«Spitzenjahrgang» - Doch Hitze, Trockenheit und Corona machen Winzern zu schaffen

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Begleitet von starker Trockenheit und so früh wie selten zuvor hat in Rheinland-Pfalz die Weinlese für Federweißen begonnen. Mit Hilfe eines Traubenvollernters wurden am Montag in Weisenheim am Sand (Kreis Bad Dürkheim) bei heißem Wetter unter anderem Trauben der Sorten Solaris und Ortega geerntet. Einen «Spitzenjahrgang» erwartet Winzer Michael Schwindt. «Die Trauben sind schön prall», sagte der 45-Jährige. Die Lese des Federweißen, der als Vorbote des neuen Jahrgangs gilt, begann auch wegen der zeitigen Vegetation der Rebe recht früh. Den Beginn der Hauptlese erwartet das Deutsche WeininstItut für Ende August oder Anfang September.

Sorgen bereite den Winzern vor allem die Trockenheit, sagte Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut beim Beginn der Lese. Im Februar und März seien die Wasservorräte der Böden zwar etwas aufgefüllt worden. Seitdem gebe es aber wie in vergangenen Jahren viel zu wenig Niederschläge. Immer seltener komme es zum großflächigen und länger andauernden Landregen der Vergangenheit. Die Veränderung des Klimas führe dazu, dass die Niederschläge regional extrem unterschiedlich verteilt seien. «Insgesamt aber sind die Voraussetzungen für einen mengenmäßig und qualitativ guten Jahrgang gegeben», betonte Büscher.

Immer öfter würden Tröpfchenbewässerungsanlagen vor allem für junge Reben installiert, um die Lebenserhaltung der Stöcke zu garantieren. «Wir haben den zweittrockensten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, das macht sich natürlich in den Weinbergen bemerkbar», sagte Büscher. Gerade leichte Böden wie in Meisenheim am Sand besäßen keine solche Wasserspeicherkraft wie etwa Tonböden.

Auch die Folgen der Corona-Pandemie trifft die Weinbauern. Winzer Schwindt sagte, Weinfeste und Gastronomie mit Ausschank von frischem heimischem Wein fielen derzeit weg. «Corona kostet uns 25 Prozent, auch vom Umsatz. Das kann man nicht komplett auffangen», meinte Schwindt, der den elterlichen Betrieb in der Pfalz 2001 übernommen hatte.

«Im Vergleich zu anderen Branchen haben wir die Krise einigermaßen gut überstanden», sagte Büscher vom Deutschen Weininstitut. Im Einzelhandel und im Direktverkauf habe es auch Absatzzuwächse gegeben, zudem sei der Onlinehandel zum Teil um 50 Prozent gewachsen. «Ganz wettmachen wird man es nicht. Insgesamt ist die Branche mit einem blauen Auge davongekommen.»

Nach der ersten Pressung in der Kelter konnte der Winzer Schmidt bei Ortega sogar mehr als 100 Grad Oechsle messen - einen außergewöhnlich hohen Wert für diese frühe Zeit. Die Zahl gibt die Menge des Zuckergehalts im Traubensaft an.

Der neue Wein gibt einen ersten Vorgeschmack auf den neuen Jahrgang. Bei Temperaturen um die 25 Grad Celsius über die meiste Zeit des Sommers hätten sich die Reben optimal entwickeln können, sagte Büscher. In einigen Anbauregionen seien Spätfröste zu den Eisheiligen im Mai ein Problem gewesen. Zum Erntehelfer-Team gehörte am Montag auch die Pfälzische Weinkönigin Anna-Maria Löffler aus Haßloch.

Der Durchschnittsertrag von Wein lag in den vergangenen Jahren in Deutschland bei etwa 8,7 Millionen Hektoliter pro Jahr. Der rechnerische Pro-Kopf-Verbrauch beträgt derzeit rund 20,1 Liter. Seinen Namen hat Federweißer - je nach Region auch als Rauscher oder neuer Wein bezeichnet - von den Hefeteilchen, die von der Kohlensäure im Gärungsprozess aufgewirbelt werden und wie Federn im Glas tanzen.

Federweißer wird in allen 13 Weinanbaugebieten in Deutschland hergestellt. In den bundesweiten Handel kommen vor allem Produkte aus der Pfalz und Rheinhessen, den beiden größten deutschen Anbaugebieten. Der frühe Lesebeginn begünstigt den deutschen Federweißen im Wettbewerb mit Importen aus Italien und anderen südeuropäischen Ländern. Jährlich werden über den Handel bundesweit schätzungsweise elf Millionen Liter Federweißer vertrieben.

Unterfrankens Winzer kämpfen gegen Trockenheit

Die Hitze und Trockenheit in Bayern macht Unterfrankens Winzern zu schaffen. «Wir sind derzeit in einem sehr dramatischen Zustand», sagte Artur Steinmann, Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben das dritte Trockenjahr in Folge und sehen mittlerweile die ersten Schäden.»

Auf manchen Feldern sei der Boden verkrustet, das Wasser fließe wie von Beton von der Oberfläche weg, sagte Steinmann. In diesen Tagen würden viele Winzer bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit arbeiten. «Die können nicht mehr, die sind fix und alle. Aber sie wollen retten, was zu retten ist.»

Es gebe bereits intelligente Lösungen zur Bewässerung, die «äußerst wassersparend und unheimlich effizient» seien. Zum Beispiel Wasserspeicher, die im Winter das Regen- und Schmelzwasser auffangen und im Sommer zum Weinberg führen. Ideen, Konzepte und erste Pilotprojekte stehen bereits - nur das Geld zur weitflächigen Umsetzung fehlt noch.

Die Bayerische Staatsregierung habe zwar in einem Kabinettsbeschluss Subventionen beschlossen, aber geschehen ist laut Steinmann kaum etwas. «Wenn hier nicht etwas passiert, dann gehen die Weinberge ein. Es geht um die Existenz», sagt Steinmann. «Davon hängen rund 200 Wein- und Winzerdörfer ab. Die Lebendigkeit, das Kulturleben in diesen Dörfern ist durch den Wein geprägt.» (dpa)


 

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