Digitalisierung im Weinbau: das «fliegende Auge der Winzer»

| Industrie Industrie

Klimawandel, Schädlinge im Weinberg, Fachkräftemangel und höhere Produktionskosten: Die Herausforderungen im Weinbau sind groß. Um Problemen wie diesen zu begegnen und mögliche Negativfolgen zu vermeiden, haben Winzerinnen und Winzer begonnen, innovative Lösungen auszuprobieren. Das Sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth in Radebeul bei Dresden etwa beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit der Digitalisierung und den Chancen und Potenzialen neuer Technologien für die gezielte und ressourcenschonende Bewirtschaftung der eigenen Weinberge.

Für die Radebeuler Winzer geht die Digitalisierung Hand in Hand mit der nachhaltigen Bewirtschaftung von Rebflächen. «Wir haben einen positiven Effekt auf die Weinqualität gesehen und natürlich auch auf das Ökosystem», sagt Weinbauleiter Till Neumeister. Derzeit testet das Weingut den Einsatz größerer Agrar-Drohnen. Diese sind rund 80 Kilo schwer und können mithilfe intelligenter Software Winzer unter anderem bei Bewirtschaftungsmaßnahmen im Weinberg unterstützen - etwa beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. «Diese gesamte Drohnentechnologie in der Landwirtschaft und gerade auch im Weinbau hat in den letzten Jahren unheimlich an Fahrt aufgenommen.»

Etwas kleinere Drohnen setze Schloss Wackerbarth bisher vor allem für die Erfassung und Analyse von weinbau-spezifischen Daten ein. «Die Drohne ist hier quasi das "fliegende Auge" der Winzer», erläutert der 38-Jährige. Mit modernsten Sensoren, Lasern oder spezialisierten Kameras könne die Drohne sowohl Luftbilder aufnehmen als auch hochauflösende Analysen durchführen. Im Winter wird sie beispielsweise eingesetzt, um die Anzahl der Reben im Weinberg zu ermitteln. Zudem könne die Drohne im Hochsommer die Temperatur im Weinberg messen und im Frühsommer die Vitalität der Rebstöcke.

Die Interpretation der gewonnen Daten helfe anschließend beim gezielten Einsatz verschiedener Arbeitsschritte im Weinberg - etwa beim Laubwandmanagement oder bei der Bodenbearbeitung. Die Drohne fliegt ein externer Dienstleister aus Franken. Die Firma «Agrar Copter» arbeitet seit diesem Jahr mit dem Staatsweingut zusammen. «Bevor es zu einem Drohnenflug kommt, ist eine ganze Menge Vorbereitungsarbeit notwendig», erklärt Neumeister. Dazu gehöre unter anderem die Vorbereitung eines exakten Flugplans.

Mit gut 490 Hektar Rebfläche - einschließlich der zum Anbaugebiet gehörenden kleinen Flächen in Brandenburg und Sachsen-Anhalt - zählt Sachsen zu den kleinsten der 13 deutschen Weinanbaugebiete.

Auch auf dem Weingut Schloss Proschwitz werden seit zwei Jahren Drohnen im Weinberg eingesetzt. Dieses Jahr seien die ersten Versuche in Planung eine Drohne - ähnlich wie in Wackerbarth - für den Pflanzenschutz einzusetzen. Auch Proschwitz hat hierfür einen externen Dienstleister beauftragt. «Ich denke, dass es sich das bei einer bestimmten Betriebsgröße durchaus lohnt, in so etwas zu investieren und auch Personal zu schulen, die dann befugt sind am Ende den Pflanzenschutz zu tätigen und auch die Drohne zu bedienen», sagt Winzer Jonas Beutler. Allerdings müsse zuvor technisch noch einiges ausprobiert werden.

Der sächsische Weinbauverband begrüßt die Bemühungen der beiden Weingüter. «Gerade den Drohneneinsatz halte ich für eine sehr interessante Geschichte, vor allem in den Steillagen», erklärt der Vorstandsvorsitzende Felix Hößelbarth. Seiner Meinung nach könnten Drohnen auch wegen des Fachkräftemangels und der körperlich anstrengender Arbeit in den Weinbergen einen sehr positiven Effekt haben. Allerdings sei der Weinbau in Sachen Digitalisierung im Vergleich zum Ackerbau ziemlich hinterher, räumt Hößelbarth ein. Er stehe dem Thema jedoch sehr offen gegenüber und sehe, dass die Digitalisierung einige Probleme im Weinbau lösen kann.

Auf Schloss Wackerbarth werden neben den Drohnen auch andere Technologien für die Bewirtschaftung der eigenen Weinberge getestet. Neben Drohnen zur Erfassung von Daten aus den Weinbergen setzt das Staatsweingut beispielsweise auf eigene Wetterstationen sowie auf weinbauspezifische Portale. Mit diesen digitalen, cloudbasierten Portalen können die Winzer etwa parzellen-spezifische Wetterdaten nutzen. Derartige Softwarelösungen berücksichtigen neben allgemeinen Wetterdaten beispielsweise auch die Sonnen-Exposition und Neigung einzelner Hang-Abschnitte. Eine weitere Maßnahme sei der Einsatz GPS-gesteuerter Pflanzmaschinen, die Rebstöcke bei der Aufrebung neuer Flächen zielgenau und in kürzester Zeit pflanzen können.

Jobängste müssten Winzer allerdings nicht haben. «Man kann nur mit der Drohnentechnik keinen Winzer machen», sagt Neumeistert. Die Drohne sei zwar das Auge, die Winzer aber immer noch das Gehirn. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

The Cultivated B, eine Tochtergesellschaft des deutschen Lebensmittelherstellers Infamily Foods, bekannt für seine Bärchen-Wurst, hat als erstes Unternehmen ein zellkultiviertes Fleischprodukt bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit registriert.

Saucen sind das Herzstück der Küche in der Gastronomie. Sie verleihen Gerichten nicht nur Geschmack, sondern auch Charakter und Individualität. In der Welt der kulinarischen Kreationen sind Saucen das i-Tüpfelchen, das den Unterschied zwischen einem einfachen Essen und einem Gourmet-Erlebnis ausmachen kann.

Maue Nachfrage, gestiegene Kosten: Der Druck in der Gewürzindustrie bleibt hoch. In Mumbai berät die Branche über Wege aus der Krise. Dabei geht es auch um die hohen Anforderungen aus der Europäischen Union.

Sekt aus Deutschland ist zunehmend gefragt. Der Verkauf der Mitgliedsunternehmen im Verband Deutscher Sektkellereien (VDS) ins In- und Ausland lag 2022 mit 284,6 Millionen Flaschen um rund 2,8 Prozent über dem Wert des Vorjahres. Die Verbraucher greifen dabei auch immer häufiger zu Rosé-Sekt. Auch Sekt ohne Alkohol ist gefragter.

Das Jahr 2023 wird nach Einschätzung französischer Winzer Champagner von hoher Qualität hervorbringen. Es habe wenig Frost und Hagel und überschaubaren Schädlingsbefall gegeben, teilte der Hersteller-Verband Comité Champagne mit.

Die Düzgün Gruppe, einer der Marktführer in der Produktion für Döner-Spieße, bringt, in Zusammenarbeit mit The Vegetarian Butcher, in Kürze einen pflanzenbasierten Kebab-Spieß für die Gastronomie auf den Markt, der sich weder in Geschmack oder Textur noch in der Handhabung von herkömmlichem Fleisch unterscheiden soll.

Pressemitteilung

Beim aktuellen Konzeptfolder von Carte D’Or stehen vielfältige Dessertkreationen im Vordergrund, die in vier Varianten serviert werden können. Die Hauptrollen darin spielen typisch saisonale Früchte wie Äpfel, Birnen und Zwetschgen.

Schwarzwälder Kirschwasser ist auch international bekannt. Doch gerade Kleinhersteller von Obstbränden geraten unter Druck. Das Brennen soll laut Branchenvertretung rentabler werden - geht das?

Die Winzerinnen und Winzer in Deutschland erwarten für 2023 eine deutlich bessere Weinernte als im Jahr 2022. Größere Schäden durch Hagel, Sturm und Frost blieben aus, regional trat lediglich der falsche Mehltau verstärkt auf.

Pressemitteilung

Die Hochleistungspasta Selezione Oro Chef von Barilla for Professionals ist insbesondere in Zeiten großen Fachkräftemangels eine optimale Wahl für Profi-Anwender:innen.