Viele Skifahrer, kaum Köche: Winterparadiese vor großen Problemen

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Walter Veit führt durch den großen Keller seiner Ski-Hütte in Obertauern. Unzählige Liter Bier werden bereits seit Wochen im Keller gekühlt, sieben Lkw-Ladungen seien es, bis Ende Februar soll das reichen. Seit Anfang September bereitet Veit die «Mankei-Alm» und sein Hotel auf die Skisaison vor. Kopfzerbrechen macht ihm aber nicht der Getränkevorrat. Denn der Fachkräftemangel in den Skigebieten verschärft sich zusehends, vor allem an Köchen mangelt es. «Die Gäst' finden wir leichter als die Mitarbeiter», sagt Veit und bekennt: An Dienstleistungen muss bereits gespart werden.

Früher, so erzählt er, habe sein Personal die Zimmer «aufgebettet», während die Gäste beim Abendessen saßen. Alles fein herrichten, Bett aufschlagen, Vorhänge zuziehen, das Fernsehprogramm parat legen. Solche nicht zwingend notwendigen Services fallen inzwischen weg - immer mit dem Risiko, dass sich die Kunden beschweren. «Es gibt ja auch immer mehr Buffets», sagt Veit. Viele Kunden greifen gerne selbst zu - und der Hotelier kann so Personal sparen.

Probleme auch in Deutschland und der Schweiz

Das Problem des Fachkräftemangels ist bei den Hotels und Gastronomiebetrieben in Tirol allgegenwärtig, auch in Deutschland und der Schweiz gibt es bereits große Probleme in einigen Branchen. Hintergrund ist der demografische Wandel. Zudem gehen junge Leute immer öfter studieren, statt eine Lehre zu beginnen.

Laut einem Fachkräftemonitor fehlten in Tirol 2018 rund 11.000 Fachkräfte - und bis 2030 wird diese Zahl voraussichtlich auf 35.000 steigen, davon 9.600 im Bereich Tourismus und Freizeitwirtschaft. Hilfe etwas aus dem benachbarten Bayern ist nicht zu erwarten, dort wird die Zahl der fehlenden Fachkräfte von 2018 bis 2030 laut der IHK voraussichtlich von 260.000 auf 450.000 steigen. Laut Hotelier Veit kommen derzeit besonders viele Arbeiter aus Ungarn in die Skigebiete.

«Es kann sich niemand mehr von uns erlauben, einen Mitarbeiter schlecht zu behandeln», sagt Veit. Mitarbeiterhäuser mit Einzelzimmern seien inzwischen Standard, ein Mitbewerber biete jedem Angestellten sogar einen Parkplatz an. Doch das schlechte Image der Branche überdecke alles. «Das ist immer noch in vielen Köpfen, vor allem in denen der Lehrer. Die Schulen beeinflussen die jungen Leute sehr, etwa wenn es um das Thema Arbeiten am Wochenende geht», glaubt Veit. Wie kann die Zukunft für die Tourismus-Branche also aussehen?

Hoffen auf Ganzjahres-Tourismus

Der Tiroler Landtagsabgeordnete (Grüne) und Hotelier Georg Kaltschmid hofft auf einen Trend zum Ganzjahres-Tourismus. «Wir sollten lieber den schönen Herbst bewerben, als besonders früh auf den Schnee zu setzen», sagt der 39-Jährige, der in dritter Generation ein Hotel am Walchsee unweit der Grenze zu Deutschland betreibt. Am Resterkogel südlich von Kitzbühel wurde die Skisaison bereits Mitte Oktober eröffnet, bei sonnigem Wetter auf einem schmalen Streifen Schnee vom Vorjahr - und zum großen Ärger des Grünen-Politikers.

Kaltschmids Hotel beherbergt von Mai bis Ende Oktober und von Dezember bis März Gäste, sein Team besteht aus 13 Mitarbeiter. Im Ganzjahresbetrieb könnte er seine Mitarbeiter dauerhaft anstellen, was für sie wohl deutlich lukrativer und stabiler wäre.

Für Karin Lindner steckt das Problem vor allem in der fehlenden Betreuung von neuen Mitarbeitern aus dem Ausland. Gemeinsam mit drei Partnern hat sie daher eine private Initiative zum Kampf gegen den Mitarbeitermangel in Tirols Tourismus gestartet. Mit Scouts sollen potenzielle Arbeitskräfte in ihren Heimatländern gefunden und dann gut auf die anstehenden Aufgaben vorbereitet werden.

Trainingscamp für neue Mitarbeiter

«Es gibt immer wieder Menschen, die nach einer Saison in Deutschland oder Österreich vereinsamt und demotiviert in ihre Heimat zurückkehren», sagt Lindner. Bei ihrer Genossenschaft «Atract» sollen die Menschen zunächst ein 14-tägiges Trainingscamp besuchen. Auf dem Lehrplan stehen in dieser Zeit die österreichische Küche genauso wie Sprachunterricht und persönlichkeitsbildende Maßnahmen. Und vielleicht am Wichtigsten: Die Menschen können sich kennenlernen, untereinander vernetzen und bei «Atract»-Treffen regelmäßig wiedersehen.

«Für Unternehmen gibt es zudem ein Fairness-Programm, bevor sie einen Mitarbeiter kriegen», erklärt Lindner. Schwarze Schafe der Branche sollen von der Vermittlung, die vor allem darauf setzt, dass die neuen Mitarbeiter gerne und langfristig etwa in Tirol bleiben, nicht unterstützt werden. Ein erster Testlauf für die Trainingscamp startet im Dezember. Im Jahr 2020 will Lindner bis zu acht Camps mit 50 bis 60 Menschen etwa aus Spanien, der Slowakei oder Italien durchführen.

Hotelier Veit hat sein Team für den Winter bereits zusammen - sollte niemand mehr kurzfristig abspringen. Insgesamt werden sich 55 Mitarbeiter auf der Alm und im Hotel um das Wohl der Gäste kümmern. Die Buchungen seien bisher vielversprechend.
(dpa)


 

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