„Novemberhilfen“: Abschlagszahlung bis 10.000 Euro bis zum Monatsende

| Politik Politik

Unternehmen im Teil-Lockdown sollen erste Gelder der Novemberhilfen ab Ende des Monats ausgezahlt bekommen. Geschehen soll das in Form von Abschlagszahlungen zunächst bis zu 10.000 Euro, wie die Bundesregierung am Donnerstag mitteilte.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kündigte außerdem eine Aufstockung der Hilfen über die bisher geplanten zehn Milliarden Euro hinaus an. Es könnten ein paar Milliarden Euro mehr werden. Scholz begründete dies mit präziseren Berechnungen.

Konkret sollen Solo-Selbstständige eine Abschlagszahlung von bis zu 5.000 Euro erhalten, Unternehmen bis zu 10.000 Euro. Die Antragstellung soll laut Finanz- und Wirtschaftsministerium voll elektronisch über die Plattform www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de in der letzten November-Woche starten, voraussichtlich am 25. November. Anträge sollen einfach und unbürokratisch gestellt werden können. Um Missbrauch vorzubeugen, seien «Maßnahmen» vorgesehen, um die Identität des Antragstellers sicherzustellen, hieß es. Konkreter wurden die Ministerien aber nicht.

Das Verfahren der regulären Auszahlung der Novemberhilfen werde parallel vorbereitet und finalisiert, damit es unmittelbar im Anschluss an die Abschlagszahlungen gestartet werden könne, hieß es. Das Geld für die Novemberhilfen kommt aus dem Topf für bestehende Überbrückungshilfen, aus dem Milliarden nicht abgeflossen sind.

Die Bundesregierung hatte Zuschüsse etwa für Gastronomiebetriebe sowie Solo-Selbstständige wie Künstler zugesagt, die seit Anfang November von den behördlich angeordneten Schließungen im Kampf gegen eine Ausbreitung des Coronavirus betroffen sind. Für die weitaus meiste Zahl der Firmen sollen Zuschüsse in Höhe von 75 Prozent des durchschnittlichen Umsatzes im November 2019 gewährt werden. Zuschüsse über 1 Million Euro müssen von der EU-Kommission genehmigt werden.

An der Umsetzung dieser reguläre Zuschüsse wird aber noch gearbeitet. So muss eine IT-Plattform umprogrammiert werden, außerdem sind Vereinbarungen mit den Länden geplant. Deswegen soll es nun zunächst Abschlagszahlungen geben.

Die große Frage aber ist, ob diese schnell genug kommen. Zwar sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU): «Wir lassen in dieser ernsten Lage unsere Unternehmen und ihre Beschäftigten nicht allein.» Ein schneller Start der Auszahlung sei für viele Solo-Selbständige und kleine Unternehmen überlebenswichtig. Altmaier war in den vergangenen Tagen zunehmend in die Kritik geraten. Wirtschaftsverbände hatten ihm eine schleppende Umsetzung der Hilfen vorgeworfen, auch der Koalitionspartner SPD machte Druck.

Bei vielen Kneipen und Restaurants sind seit den Schließungen am Monatsanfang die Umsätze eingebrochen, Künstler und andere Solo-Selbstständige bekommen nichts mehr in die Kasse. Kosten für die Miete oder für Energie aber müssen weiter bezahlt werden.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) berichtete Anfang der Woche von beispiellosen Umsatzeinbrüchen. 71 Prozent der gastgewerblichen Betriebe sehen sich laut Verband aktuell in ihrer Existenz gefährdet.

Bei einem Dialog von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Auszubildenden und Ausbildern am Donnerstag sagte eine Hotelchefin aus Berchtesgaden zum Teil-Lockdown: «Das ist für uns eine Katastrophe». Hotels dürfen im November keine Touristen aufnehmen. Geschäftsleute aber kämen selten nach Berchtesgaden, sagte die Hotelchefin. Man habe «gleich null» Gäste. Merkel sagte, sie wisse, wie schwierig die Lage sei. Man müsse aber nun runterkommen von den hohen Coronazahlen.

Die Betriebe bekommen nun zunächst die Teilzahlungen. Wie diese dann genau mit den regulären Zuschüssen verrechnet werden sollen, ist unklar. Dazu kommt die Frage, was Bund und Länder am kommenden Montag beschließen. Die Zahl der Neuinfektionen bleibt auf einem hohen Niveau, auch wenn sich die Kurve abgeflacht hat. Doch werden die harten Maßnahmen möglicherweise doch verlängert über den November hinaus - oder sogar verschärft? Dann stünde die Politik unter Druck, auch Hilfen zu verlängern.

Bei den Novemberhilfen soll es Stand jetzt keine Nachbesserungen an den bestehenden Vorgaben geben, wie Scholz deutlich machte. Einzelne Branchen wie die Reisewirtschaft hatten sich bitter beklagt, leer auszugehen. Auch Länder hatten Nachbesserungen gefordert. Dabei ging es vor allem um Firmen, die indirekt von Schließungen etwa von Restaurants betroffen sind.

Massive Kritik kam auch vom Einzelhandel. Zwar sind Geschäfte unter Auflagen geöffnet. Nach Branchenangaben aber führen die Beschränkungen etwa in der Gastronomie dazu, dass die Innenstädte deutlich leerer sind. «Der Einzelhandel in den Innenstädten steht vielerorts vor der Insolvenz», sagte der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands HDE, Stefan Genth. Die Umsätze würden massiv sinken. Eigene finanzielle Reserven seien meist schon durch die Geschäftsschließungen im Frühjahrs-Lockdown aufgebraucht. Ohne Nothilfen der Regierung drohe ein «Kahlschlag» in den Stadtzentren.

Offizielle Informationen aus dem dem Bundesfinanzministerium, inklusive eines Katalogs mit Fragen und Antworten hiernach:

Details, auch zur Verrechnung von Liefer- oder To-Go-Umsätzen hier

FAQs zu der Novemberhilfe hier

Für die außerordentliche Wirtschaftshilfe gelten folgende Rahmenbedingungen:

Gesamtvolumen: Die außerordentliche Wirtschaftshilfe wird ein Finanzvolumen von voraussichtlich ca. 10 Milliarden Euro haben.

Antragsberechtigung: Antragsberechtigt sind direkt von den temporären Schließungen betroffene Unternehmen, Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen und indirekt betroffene Unternehmen nach folgender Maßgabe:

Direkt betroffene Unternehmen: Alle Unternehmen (auch öffentliche), Betriebe, Selbständige, Vereine und Einrichtungen, die auf der Grundlage des Beschlusses des Bundes und der Länder vom 28. Oktober 2020 erlassenen Schließungsverordnungen der Länder den Geschäftsbetrieb einstellen mussten. Hotels zählen als direkt betroffene Unternehmen.

Indirekt Betroffene Unternehmen: Alle Unternehmen, die nachweislich und regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von den Schließungsmaßnahmen betroffenen Unternehmen erzielen.

Verbundene Unternehmen – also Unternehmen mit mehreren Tochterunternehmen oder Betriebstätten – sind dann antragsberechtigt, wenn mehr als 80 Prozent des verbundweiten Gesamtumsatzes auf direkt oder indirekt betroffene Verbundunternehmen entfällt. Erstattet werden bis zu 75 Prozent des Umsatzes der betroffenen Verbundunternehmen. Dies betrifft etwa eine Holdinggesellschaft, die sowohl Restaurants (geschlossen) und Einzelhandelsunternehmen (weiter geöffnet) hält – hier wird die Nothilfe gezahlt, wenn die Restaurants zu mehr als 80 Prozent des Umsatzes der Holdinggesellschaft beitragen.

Welche Förderung gibt es?

Mit der Novemberhilfe werden Zuschüsse pro Woche der Schließungen in Höhe von 75 Prozent des durchschnittlichen wöchentlichen Umsatzes im November 2019 gewährt bis zu einer Obergrenze von 1 Mio. Euro, soweit der bestehende beihilferechtliche Spielraum des Unternehmens das zulässt (Kleinbeihilfenregelung der EU).

Zuschüsse über 1 Millionen Euro bedürfen für die Novemberhilfe noch der Notifizierung und Genehmigung der EU-Kommission. Die Bundesregierung ist derzeit in intensiven Gesprächen mit der Europäischen Kommission, um eine solche Genehmigung für höhere Zuschüsse zu erreichen.

Soloselbstständige können als Vergleichsumsatz alternativ zum wöchentlichen Umsatz im November 2019 den durchschnittlichen Wochenumsatz im Jahre 2019 zugrunde legen. Bei Antragsberechtigten, die nach dem 31. Oktober 2019 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen haben, kann als Vergleichsumsatz der durchschnittliche Wochenumsatz im Oktober 2020 oder der durchschnittliche Wochenumsatz seit Gründung gewählt werden.

Anrechnung erhaltener Leistungen: Andere staatliche Leistungen, die für den Förderzeitraum November 2020 gezahlt werden, werden angerechnet. Das gilt vor allem für Leistungen wie Überbrückungshilfe oder Kurzarbeitergeld.

Anrechnung von erzielten Umsätzen im Monat November: Wenn im November trotz der grundsätzlichen Schließung Umsätze erzielt werden, so werden diese bis zu einer Höhe von 25 Prozent des Vergleichsumsatzes nicht angerechnet. Um eine Überförderung von mehr als 100 Prozent des Vergleichs-Umsatzes zu vermeiden, erfolgt bei darüber hinausgehenden Umsätzen eine entsprechende Anrechnung.

Für Restaurants gilt eine Sonderregelung, wenn sie Speisen im Außerhausverkauf anbieten. Hier wird die Umsatzerstattung auf 75 Prozent der Umsätze im Vergleichszeitraum 2019 auf diejenigen Umsätze begrenzt, die dem vollen Mehrwertsteuersatz unterliegen, also die im Restaurant verzehrten Speisen. Damit werden die Umsätze des Außerhausverkaufs – für die der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt – herausgerechnet. Im Gegenzug werden diese Umsätze des Außerhausverkaufs während der Schließungen von der Umsatzanrechnung ausgenommen, um eine Ausweitung dieses Geschäfts zu begünstigen. Beispiel: Eine Pizzeria hatte im November 2019 8.000 Euro Umsatz durch Verzehr im Restaurant und 2.000 Euro durch Außerhausverkauf. Sie erhält daher 6.000 Euro Novemberhilfe (75 Prozent von 8.000 Euro), d. h. zunächst etwas weniger als andere Branchen (75 Prozent des Vergleichsumsatzes). Dafür kann die Pizzeria im November 2020 deutlich mehr als die allgemein zulässigen 2.500 Euro (25 Prozent von 10.000 Euro) an Umsatz mit Lieferdiensten erzielen, ohne dass eine Kürzung der Förderung erfolgt.

Antragstellung: Die Anträge können in den nächsten Wochen über die bundeseinheitliche IT-Plattform der Überbrückungshilfe gestellt werden (www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de). Die elektronische Antragstellung muss hierbei durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer erfolgen. Die Auszahlung soll über die Überbrückungshilfe-Plattform durch die Länder erfolgen.

Für Soloselbständige, die nicht mehr als 5.000 Euro Förderung beantragen, entfällt die Pflicht zur Antragstellung über einen prüfenden Dritten. Sie werden unter besonderen Identifizierungspflichten direkt antragsberechtigt sein.


 

 

 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Spitzen der Ampel-Koalition haben nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Einigung über den Bundeshaushalt für 2024 erzielt. Details sollen im Laufe des Tages bekanntgegeben werden, wie die dpa am Mittwochmorgen erfuhr

Die Mehrwertsteuererhöhung von sieben auf 19 Prozent auf Speisen wird gravierende Folgen für die Gastgeber haben. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes: 62,7 Prozent der befragten Unternehmer geben an, dass sie die Steueranhebung auf 19 Prozent zum 1. Januar 2024 wirtschaftlich hart treffen wird. Neun von zehn Unternehmen planen Preissteigerungen.

Mobilität und Digitalisierung standen inhaltlich im Mittelpunkt des Parlamentarischen Abends der Tourismuswirtschaft: Die notwendigen Investitionen in die digitale und Verkehrsinfrastruktur müssten genauso wie in die Erforschung und Produktion von E-Fuels sichergestellt werden.

Paris mobilisiert vor den Olympischen Spielen im kommenden Sommer gegen Betrug und Abzocke in Hotels, Restaurants und Cafés. Dazu sollen 10.000 Betriebe überprüft werden, kündigte das Wirtschaftsministerium in Paris an.

Der Bundeshaushalt 2024 wird, aller Voraussicht nach, nicht mehr in diesem Jahr vom Parlament beschlossen. Damit laufen die sieben Prozent Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie automatisch aus. Alle Präsidenten der DEHOGA-Landesverbände und des Bundes richten in einem Offenen Brief einen Appell an Olaf Scholz, an der einheitlichen Besteuerung von Essen mit sieben Prozent festzuhalten.

Patientinnen und Patienten können sich unter bestimmten Voraussetzungen künftig telefonisch von ihrer Arztpraxis krankschreiben lassen. Die Regelung gilt ab sofort, wie der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken mitteilte.

Nährwerte und Zusatzstoffe müssen vom 8. Dezember an auch auf Wein- und Sektflaschen zu finden sein - allerdings noch nicht sofort auf allen, wie es Winzer und Sekthersteller befürchtet hatten. In der EU-Verordnung gibt es eine Übergangsvorschrift.

Acht bis zehn Prozent mehr Geld empfiehlt die NGG ihren Tarifkommissionen als Forderung für die kommenden Tarifverhandlungen. Für die Beschäftigten im Gastgewerbe soll zudem ein monatlicher Lohn von mindestens 3.000 Euro anvisiert werden.

Die EU-Länder dürfen während einer Pandemie Reiseverbote in Hochrisikogebiete verhängen - ein solches Verbot müsse jedoch begründet sein und klare Vorschriften enthalten. Das teilten die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit.

Größere Arbeitgeber mit mindestens 250 Beschäftigten sind bereits seit dem Sommer verpflichtet, interne Meldestellen für sog. „Whistleblower“ einzurichten und zu betreiben. Ab dem 1. Dezember stellt ein Verstoß gegen diese Pflicht eine Ordnungswidrigkeit dar, die ein Bußgeld bis zu 20.000 Euro nach sich ziehen kann.