbräuchliche Praktiken im digitalen Markt bleiben nicht unbeantwortet.“

Die Klage wird von einem Team aus erfahrenen und anerkannten Wettbewerbsrechtlern, Prozessanwälten und Ökonomen geführt, die bereits das erfolgreiche EuGH-Urteil vom 19. September 2024 erreicht haben.

„In Deutschland hatten sich bereits im Jahr 2020 über 2.000 Hotels der „daBeisein“-Initiative des Hotelverband Deutschland (IHA) angeschlossen, um ihren Anspruch auf Schadensersatz gerichtlich durchzusetzen. Für diese deutschen Pionier-Hotels sind bereits Gerichtsverfahren vor dem Bezirksgericht Amsterdam oder dem Landgericht Berlin anhängig. Für sie ist eine erneute Registrierung unter www.mybookingclaim.com nicht mehr notwendig“, erläutert Markus Luthe, IHA-Hauptgeschäftsführer und Vorsitzender der HOTREC-Arbeitsgruppe Distribution.

Das EuGH-Urteil von 2024 (Rechtssache C-264/23) bestätigte, dass die Paritätsklauseln von Booking.com – vertragliche Bestimmungen, die Hotels daran hinderten, über andere Kanäle niedrigere Preise oder bessere Verfügbarkeiten anzubieten – gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen. Diese Klauseln führten zu überhöhten Provisionssätzen, unterdrückten Direktbuchungen und verzerrten den Wettbewerb auf dem Online-Markt.

Die Klage wird von der Stiftung Hotel Claims Alliance koordiniert und vor Gerichten in den Niederlanden eingebracht, um eine einheitliche und effiziente Durchsetzung in ganz Europa zu ermöglichen.

Die Initiative wird von den nationalen Hotelverbänden der folgenden Länder unterstützt: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Griechenland, Island, Italien, Irland, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern. 


 

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