Favoritensieg beim Nährwert-Logo: Klöckner entscheidet sich für Nutri-Score

| Politik Politik

Als Julia Klöckner vor die Kameras tritt, hat es fast etwas von einer Preisverkündung. Doch sehr lange spannend macht sie es nicht: Sie werde die Einführung von Nutri-Score vorschlagen, sagt die Bundesernährungsministerin von der CDU am Montag in Berlin. Auf den Namen und das dazugehörige Logo mit fünf Farben können sich Supermarktkunden nun also schon mal einstellen - als neue ergänzende Kennzeichnung, die möglichst auf einen Blick zeigt, ob Fertigprodukte «Dickmacher» sind oder gerade nicht. Damit das Logo die Läden erobern kann, sollen wohl bis Mitte 2020 die Voraussetzungen dafür stehen.

Wie fiel die Wahl auf Nutri-Score?

Seit Jahren wird über eine Extra-Kennzeichnung diskutiert, die bei einer gesünderen Ernährung und dem Kampf gegen Übergewicht helfen soll. Lange kreiste der Streit um eine aus Großbritannien stammende «Ampel» mit separaten Symbolen in rot, gelb oder grün für Zucker, Fett und Salz. Ebenso lange wehrte die Lebensmittelbranche das aber scharf ab. Für eine möglichst breit getragene Lösung holte Klöckner Verbraucherschützer und die Wirtschaft ins Boot und ließ insgesamt vier Kennzeichnungs-Modelle in einer großen Verbraucherbefragung testen. Klarer Gewinner in nahezu allen Kategorien: Nutri-Score.

Wie funktioniert Nutri-Score?

Das aus Frankreich stammende Logo ging als großer Favorit ins Rennen. Verbraucherschützer, Ärzte und die SPD machen Druck dafür. Zentraler Punkt: Das System bezieht neben dem Gehalt an Zucker, Fett und Salz empfehlenswerte Bestandteile wie Proteine in eine Bewertung ein und gibt dann einen einzigen Gesamtwert an - in einer fünfstufigen Skala von Dunkelgrün und Hellgrün für die günstigsten Nährwert-Bilanzen über Gelb und Orange bis Rot für die ungünstigeren. In der Umfrage lagen 70 Prozent der Teilnehmer richtig, wenn sie bei Testpackungen mit dem Nutri-Score gefragt wurden: «Welche Pizza trägt am ehesten oder am wenigsten zu einer gesunden Ernährung bei?» Bei den drei anderen Modellen waren es maximal 60 Prozent oder deutlich weniger.

Was soll das Extra-Logo bringen?

Pflicht sind auf dem EU-Markt bereits Nährwerttabellen mit Angaben auch zu Kalorien - dabei bleibt es auch. Sie sind aber meist auf der Rückseite oder noch versteckteren Stellen der Packung zu finden. Und laut Umfrage landen beim Einkaufen im Schnitt 19 Lebensmittelprodukte im Wagen - da liest kaum jemand bei allen das Kleingedruckte. Daher soll Nutri-Score auf der Vorderseite stehen und schnell zu verstehen sein. Die Verbraucherzentralen dringen auf breite Nutzung. «Nur wenn eine große Zahl an Produkten gekennzeichnet ist, können Verbraucher tatsächlich vergleichen», sagt der Chef des Bundesverbands, Klaus Müller. Die Organisation Foodwatch erläutert, in Frankreich habe das Logo dazu geführt, dass viele Produkt-Rezepturen verbessert wurden.

Wie geht es weiter?

Klöckner will im Oktober eine Verordnung auf den Weg bringen, die einen Rechtsrahmen für die Verwendung des Logos schaffen soll. Wie viele Hersteller mitmachen, und ob womöglich vor allem Produkte mit günstigem Nutri-Score damit ausgezeichnet werden, muss sich zeigen. Der Verband der Lebensmittelbranche, der ein eigenes Modell im Rennen hatte, bekräftigte seine Zweifel an «bewertenden Systemen» und hob die freiwillige Nutzung hervor. Mehrere große Lebensmittelanbieter sind aber längst auf Nutri-Score-Kurs, und das auch in anderen europäischen Ländern. Klöckner müsse jetzt in der EU dafür Sorge tragen, dass Nutri-Score zur verpflichtenden Nährwertkennzeichnung wird, sagt etwa Grünen-Ernährungsexpertin Renate Künast.

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Mehrwertsteuererhöhung von sieben auf 19 Prozent auf Speisen wird gravierende Folgen für die Gastgeber haben. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes: 62,7 Prozent der befragten Unternehmer geben an, dass sie die Steueranhebung auf 19 Prozent zum 1. Januar 2024 wirtschaftlich hart treffen wird. Neun von zehn Unternehmen planen Preissteigerungen.

Mobilität und Digitalisierung standen inhaltlich im Mittelpunkt des Parlamentarischen Abends der Tourismuswirtschaft: Die notwendigen Investitionen in die digitale und Verkehrsinfrastruktur müssten genauso wie in die Erforschung und Produktion von E-Fuels sichergestellt werden.

Paris mobilisiert vor den Olympischen Spielen im kommenden Sommer gegen Betrug und Abzocke in Hotels, Restaurants und Cafés. Dazu sollen 10.000 Betriebe überprüft werden, kündigte das Wirtschaftsministerium in Paris an.

Der Bundeshaushalt 2024 wird, aller Voraussicht nach, nicht mehr in diesem Jahr vom Parlament beschlossen. Damit laufen die sieben Prozent Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie automatisch aus. Alle Präsidenten der DEHOGA-Landesverbände und des Bundes richten in einem Offenen Brief einen Appell an Olaf Scholz, an der einheitlichen Besteuerung von Essen mit sieben Prozent festzuhalten.

Patientinnen und Patienten können sich unter bestimmten Voraussetzungen künftig telefonisch von ihrer Arztpraxis krankschreiben lassen. Die Regelung gilt ab sofort, wie der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken mitteilte.

Nährwerte und Zusatzstoffe müssen vom 8. Dezember an auch auf Wein- und Sektflaschen zu finden sein - allerdings noch nicht sofort auf allen, wie es Winzer und Sekthersteller befürchtet hatten. In der EU-Verordnung gibt es eine Übergangsvorschrift.

Acht bis zehn Prozent mehr Geld empfiehlt die NGG ihren Tarifkommissionen als Forderung für die kommenden Tarifverhandlungen. Für die Beschäftigten im Gastgewerbe soll zudem ein monatlicher Lohn von mindestens 3.000 Euro anvisiert werden.

Die EU-Länder dürfen während einer Pandemie Reiseverbote in Hochrisikogebiete verhängen - ein solches Verbot müsse jedoch begründet sein und klare Vorschriften enthalten. Das teilten die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit.

Größere Arbeitgeber mit mindestens 250 Beschäftigten sind bereits seit dem Sommer verpflichtet, interne Meldestellen für sog. „Whistleblower“ einzurichten und zu betreiben. Ab dem 1. Dezember stellt ein Verstoß gegen diese Pflicht eine Ordnungswidrigkeit dar, die ein Bußgeld bis zu 20.000 Euro nach sich ziehen kann.

Der DEHOGA Bundesverband hielt zu Beginn der Woche seine Delegiertenversammlung in Berlin ab. Neben vielen weiteren Politkern sprach sich auch die Berliner Senatorin Franziska Giffey deutlich für den Erhalt der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie aus und kündigte weitere Aktivitäten im Bundesrat an.