Tourismusvertreter werfen Regierung «absolute Konzeptlosigkeit» vor

| Politik Politik

Die Reisebranche hat die Prüfung weiterer Einschränkungen der Reisefreiheit wegen der Corona-Pandemie scharf kritisiert. «Mehr Rückwärtssalto geht nicht. Die Bundesregierung hat Kurs und Kompass verloren», sagte der Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), Norbert Fiebig am Mittwoch. Ihn verärgert besonders, dass die Bundesregierung dem Tourismus nicht nur keinerlei Perspektive eingeräumt hat, sondern auch die Bedeutung der Branche im gesamtwirtschaftlichen Kontext nicht entsprechend würdigt.

Als „verfrühten Aprilscherz“ bezeichnet Michael Buller, Vorstand des Verband Internet Reisevertrieb e.V. (VIR), die Ankündigung der deutschen Bundesregierung. „Es kann nicht mehr länger angehen, dass die Tourismusbranche in keiner Öffnungsstrategie vorkommt und ständig in die Ecke der Verursacher gestellt wird“, kritisiert VIR-Vorstand Michael Buller. „Unsere Branche befindet sich seit über fünf Monaten im erneuten Lockdown und damit demonstrieren die aktuellen Infektionszahlen eindeutig, dass sie aus dem unstrukturierten privaten Umfeld stammen - alles andere ergibt überhaupt keinen Sinn, und die Politik muss endlich aufhören, den Tourismus als Pandemietreiber darzustellen“, fordert der Reise-Experte.

Michael Buller wirft den politisch Verantwortlichen „absolute Konzeptlosigkeit“ vor. Er betont, dass in einem Lockdown, der seit fünf Monaten läuft und zu einer dritten Welle geführt hat, die Maßnahmen grundsätzlich überdacht werden müssen. „In der Wirtschaft hätte dies schon längst jedes Unternehmen getan, und man würde nicht in absoluter Untätigkeit gegenüber der Tourismuswirtschaft verharren.“

Die Bundesregierung hatte zuvor bekanntgegeben, dass sie prüfe, ob Reisen in beliebte Urlaubsgebiete im Ausland unterbunden werden können. Hintergrund der Diskussion ist der vorübergehende Buchungsboom für Mallorca nach der Streichung der Lieblingsinsel der Deutschen von der Liste der Corona-Risikogebiete am 14. März. Der Schritt erfolgte, weil die Zahl der Neuinfektionen dort unter 50 pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gesunken war. Damit ist der Urlaub auf Mallorca wieder ohne Quarantäne und Testpflicht bei der Rückkehr möglich.

Das führte zu einer Explosion der Buchungen bei den großen Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften, die hunderte zusätzliche Flüge für die Osterferien neu auflegten. Beim Bund-Länder-Treffen am Montag wurde allerdings entschieden, dass künftig für alle Flugpassagiere, die nach Deutschland einreisen, eine Testpflicht eingeführt werden soll.

«Aus dem Zickzackkurs der Bundesregierung wird nun ein Schlingerkurs mit doppeltem Rückwärtssalto», sagte Fiebig. Erst habe das Auswärtige Amt die Balearen aufgrund niedriger Infektionszahlen von der Liste der Risikogebiete genommen. Dann sei eine Testpflicht für alle Flugreisenden aus dem Ausland beschlossen worden. Und nun prüfe die Bundesregierung, «wie sie Reisen an Ostern gänzlich verbieten kann». (Mit Material der dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Spitzen der Ampel-Koalition haben nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Einigung über den Bundeshaushalt für 2024 erzielt. Details sollen im Laufe des Tages bekanntgegeben werden, wie die dpa am Mittwochmorgen erfuhr

Die Mehrwertsteuererhöhung von sieben auf 19 Prozent auf Speisen wird gravierende Folgen für die Gastgeber haben. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes: 62,7 Prozent der befragten Unternehmer geben an, dass sie die Steueranhebung auf 19 Prozent zum 1. Januar 2024 wirtschaftlich hart treffen wird. Neun von zehn Unternehmen planen Preissteigerungen.

Mobilität und Digitalisierung standen inhaltlich im Mittelpunkt des Parlamentarischen Abends der Tourismuswirtschaft: Die notwendigen Investitionen in die digitale und Verkehrsinfrastruktur müssten genauso wie in die Erforschung und Produktion von E-Fuels sichergestellt werden.

Paris mobilisiert vor den Olympischen Spielen im kommenden Sommer gegen Betrug und Abzocke in Hotels, Restaurants und Cafés. Dazu sollen 10.000 Betriebe überprüft werden, kündigte das Wirtschaftsministerium in Paris an.

Der Bundeshaushalt 2024 wird, aller Voraussicht nach, nicht mehr in diesem Jahr vom Parlament beschlossen. Damit laufen die sieben Prozent Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie automatisch aus. Alle Präsidenten der DEHOGA-Landesverbände und des Bundes richten in einem Offenen Brief einen Appell an Olaf Scholz, an der einheitlichen Besteuerung von Essen mit sieben Prozent festzuhalten.

Patientinnen und Patienten können sich unter bestimmten Voraussetzungen künftig telefonisch von ihrer Arztpraxis krankschreiben lassen. Die Regelung gilt ab sofort, wie der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken mitteilte.

Nährwerte und Zusatzstoffe müssen vom 8. Dezember an auch auf Wein- und Sektflaschen zu finden sein - allerdings noch nicht sofort auf allen, wie es Winzer und Sekthersteller befürchtet hatten. In der EU-Verordnung gibt es eine Übergangsvorschrift.

Acht bis zehn Prozent mehr Geld empfiehlt die NGG ihren Tarifkommissionen als Forderung für die kommenden Tarifverhandlungen. Für die Beschäftigten im Gastgewerbe soll zudem ein monatlicher Lohn von mindestens 3.000 Euro anvisiert werden.

Die EU-Länder dürfen während einer Pandemie Reiseverbote in Hochrisikogebiete verhängen - ein solches Verbot müsse jedoch begründet sein und klare Vorschriften enthalten. Das teilten die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit.

Größere Arbeitgeber mit mindestens 250 Beschäftigten sind bereits seit dem Sommer verpflichtet, interne Meldestellen für sog. „Whistleblower“ einzurichten und zu betreiben. Ab dem 1. Dezember stellt ein Verstoß gegen diese Pflicht eine Ordnungswidrigkeit dar, die ein Bußgeld bis zu 20.000 Euro nach sich ziehen kann.