Betriebsschließung wegen Corona-Virus: In Bayern zahlen Versicherer 

| Politik Politik

Viele Versicherer hatten sich bei Betriebsschließungen wegen der Corona-Pandemie bislang quergestellt. Argumentiert wurde, dass der Grund für Schließungen keine Gesundheitsgefahr sei, die von dem Lokal ausgehe oder das Virus neuartig sei. Jetzt gibt es eine Lösung für das bayerische Gastgewerbe, der Versicherer bereits zugestimmt haben.

Die Coronakrise hat viele gastgewerbliche Betriebe an den Rand ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage gebracht. Für Gaststätten und Hotels in Bayern, die zwar über eine Betriebsschließungsversicherung verfügen, deren Anwendbarkeit im Rahmen der Corona-Pandemie jedoch äußerst strittig ist und von weiten Teilen der Versicherungsbranche abgelehnt wird, hat das Bayerische Wirtschaftsministerium zusammen mit dem Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern, der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft sowie Versicherungsunternehmen einen Lösungsvorschlag ausgearbeitet. Dieser sieht vor, dass die Versicherer zwischen 10 und 15 Prozent der bei Betriebsschließungen jeweils vereinbarten Tagessätze übernehmen und an die Gaststätten und Hotels auszahlen.

[Aktuell: Inzwischen hat der DEHOGA Bayern, wahrscheinlich nach Kritik aus der Mitgliedschaft, mit einem Rundschreiben reagiert und schreibt, dass die Vereinbarung selbstverständlich keine allgemeine Verbindlichkeit habe. Auch sei der Verband weder berechtigt, noch habe man im Namen der Mitglieder eine Vereinbarung unterschrieben. Es handle sich lediglich um eine zusätzliche Option.]

«Das heutige Ergebnis ist aus Sicht aller Beteiligten eine tragfähige und vernünftige Lösung für beide Branchen», sagte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Auch die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft sprach von einer «ausgewogenen Lösung».

«Eine Ausnahmesituation in Form einer Pandemie wird von vielen Betriebsschließungsversicherungen nicht abgedeckt», erklärte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums, warum nur ein kleiner Teil der Summen ausgezahlt werden soll. «Solche Versicherungen greifen normalerweise, wenn der einzelne Betrieb von einer Schließungsanordnung betroffen ist.» Jetzt seien aber alle Betriebe betroffen. Zudem dürften Beherbergungsbetriebe noch Geschäftsreisende unterbringen.

«Angesichts der angespannten betriebswirtschaftlichen Lage vieler Betriebe wäre es äußerst wünschenswert, wenn sich nun weitere Versicherungsunternehmen dieser Empfehlung anschließen würden», sagte Aiwanger. Bislang haben dem Ministerium zufolge Allianz, Versicherungskammer Bayern und die Haftpflichtkasse VVaG zugestimmt.

 
Zur Einordnung des Prozentwertes: Unter Berücksichtigung der statistischen Durchschnittswerte für die Zusammensetzung der Betriebsaufwände im Hotel- und Gaststättengewerbe reduziert sich durch zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen wie Kurzarbeitergeld und Soforthilfen aus Bund und Land sowie durch die ersparten Aufwendungen, zum Beispiel für Materialkosten, der wirtschaftliche Schaden eines Unternehmens im Durchschnitt um rund 70 Prozent, argumentiert der DEHOGA. Im Hinblick auf die verbleibenden Einbußen in Höhe von ca. 30 Prozent sind einige Versicherer bereit, bis zur Hälfte als freiwilligen Beitrag zu leisten und ihren Kunden hierdurch kurzfristig weitere Liquidität zur Verfügung zu stellen.
 
Der Vorschlag wurde bisher vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, dem DEHOGA Bayern, der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, der Versicherungskammer Bayern, der Allianz sowie der Haftpflichtkasse Darmstadt unterzeichnet. Weitere Versicherungsunternehmen haben ihre Unterstützung bereits signalisiert.
 
DEHOGA Bayern-Präsidentin Angela Inselkammer: „Jeder betroffene Unternehmer muss dieses Angebot selbstverständlich für sich prüfen. Hierbei gilt ohne Zeitdruck abzuwägen, ob es den empfohlenen Vorschlag annehmen oder einen möglicherweise langjährigen Klageweg auf sich nehmen will.“ In diese Überlegungen muss auch miteinbezogen werden, dass von behördlicher Seite für die meisten Betriebe keine vollständigen Schließungen angeordnet sind, da das Außerhausgeschäft und Lieferservice in der Gastronomie bzw. die Unterbringung von Geschäftsreisenden in der Hotellerie nach wie vor möglich sind.
 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Pandemie, Kundenzurückhaltung, Personalmangel und Mehrwertsteuererhöhung: Die Gastrobranche steht nach Krisen in der Vergangenheit vor neuen Herausforderungen. Eine saarländische Kampagne soll für positive Stimmung sorgen.

Nach dem sogenannten Weihnachtsfrieden nimmt der Tarifstreit bei der Deutschen Bahn Fahrt auf: Von Mittwoch bis Freitag will die Lokführergewerkschaft GDL im Personenverkehr streiken.

Am 15. Januar findet als Abschlussaktion der Aktionswoche „Ohne uns kein Essen“ der Landwirte in Berlin eine Großdemo statt. Hier ist auch der DEHOGA als Partner und Unterstützer mit dabei. Auch in den Bundesländern gibt es Aktionen. Teilnahmen an Straßenblockaden sind nicht geplant.

Beim Blick in die Kühltheken sollen Verbraucherinnen und Verbraucher bald zusätzliche Informationen auf Lebensmitteln finden - zur Herkunft von Fleischwaren schon in wenigen Wochen. Ein anderes Logo kommt auch auf den Weg.

Per Gesetz sollen Plastik-Einwegverpackungen bei Essen zum Mitnehmen eingedämmt werden. Der Dehoga findet die Idee grundsätzlich gut. Es hakt aber bei der Rückgabe des als Ersatz genutzten Mehrweggeschirrs.

Auch im Ausland ist das allgemeine Preisniveau zuletzt deutlich gestiegen - in unterschiedlicher Weise. Die Finanzverwaltung reagiert darauf mit neu berechneten Pauschalen für Dienstreisende.

Thüringen stellt Gastronomen und Hoteliers Finanzhilfen in den kommenden Jahren in Aussicht. Es solle ein «Gastrobonus» für Investitionen aufgelegt werden, teilte die Linke-Landtagsfraktion in Erfurt mit.

Fast zwei Jahre nach Einführung der Verpackungssteuer rechnet die Stadt Tübingen mit einem Geldregen. Es sei mit einem Steueraufkommen von mindestens rund 692 000 Euro für das Jahr 2022 auszugehen. Eine Franchise-Nehmerin von McDonald's hat gegen die Steuer Verfassungsbeschwerde erhoben.

Bundesminister Cem Özdemir traf sich mit Repräsentanten der Gemeinschaftsgastronomie im Dehoga, um den Austausch zu den praxisrelevanten Herausforderungen bei der Realisierung der Ziele der Ernährungsstrategie der Bundesregierung zu intensivieren.

Nach ihrer Einigung im Haushaltsstreit gaben sich die Ampel-Spitzen zunächst ziemlich zugeknöpft. Jetzt gibt es erstmals eine Liste ihrer Beschlüsse. Doch Änderungen sind nicht ausgeschlossen.