Einfach nur Bio ist nicht mehr genug

| Industrie Industrie

Bio boomt. Die Ausgaben der deutschen Verbraucher für Bio-Lebensmittel steigen Jahr für Jahr. Doch mittlerweile ist einfach nur Bio für viele Verbraucher nicht mehr gut genug. Wo frühere Eigenmarken der Händler und No-Name-Produkte das Bio-Angebot bestimmten, greifen die Verbraucher inzwischen immer öfter zu Marken wie Demeter, Bioland oder Alnatura. Das Fachblatt «Lebensmittel Zeitung» titelte bereits: «Alle wollen Super-Bio».

«Aktuell wächst im Bio-Bereich das Interesse an Markenprodukten massiv», sagt die Nahrungsmittel-Expertin Christina Walz vom Marktforschungsunternehmen Nielsen. «Die Umsätze mit Markenprodukten wuchsen 2019 um 17 Prozent. Die Eigenmarken legten dagegen nur um 6 Prozent zu.» Die Folge: Markenprodukte - oft mit Verbandssiegeln von Demeter, Bioland und Co. - erhöhten ihre Marktanteil laut Nielsen im vergangenen Jahr deutlich.

«Es ist nicht so, dass sich Handelsmarken im Bio-Bereich schlecht entwickeln. Im Gegenteil, sie wachsen kräftig. Aber die Markenartikel entwickeln sich einfach noch viel besser», berichtet Walz. Das liege auch daran, dass die Discounter im Bio-Bereich seit einiger Zeit verstärkt auf Markenartikel setzten.

Der Hintergrund: Bio ist zurzeit einer der größten Wachstumsträger im Lebensmittelhandel. Nach Angaben des Bundes für Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) stieg der Umsatz des Lebensmittelhandels mit Bio-Lebensmitteln und Getränken im vergangenen Jahr um 11,4 Prozent auf mehr als 7 Milliarden Euro. Bio ist damit einer der wenigen Bereiche, in dem Lebensmittelhändler noch echtes Wachstum erzielen können. Sonst kämpft die Branche seit geraumer Zeit mit stagnierenden Absatzzahlen.

Gerade die Discounter versuchen hier Profil zu gewinnen. Sie haben laut Nielsen den Umsatz mit Bio-Markenartikeln in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdreifacht.

Aldi sieht sich in Deutschland als Marktführer beim Thema Bio. Bei Aldi Süd stehen Bio-Lebensmitteln nach Unternehmensangaben mittlerweile für 7,7 Prozent des Umsatzes mit Lebensmittel-Eigenmarken. Bei Aldi Nord sind es immerhin noch 5,7 Prozent. Doch im vergangenen Jahr nahm der Discounter auch noch zahlreiche Produkte der Traditionsmarke Schneekoppe in sein Bio-Angebot auf.

Der Erzrivale Lidl ging sogar noch einen Schritt weiter. Er startete vor gut einem Jahr eine Zusammenarbeit mit dem angesehenen Bioland-Verband, was für einige Unruhe in der Bio-Szene sorgte. Seitdem findet sich bei Lidl eine wachsende Zahl von Produkten mit dem grünen Bioland-Siegel, das garantiert, dass der Hersteller die weit über die EU-Bio-Richtlinien hinausgehenden Bioland-Richtlinien einhält.

Der Schritt scheint sich für Lidl gelohnt zu haben. «Unser Bio-Umsatz wächst im höheren zweistelligen Bereich und Umfragen zufolge konnten wir Kunden von konventionellen Produkten zu Bio bewegen», sagte kürzlich Lidl-Manager Jan Bock und kündigte an, dass der Discounter künftig noch mehr Bioland-Produkte anbieten werde.

Der Großflächen-Discounter Kaufland setzt dagegen auf Demeter-Qualität und hat neben dem Eigenmarkensortiment inzwischen über 220 Produkte im Angebot, die die Standards des ältesten deutschen Bio-Verbandes erfüllen. Erst in diesem Monat ergänzte Kaufland sein Bio-Angebot mit Demeter-Babynahrung der Marke Holle.

Bei Edeka, Rewe und Co. spielen die bekannten Bio-Marken schon lange eine deutlich größere Rolle als bei den Discountern und gewinnen Nielsen zufolge hier ebenfalls weiter Marktanteile - allerdings nicht so stürmisch wie bei den Discountern. Bei Rewe tragen außerdem inzwischen die Hälfte der eigenen Bio-Produkte das Naturland-Siegel. Auch bei Naturland sind die Regelungen strenger als die EU-Bio-Richtlinien.

Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka verhandelt laut «Lebensmittel Zeitung» intensiv mit Demeter über Markennutzungsrechte an der Premiummarke. Außerdem startete der Handelsriese Ende vergangenen Jahres in Hamburg und im fränkischen Dinkelsbühl die ersten Läden seiner geplanten Bio-Fachmarktkette Naturkind. Edeka-Nord-Geschäftsführer Stefan Giese, zeigte sich dabei überzeugt, dass Edeka mit Naturkind «einen neuen Kundenstamm erreichen kann».

Der Konkurrent Rewe hatte allerdings schon vor einigen Jahren mit der Bio-Fachmarktkette Temma ein ähnliches Konzept ausprobiert und war damit gescheitert. Vielleicht sollte das Edeka vor allzu großem Optimismus warnen. Vielleicht war aber auch Rewe einfach nur zu früh am Start.

Von Erich Reimann, dpa


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Küchenausrüster Rational will Umsatz und Betriebsgewinn nach einem starken Vorjahr deutlich steigern. Der Umsatz, der im vergangenen Jahr um 10 Prozent auf 1,126 Milliarden Euro stieg, solle 2024 im mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich zulegen.

Bierverkoster - für so manchen Menschen dürfte das ein Traumberuf sein. Ihr Einsatz ist für Hersteller ebenso wichtig wie teuer. Forscher sehen in Geschmacksberatung durch Künstliche Intelligenz eine Alternative - oder zumindest eine Ergänzung.

Im österreichischen Salzburg wurden am Wochenende die World Spirits Awards verliehen. Ein Gewinner war dabei eine deutsche Brennerei: GINSTR - Stuttgart Dry Gin wurde mit der Goldmedaille in der Kategorie Gin ausgezeichnet.

Bei der Veltins-Brauerei im Sauerland zeichnet sich ein erbitterter Erbstreit ab. Wie verschiedene Medien berichten, hat Carl-Clemens Veltins, Sohn der langjährigen Chefin Rosemarie Veltins, Klage beim Landgericht Arnsberg eingereicht. Angeblich soll er als 18-Jähriger zu einem schlechten Deal überredet und um sein Erbe gebracht worden sein.

Im Jahr 2023 haben die Winzerinnen und Winzer in Deutschland 8,6 Millionen Hektoliter Wein und Most erzeugt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, lag die Wein- und Mosterzeugung damit 344.000 Hektoliter oder 3,9 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Der Konsumgüterhersteller Unilever will sich von seinen Eiscreme-Marken trennen und diese in eine eigenständige Firma auslagern. Dazu gehören Marken wie Magnum, Langnese, Ben & Jerry's und Cornetto. Bis 2025 soll die Sparte abgespalten sein.

Alkoholfreier Wein wird immer beliebter, doch für viele Winzer ist die Produktion noch zu aufwendig. Auch der Geschmack spielt eine Rolle.

Um landschaftsprägende Weinberge in Steillagen zu erhalten, muss der Weinbranche zufolge mehr für Winzerinnen und Winzer getan werden. Denkbar sei ein Bewirtschaftungsentgelt, um Betrieben zu helfen, die sonst nicht mehr rentabel arbeiten könnten.

Pressemitteilung

Mit einem Train-the-Trainer-Programm hebt der FCSI Deutschland-Österreich sein Projekt „KoKoKo – Kommunikation, Kooperation, Kollaboration” auf das nächste Level: Mitglieder haben die Möglichkeit, sich zu Spezialisten und Botschaftern für Design Thinking und dessen Methoden fortzubilden.

Pressemitteilung

Erneut investiert Winterhalter in eine grüne und nachhaltige Zukunft. Mit dem Bau einer Photovoltaik-Anlage auf dem Firmenparkplatz erweitert der Spültechnikhersteller aus Meckenbeuren seine Stromproduktion auf 40 Prozent des Eigenbedarfs.