Ferienhausbranche kritisiert Google in offenem Brief an EU-Kommissarin Vestager

| Politik Politik

Internationale Unternehmen und Verbände der Tourismus- und Ferienhausbranche haben sich in einem offenen Brief an die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager gewandt. Darin kritisieren die Unterzeichner die unfaire Selbstbegünstigung Googles und Ausnutzung der eigenen Marktmacht bei der Ferienhaussuche.

Mit Google Vacation Rentals hat Google eine neue Anzeigenbox für Ferienwohnungen innerhalb der Suchergebnisse der allgemeinen Google-Suche auf den Markt gebracht. Bei jeder Ferienhaussuche werden Ferienobjekte einer Vielzahl von Partnern angezeigt und in einer sogenannten Google OneBox präsentiert. Sowohl durch die visuell ansprechende Gestaltung als auch ihre prominente Platzierung oberhalb der Suchergebnisseiten wird die Aufmerksamkeit der Nutzer auf die Google-Anzeigenbox gelenkt. Organische Suchergebnisse werden zudem weiter verdrängt. Die Reisebranche schätzt diese Form der Selbstbegünstigung als wettbewerbsrechtlich äußerst bedenklich ein.

„Wir beobachten die Entwicklung mit großer Sorge“, sagt Aye Helsig, Vorsitzender des Deutschen Ferienhausverbands. „Google reserviert die beste Platzierung in den Suchergebnissen für die Präsentation des eigenen Produkts. Durch die Positionierung lenkt Google bei jeder Suchanfrage die Aufmerksamkeit der Nutzer auf die Ferienhausanzeigen, weg von den eigentlichen Vermittlungsagenturen und -portalen. Wir gehen davon aus, dass sich dieses Gebaren massiv negativ auf den Traffic und letztendlich die wirtschaftliche Entwicklung der Ferienhausindustrie auswirken wird.“

Der Verband kritisiert, dass Google sich einen wirtschaftlichen Wettbewerbsvorteil verschafft. Für den Großteil der Internetnutzer ist Google die erste Anlaufstelle, wenn es darum geht, ein Ferienhaus oder eine Ferienwohnung zu suchen. Internetuser können die allgemeine Google-Suche nicht nutzen, ohne dass auch Ergebnisse von Google Vacation Rentals angezeigt werden, wenn sie eine verwandte Suchanfrage stellen.

Dabei präsentiert Google Ferienwohnungen mit Bildern, Kartenvorschau, Bewertungen und Preisen, was anderen Anbietern nicht ermöglicht wird. Durch die hervorstechende Platzierung und die Art der Präsentation wird Google als direkter Vermittlungsservice wahrgenommen. Ein Weiterklicken auf die Webseiten der nachstehend gelisteten Vermittlern scheint überflüssig, obwohl diese in den meisten Fällen relevantere Ergebnisse auf die Suchanfrage liefern. „Google präsentiert sich im Look-and-feel renommierter Ferienhausmarken. Urlauber können das nicht unterscheiden. Ferienhausanbieter werden letztendlich zum Content-Lieferanten degradiert, um Google zu füttern“, erklärt Helsig. Dabei nutzt Google seine Dominanz als Suchmaschine, um sein eigenes Produkt kostenlos zu bewerben. In Zukunft ist zu erwarten, dass Mitbewerber hohe Preise dafür zahlen müssen, um sichtbar zu werden.

Derzeit arbeitet Google mit nur wenigen großen Partnern zusammen. Kleineren und mittleren Agenturen sowie einigen Portalen wird der Zugang zur prominenten Anzeigenbox gänzlich verwehrt. Dadurch werden diese in doppelter Weise benachteiligt. Sie werden vom Traffic der Ferienhaus-Anzeigenbox abgeschnitten. Zudem reduziert sich der Traffic von organischen und bezahlten Suchergebnissen auf die Webseite. Von den Unternehmen, die Google in seiner Suchbox aufführt, erhebt man noch keine Gebühren. Angesichts der sukzessiven Umstellung auf Bezahlangebote in vergleichbaren spezialisierten Suchboxen wie in den Bereichen Google Shopping, Flug- und Hotelsuche, scheint es allerdings nur eine Frage der Zeit zu sein, bis auch im Ferienhausbereich Anzeigengebühren erhoben werden.

„Wir sehen die Gefahr des irreversiblen Kippens des Marktes in Richtung Google“, resümiert Helsig. „Daher fordern wir mit Nachdruck, dass die Vorgänge von der EU-Kommission untersucht und bei Missachtung des Wettbewerbsrechts die entsprechenden Schritte eingeleitet werden.“

Insgesamt 34 Unternehmen und sechs Verbände aus 10 Ländern haben den offenen Brief unterzeichnet und damit ihre Unterstützung signalisiert.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die EU will Verpackungsmüll den Kampf ansagen. Geplante neue Regeln werden etwa in Europas Supermärkten und Restaurants zu spüren sein. Deutsche Ziele allerdings sind zum Teil ambitionierter. Fragen und Antworten.

Heute startet die ITB in Berlin. Am Freitag beginnt die Internorga in Hamburg. Menschen aus über 180 Ländern kommen diese Woche nach Deutschland. Die aktuellen Streikankündigungen treffen zehntausende Gäste mit voller Wucht. Branchenvertreter bringt das auf die Zinne.

Der nächste Streik der Lokführergewerkschaft GDL wird nach Darstellung der Deutschen Bahn «massive Auswirkungen» auf den Betrieb haben. Die CSU warf der Gewerkschaft in scharfen Worten einen Missbrauch des Streikrechts vor.

Die Regierung sieht fehlende Fachkräfte als zentrales Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Nun treten Regelungen in Kraft, die mehr Nicht-EU-Bürger auf den Arbeitsmarkt locken sollen.

Das EU-Parlament hat grünes Licht für strengere Transparenzregeln für große Vermietungsplattformen wie Airbnb, Booking, Expedia oder TripAdvisor gegeben. Unter anderem sollen Städte so besser gegen illegale Angebote auf den Plattformen vorgehen können.

Reisewirtschaft und Tourismusbranche haben eine gemeinsame Position zum Entwurf der Europäischen Kommission zur Revision der Pauschalreiserichtlinie vorgelegt, die die Akteure im Deutschlandtourismus sowie im In- und Outboundtourismus in dieser Frage vereint.

Das neue Kompetenzzentrum „Grüne Transformation des Tourismus“ hat seine Arbeit aufgenommen. Das Kompetenzzentrum soll als Informationsknotenpunkt rund um die grüne Transformation Wissen teilen, Best Practices hervorheben und Innovationen fördern.

Eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeit fordert die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag in einem Antrag. Auch der DEHOGA fordert, dass Unternehmen und Mitarbeiter, im Rahmen einer wöchentlichen Höchstgrenze, die Möglichkeit bekommen, die Arbeitszeit flexibler auf die Wochentage zu verteilen.

Im Rahmen des Entwurfs zum vierten Bürokratieentlastungsgesetz erneuert der BTW noch einmal seine Forderung nach zielführendem Bürokratieabbau für die Unternehmen der Tourismuswirtschaft.

EU-Pläne für einen besseren Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Online-Plattformen sind vorerst vom Tisch. Vor allem FDP-Vertreter hatten sich gegen das Gesetz ausgesprochen. Deutliche Kritik daran kam nun von der Gewerkschaft NGG.