460 Tage geschlossen: Keine Perspektive für Clubs und Diskotheken in Bayern

| Politik Politik

Inzwischen sind es mehr als 460 Tage, dass Clubs und Diskotheken in Bayern geschlossen sind. Und trotz aller Diskussionen um Öffnungen stehen die Chancen gut, dass auch 500 Tage nach der bayernweiten Schließung am 17. März vergangenen Jahres dort noch nicht wieder getanzt, getrunken und gefeiert werden darf.

Eine konkrete Perspektive für das Nachtleben gibt es derzeit nicht. Und auch angesichts von Problemen mit wild feiernden Menschen auf Münchner Straßen sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) jüngst auf die Frage, ob er die Öffnung von Clubs und Diskotheken befürworten würde, nur: «Nein. Im Moment nicht.»

Auch die ausführlichere Antwort seines Ministeriums macht den Partygängern wenig Hoffnung: In Clubs und Diskotheken gebe es «besonders hohe Risiken von Infektionsübertragungen», sagt eine Sprecherin. Beim Tanzen entstünden «vermehrt Aerosole, die sich insbesondere in Innenräumen anreichern können». Bei lauter Musik könne man zudem nicht auf Mindestabstand miteinander sprechen und Alkohol tue ein Übriges, dass Hygienevorgaben nicht konsequent eingehalten würden. Oder anders gesagt: In Clubs und Diskotheken gehe es um Geselligkeit und Kommunikation. Und das stehe nun mal im Gegensatz zu Kontaktreduktion, Mindestabständen und Hygienevorgaben.

Beim bayerischen Hotel- und Gaststättenverband fordert man dagegen vehement «die kontrollierte Öffnung von Clubs und Diskotheken mit Schutz- und Hygienekonzepten». Für Geimpfte, Genesene und Getestete sei ein sicherer, verantwortbarer Betrieb möglich, eventuell zunächst mit reduzierten Kapazitäten, sagt Landesgeschäftsführer Thomas Geppert. «Das zeigen auch Beispiele aus anderen Ländern.»

Die Öffnung, so argumentiert er, sei «ein wichtiges Signal gerade an unsere jüngeren Menschen». Die Erfahrung zeige: «Die Menschen treffen sich zum Feiern. Die Frage ist doch nur, will ich das irgendwo in einem ungeschützten Raum ohne jegliche Auflage und Nachverfolgbarkeit oder biete ich sichere Bereiche.»

Unterstützung bekommt er dabei von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der Öffnungen für Getestete, Geimpfte und Genesene im Sommer für möglich hält. «Höchste Zeit, dass junge Menschen auch hierzulande wieder feiern können und dazu nicht in ausländische Partymeilen verreisen, die für uns nicht kontrollierbar sind.»

Peter Fleming, Geschäftsführer des Münchner Clubs «Harry Klein» hat dennoch Verständnis für die aktuellen Maßnahmen. Er sei Realist, sagt er. «Solange es nicht geht, kann man es nicht machen.» Er selbst rechnet erst im Herbst mit Öffnungen - wenn nicht neue Virusvarianten einen Strich durch die Rechnung machen.

Von Corona-Blues ist bei Fleming trotz der schwierigen Lage der Branche wenig zu spüren. Man müsse etwas unternehmen, um sich bei den Leuten in Erinnerung zu halten, ist er überzeugt. Zu Beginn des Lockdowns setzte das Harry Klein dafür auf Livestreams, später auf Veranstaltungen unter freiem Himmel. Gerade hat Fleming auf der Münchner Theresienwiese das Projekt «Resls Kollektivgarten» gestartet. Man müssen den Menschen ihre Kultur geben, ist er überzeugt. Dabei hilft auf die staatliche Unterstützung, wie er betont.

«Nein, wir haben nicht erwartet, dass es so lange dauern wird», sagt Michael Neubauer, Geschäftsführer des Augsburger Clubs «Mahagoni Bar» über die Schließungen. «Wir sind damals von vier bis acht Wochen ausgegangen.» Inzwischen hofft er auf den kommenden Herbst. Auch er geht inzwischen an die frische Luft und setzt auf einen Pop-up-Biergarten mit Kulturbühne im Univiertel. «Das ist kein richtiger Ersatz», sagt er angesichts von maximal 500 erlaubten Besuchern.

Doch wie wird es nach Corona mit der Clubszene weitergehen? Kommt das große Feiern, um alles Verpasste nachzuholen, oder bleiben die Menschen vor den Streamingportalen auf dem Sofa sitzen? Fleming ist zuversichtlich. Gerade die jungen Menschen säßen «auf Kohlen» und auch die Älteren würden wieder in den Club kommen. «Da hat auch gewirkt, dass wir so viel gemacht haben.» Teilweise hätten sich die Menschen schon in den Streams verabredet. «Wenn ihr wieder aufmacht: Wir kommen.» Doch wie lange das dann anhalte, wisse man noch nicht.

Auch Neubauer ist besorgt. Nach den Wiederöffnungen werde es Nachholbedarf geben, doch wenn der gestillt sei, würden die Karten neu gemischt. Schon vor der Pandemie habe es ein Clubsterben gegeben - auch weil die jungen Menschen gesundheitsbewusster geworden seien. «Corona ist jetzt ein Cut», sagt er.

Und auch die Art, wie gefeiert wird, könnte sich nachhaltig verändern, glauben Fleming und Neubauer. Die Menschen wollten gerade im Sommer mehr draußen feiern. Auch das könnte von Corona bleiben.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Praxen seien als «Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet», schimpft der Präsident des Kinderärzteverbandes. Er verlangt, Ärzte bei Attesten und Bescheinigungen zu entlasten.

Für die Zeit der Fußball-EM hat das Bundeskabinett eine sogenannte „Public-Viewing-Verordnung“ beschlossen. Sie ermöglicht den Kommunen, Ausnahmen von den geltenden Lärmschutzregeln zuzulassen. Vergleichbare Verordnungen hatte es bereits bei früheren Fußball-Welt- und Europameisterschaften gegeben.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich am 15. März im sogenannten Trilog-Verfahren auf eine Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation - PPWR) geeinigt. Der Umweltausschuss (ENVI) und das Plenum des Europäischen Parlamentes werden die Einigung voraussichtlich noch im April annehmen.

Einigung im Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL: Insbesondere bei der 35-Stunden-Woche macht der Konzern weitgehende Zugeständnisse. Weitere Streiks sind damit vom Tisch.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung dem Wachstumschancengesetz zugestimmt und damit einen Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom 21. Februar 2024 bestätigt. Der DEHOGA stellt klar, dass aus Sicht des Verbandes die Inhalte des Wachstumschancengesetzes nicht ausreichen.

Arbeitgeber sollen die Bedingungen ihrer Arbeitsverträge nach dem Willen der Ampel-Koalition künftig nicht mehr in Papierform mit Unterschrift an künftige Mitarbeiter aushändigen müssen. Ein entsprechender Passus soll in den Gesetzentwurf zur Bürokratieentlastung eingefügt werden.

Vor dem Hintergrund des schwierigen Konjunkturumfelds und einer hartnäckigen Schwächephase des deutschen Mittelstandes mahnt die Arbeitsgemeinschaft (AG) Mittelstand​​​​​​​ von der Wirtschaftspolitik dringend Maßnahmen zur Stärkung der Wachstumskräfte an.

Die Bürokratie in Deutschland ist immens. Die Bundesregierung kündigt mit großen Worten eine Entrümpelung an. Der DEHOGA sagt: Das reicht noch lange nicht. Der Verband sagt, dass insgesamt immer noch viel zu wenig Bürokratieentlastung im Betriebsalltag der Unternehmen ankomme.

Bund und Länder haben sich, wie insbesondere von den Steuerberatern gefordert und vom DEHOGA unterstützt, auf eine letztmalige Fristverlängerung für die Schlussabrechnung bei den Coronahilfen bis Ende September 2024 geeinigt, sofern eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2024 beantragt und bewilligt wurde.

In Berlin arbeiten viele Menschen unter prekären Bedingungen, sagen Fachleute. Häufig nutzen ihre Chefs schamlos aus, dass sie kein Deutsch sprechen oder sich illegal hier aufhalten. Einen Schwerpunkt dabei bilde laut Hauptzollamt das Gastgewerbe.