2G Plus: Baden-Württemberg verschärft Maßnahmen in der neuen Alarmstufe II nochmals

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Wegen der stark steigenden Corona-Zahlen gilt in Baden-Württemberg voraussichtlich schon von Mittwoch an bei allen Veranstaltungen in Kultur, Freizeit und Sport die Regel 2G plus. Wie die Deutsche Presse-Agentur in Stuttgart erfuhr, hat die Regierung aus Grünen und CDU ihren Katalog für schärfere Maßnahmen in der neuen Alarmstufe II nochmals erweitert. Das heißt, dass zu allen Veranstaltungen nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt haben, die zusätzlich einen negativen Test vorweisen können. Die Regel gilt auch für Weihnachtsmärkte. Ein generelles Verbot für Weihnachtsmärkte soll es auch nach der Absage in Stuttgart zunächst nicht geben, hieß es.

Grenzwert für Alarmstufe II dürfte Dienstag erneut gerissen werden

Die Regierung will an diesem Dienstag die neue Corona-Verordnung beschließen, die dann am Mittwoch in Kraft treten soll. Demnach soll die Alarmstufe II gelten, wenn auf den Intensivstationen an zwei Tagen hintereinander mehr als 450 Covid-19-Patienten liegen. Am Montag erreichte sie schon 489. Es wird damit gerechnet, dass der Grenzwert auch am Dienstag überschritten wird. Bei der Alarmstufe II soll es zudem in Hotspots nächtliche Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte geben, wenn in ihrem Kreis die Sieben-Tage-Inzidenz über 500 liegt.

In der neuen Verordnung werden Veranstaltungen wie Theater-, Opern- und Konzertaufführungen, Filmvorführungen, Stadt- und Volksfeste, Stadtführungen und Informations-, Betriebs-, Vereins- sowie Sportveranstaltungen genannt, die unter 2G-plus-Bedingungen abgehalten werden müssen.

Bundesligisten dürfen ihr Stadion höchstens zur Hälfte füllen

Das Land will auch die Personenzahl bei größeren Veranstaltungen begrenzen. Künftig soll es in den Alarmstufen I und II wieder eine Obergrenze von 25 000 Besucherinnen und Besuchern geben. Zudem soll die Kapazität beschränkt werden, das heißt zum Beispiel, dass ein Stadion nur zur Hälfte gefüllt sein darf. Das Land verwarf aber dem Vernehmen nach den Plan, die Kapazität in der Alarmstufe II auf ein Viertel der Kapazität zu reduzieren.

Schon seit vergangenem Mittwoch gilt im Land die Alarmstufe I, bei der Ungeimpfte von der Teilnahme am öffentlichen Leben weitgehend ausgeschlossen sind. Nur Geimpfte und Genesene haben jetzt noch Zugang zu Kinos, Museen, Schwimmbädern sowie den meisten anderen öffentlichen Veranstaltungen. Zudem gelten Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. Sie dürfen sich allein oder als Haushalt nur noch mit einer weiteren Person treffen.

Kretschmann will mit Impfpflicht Freiheit zurückgewinnen

Trotz aller Gegenmaßnahmen geht Regierungschef Winfried Kretschmann davon aus, dass die Pandemie dauerhaft nur mit einer allgemeinen Impfpflicht in den Griff zu bekommen ist. In einem Gastbeitrag für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (Dienstag) schrieb der Grünen-Politiker gemeinsam mit Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU): «Eine Impfpflicht ist kein Verstoß gegen die Freiheitsrechte. Vielmehr ist sie die Voraussetzung dafür, dass wir unsere Freiheit zurückgewinnen.»

Kretschmann und der CSU-Chef sind der Meinung, dass die Gesellschaft nicht daran zerbrechen werde, wenn der Staat die Dinge in die Hand nimmt und eine Impfpflicht einführt. «Aber sie droht dann zu zerbrechen, wenn er die Dinge treiben ließe.»

Inzwischen sprechen sich eine Reihe von Unions-Ministerpräsidenten für eine Impfpflicht aus, allerdings gibt es auch noch immer viele Bedenken dagegen. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): «Das ist als Ultima Ratio nicht ausgeschlossen und verfassungsrechtlich vorstellbar.» Die Frage sei, «ob es dafür einen Bedarf gibt und ob es mildere Mittel gäbe». Das sei eine Frage der Einschätzung.

FDP und AfD stemmen sich gegen Impfpflicht

FDP-Landeschef und Bundestags-Fraktionsvize Michael Theurer sagte dagegen: «Eine allgemeine Impfpflicht ist ein massiver Eingriff in diverse Grundrechte. Wir Freien Demokraten halten sie daher für verfassungswidrig.» Söder habe noch vor zwei Wochen gesagt, dass eine Impfpflicht zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft führen würde, auch Kretschmann habe sie noch vor wenigen Monaten für einen zu großen Eingriff in die Grundrechte gehalten.

Aus Sicht von AfD-Fraktionschef Bernd Gögel würde eine Impfpflicht gegen Artikel 2 des Grundgesetzes verstoßen. «Eine Impfpflicht ist die Absage auf das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Unverletzlichkeit der Freiheit der Person.» Kretschmann bedenke nicht, «dass wir nach einem Ende der Pandemie wieder zusammenleben müssen in diesem Land».

Land ruft bald Alarmstufe II aus - Impfpflicht überhaupt denkbar?

Um die stark steigenden Corona-Zahlen einzudämmen, will das Land Baden-Württemberg schon von Mittwoch an die Maßnahmen erneut verschärfen. Für Ungeimpfte wird es nochmal ungemütlicher, es drohen ihnen vielerorts Ausgangsbeschränkungen am späteren Abend und in der Nacht. Aber auch Geimpfte kommen nicht mehr überall rein, wenn sie keinen Test vorweisen können. Dass diese Maßnahmen reichen, glaubt selbst Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht. Er ist nun für eine allgemeine Impfpflicht. Doch die ist umstritten und wenn sie doch käme, dürfte es noch eine ganze Weile dauern. Deshalb muss das Land zunächst mit den Mitteln arbeiten, die ihm zur Verfügung stehen. Die neuen Regeln im Einzelnen:

Was ist die neue Alarmstufe II?

Bisher gab es im Südwesten das System aus Basis-, Warn- und Alarmstufe. Seit Mittwoch gilt die Alarmstufe mit zahlreichen Einschränkungen für Ungeimpfte, weil die Zahl der Covid-19-Fälle auf den Intensivstationen 390 überschritt. Doch die Zahlen steigen und steigen, sodass das Land noch stärker auf die Bremse treten will. Deshalb soll es nun die Alarmstufe II geben. Sie tritt in Kraft, wenn landesweit an zwei Tagen hintereinander der Grenzwert 450 auf den Intensivstationen gerissen wird. Das dürfte wohl am Mittwoch der Fall sein. Ein Zurück in die Alarmstufe I gibt es erst, wenn der Schwellenwert an fünf Tagen hintereinander unterschritten wird.

Wen betreffen die neuen Beschränkungen?

Da bei zweimal Geimpften der Schutz nachlässt und sie sich auch wieder infizieren und das Virus weitgeben können, soll es in bestimmten Bereichen 2G plus geben. Das heißt, dass auch Geimpfte und Genesene ein negatives Testergebnis vorweisen müssen - etwa bei Konzerten oder auf Weihnachtsmärkten, in Bars und Clubs sowie bei körpernahen Dienstleistungen außer bei Friseuren. Ungeimpfte Erwachsene werden schon seit dem Erreichen der Alarmstufe stark eingeschränkt. Sie dürfen nicht mehr ins Kino, Schwimmbad oder Restaurant und sich nur noch mit einer weiteren Person treffen. Doch jetzt kommt noch etwas hinzu: In Hotspot-Kreisen dürfen Ungeimpfte zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr nur noch in Ausnahmefällen auf die Straße. Grenzwert dafür ist die Inzidenz 500. Fast jeder zweite Kreis liegt schon drüber.

Was ist mit den geplanten Einschnitten für junge Leute?

Bei den 12- bis 17-Jährigen greift das Land doch nicht so stark durch wie mal geplant. Eigentlich sollten die Regeln für die Erwachsenen nach und nach auch für diese Altersgruppe gelten, um sie zum Impfen zu bewegen. In einem ersten Schritt sollten die Ausnahmen bei 2G etwa in Restaurants und Kinos für Jugendliche wegfallen. Nach den Weihnachtsferien sollte für 12- bis 17-Jährige dann überall außer in der Schule 2G greifen. Doch diese Pläne stellte die Regierung aus Grünen und CDU zunächst zurück. Nun soll es nur in Bars und Clubs eine harte Tür geben, denn dort gilt künftig für alle 2G plus. Ob das als Anreiz zum Impfen reicht? Bisher sind laut Robert Koch-Institut gut 41 Prozent dieser Altersgruppe zweimal gepikst.

Wird es weiter volle Fußballstadien geben?

Nein, die Besucherzahlen bei Großveranstaltungen werden in den Alarmstufen wieder beschränkt. Für die Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart, SC Freiburg und 1899 Hoffenheim bedeutet das zum Beispiel, dass sie ihr Stadion höchstens noch halb voll machen können. Die Obergrenze ist 25 000 Zuschauer. Es könnte sogar sein, dass in Alarmstufe II nur ein Viertel der Kapazität genutzt werden darf.

Was ändert sich noch diese Woche?

Wer U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse nutzen will, muss von Mittwoch an einen 3G-Nachweis dabei haben. Mitfahren kann nur, wer geimpft, genesen oder getestet ist. Das gilt aber nicht nur im Südwesten sondern deutschlandweit. Schülerinnen und Schüler und Kinder unter sechs Jahren sind hier ausgenommen. Noch offen ist, wer die 3G-Regel flächendeckend kontrollieren soll. Verkehrsunternehmen und Polizeigewerkschaften im Südwesten halten das für nicht machbar.

Und wenn alles nicht hilft, kommt dann die Impfpflicht?

Der Wind in Sachen Impfpflicht scheint sich jedenfalls zu drehen. Grund ist, dass ohne eine deutlich höhere Impfquote wohl kein Ende der Pandemie in Sicht ist. Kretschmann sprach sich nun ebenfalls für eine Impfpflicht aus. «Eine Impfpflicht ist kein Verstoß gegen die Freiheitsrechte. Vielmehr ist sie die Voraussetzung dafür, dass wir unsere Freiheit zurückgewinnen», schreibt der Grüne zusammen mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der «FAZ».

Aber könnte man sie überhaupt einführen? Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte dem «RND»: «Das ist als Ultima Ratio nicht ausgeschlossen und verfassungsrechtlich vorstellbar.» Die Frage sei, «ob es dafür einen Bedarf gibt und ob es mildere Mittel gäbe». Das sei eine Frage der Einschätzung. FDP-Landeschef und Bundestags-Fraktionsvize Michael Theurer hat da eine klare Meinung: «Eine allgemeine Impfpflicht ist ein massiver Eingriff in diverse Grundrechte. Wir Freien Demokraten halten sie daher für verfassungswidrig.» (dpa)


 

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