Saarland: Viele Corona-Einschränkungen fallen mit 3G-Regel weg

| Politik Politik

Volle Kinosäle, Tanzen in Clubs und Restaurantbesuche ohne Maske und ohne Abstand: All das ist seit Freitag im Saarland wieder möglich. Nach einer neuen Verordnungen der Landesregierung fallen praktisch alle Einschränkungen für Geimpfte, Genesene und Getestete (3G) weg.

Auch am Arbeitsplatz in geschlossenen Räumen gibt es keine Maskenpflicht mehr, wenn alle einen 3G-Nachweis vorlegen. Mit dem neuen «Saarland-Modell Plus» werde «das nächste Kapitel im Umgang mit Corona» aufgeschlagen, hatte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) gesagt.

«Das ist etwas, was wir uns für die Gastronomie und Hotellerie lange gewünscht und zuletzt gefordert haben», sagte der Hauptgeschäftsführer des saarländischen Branchenverbandes Dehoga, Frank C. Hohrath. Jetzt bekämen die Betriebe die Freiheit zurück: Sie könnten selbst verantwortungsbewusst entscheiden, wie sie mit dem Thema umgingen. «Es wird ein Prozess», sagte er. Nach der Verordnung können Tische in Restaurants bei 3G wieder enger gestellt werden, der Mindestabstand ist generell nur noch eine Empfehlung. Manche Gastronomen zeigten sich am Freitag noch verunsichert.

Freude beim Saarländischen Staatstheater: Ab sofort gebe es wieder «Theatergenuss ohne Einschränkungen» wie Abstandsregeln oder das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. «Wer weiter eine Maske tragen will, kann das natürlich tun. Das kann jeder frei entscheiden», sagte Generalintendant Bodo Busse am Freitag. Eine Rückkehr zur vollen Sitzplatzkapazität sei aus organisatorischen Gründen erst ab dem 9. Oktober möglich. Da seien dann statt der bisher verkauften Tickets für 250 Plätze wieder 875 Plätze verfügbar.

Laut neuer Verordnung sind im Saarland zudem private Kontaktbeschränkungen aufgehoben, Quadratmetervorgaben für zugelassene Besucher und Kunden entfallen. Und: Gästezahlen sind nicht mehr beschränkt. Damit soll in Clubs, Diskotheken und Restaurants auch im Innenraum ein wirtschaftlicher Betrieb wieder möglich werden. Im ÖPNV aber muss weiterhin eine Maske getragen werden, ebenso im Einzelhandel - wenn die Betreiber dort die 3G-Nachweise nicht kontrollieren können. Die neue Freiheit gilt zunächst für 14 Tage.

Kritik kam vom Saarbrücker Pharmazie-Professor Thorsten Lehr. Die weitgehenden Lockerungen kommen seiner Ansicht nach zum «falschen Zeitpunkt». Es sei zu erwarten, dass die Infektionszahlen im Herbst und Winter wieder steigen. «Die Impfquote ist selbst im Saarland nicht hoch genug.» Die neue Verordnung funktioniere die nächsten zwei Wochen. Aber: «Diese Verordnung wird den Herbst und Winter nicht überstehen», sagte er. «Langfristig wird sie so nicht Bestand haben.»

In Folge sehe er das Problem, dass es schwierig sei, Lockerungen später wieder zurückzunehmen. «Vor allem, weil die Leute müde sind. Deswegen wäre es cleverer gewesen in meinen Augen, das noch ein bisschen zurückzuhalten», sagte der Experte für Corona-Prognosen der Deutschen Presse-Agentur. Er geht davon aus, dass es im Oktober und November im Saarland wieder deutlich steigende Zahlen gibt.

Saar-Regierungschef Hans sagte, das Modell bleibe «eine flexible Steuerungsstrategie». «Sollte sich die Infektionslage deutlich verschlechtern und es die Situation in den Krankenhäusern erfordern, werden wir nicht zögern, das Modell entsprechend anzupassen.»

Das Saarland hatte mit seinem Vorpreschen in einem «Saarland-Modell» in der ersten Version im Frühjahr bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Es setzte auf Öffnungen durch massenhaftes Testen: So konnten seit dem 6. April Kinos, Theater, Fitnessstudios und die Außengastronomie bei Vorlage eines tagesaktuellen negativen Schnelltests wieder besucht werden. Die Bundes-Notbremse zwang das Saarland dann aber wegen gestiegener Zahlen ab dem 24. April vorübergehend zurück in den Lockdown.

Die aktuellen Lockerungen hat das Saarland mit einer stabilen Infektionslage und einer hohen Impfquote begründet. Laut Impfdashboard sind im Saarland bislang 71,1 Prozent der Bevölkerung (Stand Freitag) vollständig gegen Corona geimpft. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Gesetzgeber hat für RLM-Kunden, mit größeren Gas- und Stromverbräuchen, lediglich einen zusätzlichen Entlastungsbetrag bei den Energiepreisbremsen zugestanden. RLM-Kunden besitzen einen sog. RLM-Zähler. Das Referenzjahr wurde seitens des DEHOGA heftig kritisiert.

Fast drei Viertel der Menschen in Deutschland befürchtet ein weiteres Gastronomiesterben bei einer Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer für Speisen in Restaurants, Gaststätten und Cafés, so eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Metro.

Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion, den Verzehr von Speisen in Restaurants dauerhaft mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz zu belegen, fand am Donnerstag keine Mehrheit im Bundestag. „Kein Grund zur Panik“, schrieb der DEHOGA Bayern an seine Mitglieder, da der Antrag mit Hinweis auf die Steuerschätzung erwartungsgemäß abgelehnt worden sei.

Der Hotel- und Gaststättenverband hat die Haltung der CDU in Schleswig-Holstein zur reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen ungewöhnlich scharf kritisiert. CDU und Grüne hatten zuvor mit ihrer Mehrheit einen Antrag abgelehnt, eine Bundesratsinitiative aus Mecklenburg-Vorpommern zu unterstützen.

Im Landkreis Augsburg ist eine umstrittene Unterbringung von 440 Flüchtlingen in einem Hotel gescheitert. Wie das Landratsamt mitteilte, hätten Differenzen zwischen dem Hotelbetreiber und dem Grundstückseigentümer zu dem Scheitern geführt.

Ende des Jahres soll die vergünstigte Mehrwertsteuer von sieben Prozent für Speisen in der Gastronomie auslaufen. Keine gute Idee, findet Tim Mälzer und fordert ein Umdenken. Die ermäßigte Mehrwertsteuer sei keine Subvention für Corona-Ausfälle, «sondern das wäre einfach eine intelligente Entscheidung», so Mälzer.

Im Bundesstag steht heute ein Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU zur Abstimmung. Die Unionsfraktion will eine dauerhaft ermäßigte Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants ermöglichen. Da die Regierungsfraktionen erst zum Jahresende darüber beschließen wollen, dürfte der Unionsentwurf chancenlos sein.

Der Suchtbeauftragte der Bundesregierung sieht bei Alkoholwerbung einen Wildwuchs und will härtere Beschränkungen. Auch beim Alkoholkauf im Supermarkt durch Minderjährige pocht er auf Änderungen.

Sachsens Gastronomielandschaft dünnt aus. Vor allem auf dem Land geben Gastwirte auf, mangels Personal, Nachfolgern oder unter dem Kostendruck - nun läuft die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung aus.

Im Brandenburger Landtag gibt es eine Mehrheit für eine Beibehaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent in der Gastronomie. Nun soll die Landesregierung aufgefordert werden, sich beim Bund für eine Verlängerung einzusetzen.