Corona-Hotspot Ischgl: Schadenersatz-Klagen gegen Österreich

| Tourismus Tourismus

Die Folgen des Coronavirus-Ausbruchs im Tiroler Skiort Ischgl haben zu ersten Schadenersatz-Klagen gegen die österreichischen Behörden geführt. Vier Musterklagen im Namen von Menschen, die sich im März in dem Tiroler Ort angesteckt haben sollen, liegen seit dieser Woche beim Landgericht Wien, wie das Gericht am Mittwoch bestätigte. Der Verbraucherschützer Peter Kolba, dessen Verein die Klagen eingebracht hat, wirft der Regierung in den entscheidenden Tagen Anfang März schweres Versagen vor.

Ischgl mit seinen Après-Ski-Bars gilt als Brennpunkt für die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich und Teilen Europas. Erste Hinweise auf Ansteckungen in Ischgl gab es bereits am 5. März. Erst am 13. März wurde über Ischgl die Quarantäne verhängt. Nach Angaben österreichischer Behörden waren zeitweise 40 Prozent aller Fälle im Inland auf Ischgl zurückzuführen. Auch viele deutsche Touristen haben sich nach ihrer Überzeugung in Ischgl angesteckt.

Bei dem Verein haben sich nach Kolbas Angaben mehr als 6000 Menschen aus 45 Ländern gemeldet, die sich in Ischgl angesteckt haben sollen. Dabei gehe es auch um 32 Todesfälle, 22 von ihnen aus Deutschland. In mehr als 1000 Fällen hat der Verein demnach die Vollmacht zu klagen. Die Klagen würden fallen gelassen, wenn die Regierung Fehler eingestehe und Schadenersatz anbiete, sagte Kolba.

Unter den ersten vier Muster-Fällen sind drei Deutsche sowie ein Österreicher, der nach dem Skiurlaub im April an Covid-19 starb. Die drei anderen, unter ihnen ein Geschäftsreisender, waren teils schwer erkrankt und könnten Dauerschäden behalten, hieß es. «Es sind nur die ersten Klagen, weitere werden folgen», kündigte Kolba an.

Bei den Amtshaftungsklagen gegen die Republik Österreich geht es um unterschiedliche Summen von bis zu 100 000 Euro, etwa für Schmerzensgeld und Kostenerstattung. Außerdem soll die Haftung für Folgeschäden geklärt werden. Erste Verhandlungen könnten im Frühjahr beginnen, mit einem Urteil wäre frühestens in ein bis zwei Jahren zu rechnen. Kolba fordert, auch Österreichs Kanzler Sebastian Kurz als Zeugen zu laden.

Der Verein wirft den Verantwortlichen vor, den Tourismusbetrieb im Tiroler Paznauntal mit den Orten Ischgl und Galtür trotz des grassierenden Virus nicht bereits zum Anreisetag 7. März beendet zu haben. Die Verkündung der Quarantäne am 13. März durch Bundeskanzler Kurz (ÖVP) habe für chaotische Zustände und Massenabreisen gesorgt, die zu weiteren Infektionen geführt haben sollen.

Der Kanzler hatte an dem Tag gegen 14 Uhr in einer Pressekonferenz gesagt, dass «ab sofort» Quarantäne gelte. Die Verordnung wurde rechtlich aber erst abends bei der Veröffentlichung am Schwarzen Brett der Gemeinden wirksam. «Er konnte diese Verordnungen nicht in Kraft setzen. Und das, was er gemacht hat, ist, er hat verraten, dass da was kommt und hat eine unmögliche Situation für die Polizei vor Ort geschaffen», sagte Kolba.

Obwohl nach der Verordnung Saisonarbeiter und Touristen aus Österreich zur Quarantäne im Tal bleiben mussten, reisten zahlreiche von ihnen am 13. März ab, teils in überfüllten Skibussen. Nur ein Viertel der rund 10 000 abgereisten Menschen habe ein Datenformular ausgefüllt.

Bei der Abreise in einem der Busse soll sich der Österreicher infiziert haben, der einige Wochen später starb. Seine Hinterbliebenen fordern 100 000 Euro Schadenersatz. Zwei schwer erkrankte Touristen aus Deutschland fordern Summen von 100 000 Euro und 75 000 Euro. Der vierte Mann, ein Sportwaren-Vertreter aus München, war den Angaben nach am 12. März nur tagsüber beruflich in Ischgl, besuchte weder Skilifte noch Lokale und soll sich dennoch angesteckt haben. Er fordert 12 000 Euro.

Zurück

Vielleicht auch interessant

Ob Silvester, Theater oder Yoga: Auf dem Times Square ist immer Programm. Vor 120 Jahren bekam die Kreuzung in Manhattan ihren Namen, inzwischen ist sie weltberühmt - aber bei New Yorkern unbeliebt.

Während der Corona-Pandemie waren kaum Kreuzfahrtschiffe auf den Meeren unterwegs. Nun ist die Branche wieder auf Wachstumskurs - und muss Wege finden, nachhaltiger zu werden.

Mecklenburg-Vorpommern ist im Ausland nicht als Top-Destination bekannt. Die Zahl der internationalen Urlaubsgäste ist überschaubar. Es gibt Ideen, wie sich das ändern könnte.

Von Rövershagen nach Kalifornien - der Erdbeeranbauer und Freizeitpark-Betreiber Karls plant den Sprung über den Atlantik und will in den USA ein Erlebnis-Dorf bauen. An einem besonderen Erdbeer-Ort.

Der am südlichsten gelegene Leuchtturm in Deutschland soll wieder zu einem Publikumsmagneten werden. Etwas mehr als ein Jahr lang war er geschlossen, weil Baumaßnahmen für den Brandschutz und den Arbeitsschutz notwendig waren.

American Express Global Business Travel wird seinen  großen Rivalen CWT für 570 Millionen Dollar übernehmen, nachdem die Vorstände beider Unternehmen der Transaktion zugestimmt haben. Durch die Übernahme schließen sich zwei der weltweit größten Unternehmen im Bereich Travel Management zusammen.

Franzosen, die scharenweise in den Schwarzwald reisen, um Joints zu rauchen? Das prophezeit der baden-württembergische Innenminister - und fordert weniger Cannabis-Vereine in Grenzregionen.

Statt Schlafsack unter dem Sternenhimmel erwartet die Camping-Urlauber ein Bett mit Lattenrost und Matratze, statt Stockbrot am Lagerfeuer ein Frühstückskörbchen mit Brötchen und Saft. Indoor-Camping heißt das Konzept des «Hafentraums» in Bremen, in einer ehemaligen Lagerhalle reihen sich elf Wohnwagen und Hütten aneinander.

Zu Beginn der Osterferien in zahlreichen Bundesländern drängt es die Menschen an die Küsten von Nord- und Ostsee. Auch norddeutsches Schmuddelwetter halte die ersten Osterurlauber kaum von einem Strandbesuch ab. Für die Ostertage hoffen die Touristiker aber auf freundlicheres Wetter.

Der Europa-Park wird seine neue Achterbahn «Voltron Nevera» am 26. April eröffnen. «Der Ansturm wird natürlich extrem sein», sagte Parkchef Roland Mack am Donnerstag im südbadischen Rust. Deutschlands größter Freizeitpark wird an diesem Samstag seine Tore zur Sommersaison öffnen.