Altmaier und Söder für schärfere Strafen bei Corona-Regelverstößen

| Politik Politik

Aus Sorge vor erneut steigenden Corona-Infektionszahlen plädieren Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für härtere Strafen bei Regelverstößen. «Wer andere absichtlich gefährdet, muss damit rechnen, dass dies für ihn gravierende Folgen hat», sagte Altmaier der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Wir dürfen den gerade beginnenden Aufschwung nicht dadurch gefährden, dass wir einen erneuten Anstieg der Infektionen hinnehmen.»

Söder verlangte in der «Bild am Sonntag», die Bahn müsse dafür sorgen, dass Fahrgäste sich an die Maskenpflicht halten. «Wer dagegen verstößt, muss die Konsequenzen tragen. Ich bin hier für höhere Bußgelder und habe Verkehrsminister Andreas Scheuer gebeten, darüber mit der Bahn zu sprechen.» Bahnchef Richard Lutz sagte hingegen jüngst den Zeitungen der Funke Mediengruppe, man setze auf Einsicht und Kommunikation statt auf Bußgelder. «Überzeugung und Appell an die Verantwortung stehen vor der Bestrafung.» Falls das nicht wirke, hole die Bundespolizei uneinsichtige Fahrgäste am nächsten Bahnhof aus dem Zug, was aber nur selten vorkomme.

Viele Menschen seien im Umgang mit dem Virus leider leichtsinniger geworden, so Söder weiter. «Dazu gehören auch die extremen Lockerer und Verschwörungstheoretiker, die alle Maßnahmen schnellstens aufheben wollten.» Jeder, der das Coronavirus unterschätze, sei widerlegt worden. Die zweite Welle sei praktisch doch schon da: «Sie schleicht durch Deutschland.» Es gelte daher, noch aufmerksamer zu sein und rasch und konsequent zu reagieren. «Wir müssen damit rechnen, dass Corona mit voller Wucht wieder auf uns zukommt.»

Seit Mitte Juli zeigen die Coronavirus-Fallzahlen in Deutschland wieder eine schneller steigende Tendenz. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Samstagmorgen im Internet bekanntgab, meldeten die Gesundheitsämter innerhalb eines Tages 955 neue Corona-Infektionen (Datenstand 1.8., 0.00 Uhr). Am Sonntagmorgen meldete das RKI nur 240 Neuinfektionen binnen eines Tages - allerdings sind die Zahlen an Wochenenden niedriger, weil dann nicht alle Gesundheitsämter ihre Daten übermitteln.

Trotz steigender Infektionszahlen demonstrierten am Samstag Tausende Menschen in Berlin gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Nach Schätzungen der Polizei schlossen sich bis zu 17 000 Menschen einem Demonstrationszug an, rund 20 000 beteiligten sich anschließend an einer Kundgebung. Die Demonstranten forderten ein Ende aller Auflagen.

Da bereits während der Demonstration die Hygiene-Regeln nicht eingehalten wurden, stellte die Polizei Strafanzeige gegen den Leiter der Versammlung. Der erklärte den Demonstrationszug am Nachmittag für beendet. Weil auch auf der anschließenden Kundgebung viele Demonstranten weder die Abstandsregeln einhielten noch Masken trugen, begann die Polizei am frühen Abend, die Versammlung aufzulösen.

Die ganz große Mehrheit der Bevölkerung verhalte sich nach wie vor außerordentlich verantwortlich, lobte Altmaier, der sich noch vor dem Wochenende äußerte. «Was wir im Augenblick an Risikoanstieg erleben, geht im Wesentlichen zurück auf das achtlose und manchmal auch unverantwortliche Fehlverhalten einer sehr kleinen Zahl von Menschen», sagte der Minister. «Das müssen wir wirksamer als bisher unterbinden und in Fällen, bei denen es deshalb zu Infektionen und Ausbrüchen kommt, wirksam ahnden: Das schließt Bußgelder und Strafen mit ein, wenn es sich um Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit handelt.»

In den Ländern gibt es unterschiedliche Bußgeldkataloge für Verstöße gegen Corona-Regeln, etwa wenn der Mindestabstand nicht eingehalten, im öffentlichen Nahverkehr kein Mund-Nasen-Schutz getragen wird oder «Corona-Partys» gefeiert werden.

«Ich plädiere sehr dafür, dass man in Bussen und Bahnen nur zusteigen darf, wenn man eine Schutzmaske vorzeigen kann, beziehungsweise beim Einsteigen eine erwirbt, sofern man die eigene vergessen hat», sagte Altmaier. «Wer ohne Maske Bus oder Bahn fährt, gefährdet nicht sich selbst, sondern andere. Wenn eine Party in einer engen Kellerkneipe unter Verstoß gegen alle Abstands- und Hygienevorschriften zum Super-Spreading-Event wird, ist das keine Lappalie und muss notfalls auch bestraft werden.» Unter einem Super-Spreading-Event versteht man eine Veranstaltung, bei der sich besonders viele Menschen infizieren.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte zunächst eine konsequente Durchsetzung bestehender Regeln. Kommunale Ordnungsämter, Landes- und Bundespolizei schauten weg, damit die Lagen nicht eskalierten. «So entstehen rechtsfreie Räume und die Ausbreitung des Virus nimmt an Fahrt auf. Für die Hochrisikogruppe ist das brandgefährlich», warnte Brysch.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) plädierte kurz vor dem Ferienende in sechs Bundesländern für eine Maskenpflicht in Schulgebäuden. Es sei zwar nachvollziehbar, «wenn Länder auf Abstandsregeln in den Schulen verzichten wollen, weil die räumlichen Bedingungen ansonsten nur eingeschränkt Präsenzunterricht zulassen würden», sagte sie der «Welt am Sonntag». «Dennoch wird der Präsenzunterricht nur dann funktionieren können, wenn weitere Regelungen zur Hygiene, zum Tragen von Schutzmasken sowie zum Abstandhalten auf dem Schulhof und auf den Fluren strikt eingehalten werden.»

Mehrere Bundesländer wie Berlin, Bayern und Baden-Württemberg haben bereits angekündigt, im Kampf gegen das Coronavirus eine Maskenpflicht in Schulgebäuden einzuführen. Sie soll allerdings nicht im Unterricht gelten. (dpa)

Zurück

Vielleicht auch interessant

Während der Corona-Pandemie konnten sich Patienten telefonisch beim Arzt krankschreiben lassen. Nun soll die Regelung dauerhaft eingeführt werden - dabei sollen bestimmte Voraussetzungen gelten.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält das Auslaufen der niedrigeren Mehrwertsteuer in der Gastronomie für richtig. Hätte der Bund eine Verlängerung beschlossen, hätte sich das Land jedoch nicht entgegengestellt. Der Dehoga kritisierte diese Haltung nun als unklar und halbherzig.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält das Auslaufen der niedrigeren Mehrwertsteuer in der Gastronomie für richtig. «Im Prinzip finde ich es richtig, dass man Krisenerleichterungen nach der Krise wieder auf den Vorkrisenstand zurückholen muss, weil man sonst das Instrument in Zukunft nicht mehr anwenden kann», sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart.

CSU-Chef Markus Söder hat angesichts der Haushaltskrise und der Debatten innerhalb der Ampel-Regierung eine vorgezogene Neuwahl parallel zur Europawahl am 9. Juni kommenden Jahres ins Gespräch gebracht.

FDP und CDU in Baden-Württemberg machen sich beim Thema der auslaufenden Mehrwertsteuersenkung für Hotels und Gaststätten gegenseitig Vorwürfe. Nachdem die FDP-Fraktion den stellvertretenden Ministerpräsidenten Thomas Strobl (CDU) für sein Stimmverhalten im Bundesrat kritisiert hatte, schoss dessen Innenministerium zurück.

Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger hat die Ampel-Koalition aufgefordert, ihre Klimaschutzvorgaben für die Wirtschaft stark einzudampfen. Klimaziele müssten seiner Meinung nach mit marktwirtschaftlichen Instrumenten erreicht werden.

Nach dem Urteil aus Karlsruhe wird ein weiteres Sondervermögen geschlossen. Die Folge: Die Preisbremsen für Strom und Gas, die daraus finanziert wurden, können nicht übers Jahresende hinaus verlängert werden.

Vier Bundesländer sind im Bundesrat mit Vorstößen gescheitert, die zum Jahresende auslaufende reduzierte Mehrwertsteuer in der Gastronomie dauerhaft beizubehalten oder zu verlängern. Entsprechende Entschließungsanträge fanden in der Länderkammer am Freitag keine Mehrheit. Das Thema bleibt trotzdem auf der Agenda.

Unter anderem unternimmt Bayern im Bundesrat heute einen weiteren Anlauf zur Beibehaltung der reduzierten Mehrwertsteuer von sieben Prozent für die Gastronomie. Auch wenn hier Zustimmung erfolgt, werden die sieben Prozent nicht automatisch fortgelten, da auch der Bundestag am Ende einer Entfristung zustimmen müsste.

Die CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft fordert den rot-grünen Senat auf, sich auf Bundesebene für eine Beibehaltung des auf sieben Prozent abgesenkten Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie einzusetzen.