Lindner bringt Gaspreisbremse ins Spiel

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Die Bundesregierung will das Problem der hohen Gaspreise angehen - doch die Finanzierung bleibt unklar. Die FDP pocht weiter auf die Einhaltung der Schuldenbremse im Bundeshaushalt im nächsten Jahr. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung «Anne Will», er habe eine Idee zur Finanzierung einer Gaspreisbremse - diese wolle er aber nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten, sondern erst mit den Koalitionspartnern von SPD und Grünen beraten. Zugleich sieht es danach aus, dass die für den 1. Oktober geplante umstrittene Gasumlage möglicherweise doch nicht kommt.

Die Gasumlage sollte eigentlich Gasimporteure stützen, die wegen ausbleibender russischer Lieferungen hohe Kosten für Ersatzbeschaffungen haben. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde Erdgas festgelegt - sie verteuert also das Gas für den Kunden. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht finanzverfassungsrechtliche Fragen zu klären, und auch Finanzminister Lindner zieht das Instrument in Zweifel.

SPD-Chef Lars Klingbeil rechnete am Sonntag damit, dass das Thema in der neuen Woche entschieden wird. «Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir in der nächsten Woche eine finale Entscheidung zur Gasumlage bekommen werden», sagte er in der ZDF-Sendung «Berlin direkt». «Klar ist, wir müssen die Kraft haben, das offen zu diskutieren und uns notfalls auch zu korrigieren.» Am Ende müsse Habeck als zuständiger Minister sagen, wie es mit der Gasumlage weitergehe.

Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte, die Gasumlage könne weg, sobald es aus dem Finanzministerium die Bereitschaft für eine Alternative gebe. «Diese Alternative heißt: eine Finanzierung aus Haushaltsmitteln», sagte Lang. Das Problem: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sieht vor, dass Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne Kredite ausgleichen müssen. Wegen Corona war die Schuldenbremse im Bund drei Jahre lang ausgesetzt.

Finanzminister Lindner sagte bei «Anne Will»: «Eine Gaspreisbremse ist für mich kein Anlass, wieder eine Ausnahme von der Schuldenregel für den Bundeshaushalt zu machen.» Der FDP-Chef erklärte: «Man darf nicht vergessen: Die Schulden, die wir heute machen, müssen ja auch irgendwann bedient, zurückgezahlt werden. Dann drohen uns im Zweifel sehr hohe Belastungen, auch Steuererhöhungen.»

FDP-Fraktionschef Christian Dürr erklärte in der «Rheinischen Post» (Montag): «Die Schuldenbremse ist eine Inflationsbremse und damit das beste Instrument zur Abmilderung der Preissteigerungen». Man müsse an die Wurzeln der Probleme ran. «Die Preise sind deshalb so hoch, weil es zu wenig Energie gibt. Eine Preisbremse auf dem Strom- und Gasmarkt, verbunden mit einer Ausweitung des Energieangebots, ist die richtige Antwort», erklärte Dürr. «Eine Gaspreisbremse muss daher in Kombination mit einer Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke kommen.»

Eigentlich sollten zum Jahresende alle deutschen Atomkraftwerke vom Netz gehen. Pläne von Habeck sehen vor, zwei Kraftwerke für den Fall von Energieengpässen noch bis Mitte April einsatzbereit zu halten - der FDP reicht das allerdings nicht.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann wandte sich dagegen, die beiden Themen miteinander zu koppeln. Es sei Aufgabe der Koalition, Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Unternehmen bei den gestiegenen Energiekosten zu unterstützen, sagte sie der «Süddeutschen Zeitung». Dafür müsse der Finanzminister Geld in die Hand nehmen. Es sei «abwegig, daraus ein Koppelgeschäft mit einer Verlängerung von Laufzeiten machen zu wollen». Kernkraft sei eine Hochrisikoenergie.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zeigte sich in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montag) skeptisch hinsichtlich einer erneuten Aussetzung der Schuldenbremse: «Die Aussetzung der Schuldenbremse würde bedeuten, dass nachfolgende Generationen für heutige Ausgaben aufkommen müssen. Das ist nicht meine Herangehensweise. Mir persönlich wäre eine Lösung durch Umverteilung lieber.» Als Bundestagspräsidentin wolle sie sich nicht ins Tagesgeschäft einmischen. «Aber ich darf sagen, dass man Leute wie mich und Menschen mit noch mehr Vermögen höher besteuern kann.»


 

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