„Das letzte Ma(h)l“: Gastgeberkreis demonstriert am Reichstag

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Am gestrigen Montag hat der Gastgeberkreis, eine Initiative aus über 200 kleinen und großen Gastronominnen und Gastronomen am Reichstag in Berlin auf die Situation ihrer Branche aufmerksam gemacht. Dazu wurde die bekannte Wurstbude „Wurst am Brandenburger Tor“ für einen Tag zur Gedenkstätte der deutschen Gastronomie umgebaut.

Im „Das letzte Ma(h)l“ boten sie spezielle und äußerst unverdauliche Gerichte an, die aus Zeitungsüberschriften mit Versprechen der Politiker:innen der letzten Monate „gekocht“ wurden.

 

„Currywurst mit Perspektivlosigkeitssoße“ als Snack des Tages, „Frustenbraten“ als Hauptgericht und als Nachtisch „Große Grütze mit Ungleichheitssoße“ – das Ganze heruntergespült mit einem Glas „Wutsprudel“. Klingt alles ungenießbar und unverdaulich und genau das ist auch die Botschaft, die der Gastgeberkreis an den Deutschen Bundestag sendete. Denn verziert mit leeren Versprechungen der Politik, die sich in den letzten Monaten angehäuft haben, zeigten alle Gerichte eines: Sie können keine leeren Mägen füllen und lassen die Gastronomie am langen Arm verhungern.

Dazu Mirko Silz, CEO der FR L’Osteria SE und Mitinitiator des Gastgeberkreises: „Die Gastronomie ist eines der Sonderopfer dieser Pandemie. Unverschuldet sind wir in Not geraten. Wir fordern daher, dass wir zu 100 % für alle Verluste entschädigt werden. Konkret bedeutet das, dass die Überbrückungshilfe 3 nicht nur, wie von den Herren Altmeier und Scholz angekündigt, bis Ende des Jahres zeitlich verlängert werden soll, sondern in Anlehnung an die Hilfen aus dem November/Dezember 2020 via Schadensausgleich auch über die aktuellen Schwellenwerte des EU-Beihilferechtes geleistet werden müssen. Immer noch warten nicht wenige Gastgeber auf die versprochenen Ausgleichzahlungen. Gern würden wir schnellstmöglich wieder für unsere Gäste da sein wollen, dürfen es aber nicht.“

Vor allem auch die kleineren und zum Teil familiengeführten Gastro- und Hotelbetriebe leiden unter der Situation und zeichnen einen düsteren Gesamtblick auf die Branche. „Mir ist es wichtig, mit dieser Aktion auch einmal allen Beschäftigten im Hotel- und Gastronomiegewerbe Gehör zu verschaffen. Viele von ihnen haben seit über einem Jahr keine Möglichkeit, ein Einkommen zu erzielen und orientieren sich in großen Teilen beruflich um. Unsere Branche droht daher auszubluten“, äußert sich Kerstin Rapp-Schwan, Geschäftsführerin der Schwan Restaurants in Düsseldorf.

Keine Planungssicherheit für die Gastronomie

Konkrete Pläne seitens der Politik, wie es nun genau mit der Gastronomie weitergehen kann, fehlen den Vertreterinnen und Vertreter des Gastgeberkreises gänzlich. Hier geht der Blick zum Beispiel nach Frankreich, wo bereits vor Tagen ganz konkrete Vorschläge zu Öffnungen vorgestellt und verbindliche Aussagen seitens der Politik getätigt wurden. Dr. Jörg Haas, Geschäftsführer der Invite Group und des Kameha Grand-Hotels Bonn: „Wir möchten mit unserer Aktion auch darauf hinweisen, dass wir uns von der Politik vergessen fühlen. Es gibt keine konkreten Pläne, mit denen wir eine Wiedereröffnung vorantreiben können. Wir fordern ein schnelles Konzept der Regierung, um nicht nur die Außen-, sondern auch die Innen-Gastronomie wiederzueröffnen. Unsere Hygienekonzepte gibt es bereits seit dem Herbst 2020 und sie wurden stetig auf die aktuelle Lage angepasst.“

Unterstützung durch „Händler helfen Händler"

Vor gut zwei Wochen gab der Gastgeberkreis bekannt, mit der Pro-Bono-Initiative „Händler helfen Händlern“ zu kooperieren, denn der Handel leidet ähnlich stark wie die Gastronomie unter den Folgen der Pandemie. Marcus Diekmann, Initiator von „Händler helfen Händlern“ und CEO von Rose Bikes erläutert: „Handel und Gastronomie sind die wichtigsten Treiber lebendiger Innenstädte und stärken sich gegenseitig – stirbt die Gastronomie, stirbt auch der Handel. Wir haben einen gemeinsamen gesellschaftlichen Auftrag, die Innenstädte zur Begegnungs- und Erlebnisstätten zu transformieren. Daher unterstützen wir die Forderungen der Gastronomie im vollen Umfang und freuen uns über das starke Zeichen, das mit dieser Aktion in Berlin gesetzt werden konnte.“

Die gesamte Aktion „Das letzte Ma(h)l“ war eine einmalige Inszenierung für einen Tag und wurde unter den geltenden Corona-Bestimmungen durchgeführt. 


 

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