10 Gründe, an denen gute Unternehmensführung scheitert

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Unternehmen, die keine Innovationskraft entwickeln, versagen oft darin, Neues zu gestalten. Dabei ist bekannt: Jeder Fortschritt hängt von Menschen ab, die Bestehendes in Frage stellen – von Zebras mit Querstreifen. Doch immer häufiger ist unter Führungskräften die Spezies der Angsthasen anzutreffen. Gemeint sind diejenigen, die mit dem Strom schwimmen und ihre Meinung für sich behalten. Sie sind angepasst und fällen lieber keine Entscheidung als eine falsche. Schließlich wollen sie nicht verantwortlich sein, wenn etwas daneben geht. Der wirtschaftliche Schaden ist immens. Was läuft da schief? 

Befragt man Unternehmenschefs nach ihren Innovationsstrategien, so hört man häufig die Klage: „Wir brauchen mutigere Führungskräfte, die sich als Unternehmer im Unternehmen fühlen, um neue Ideen zu entwickeln“. Doch das ist leichter gesagt als getan. Wenn wir diese Unternehmer-Typen wirklich wollen, dann bedarf es einer Kultur, die Fehler und Kritik zulässt und innovative Querdenker fördert. In diesem Punkt haben die meisten Unternehmen jedoch in ihrer Betriebskultur erheblichen Entwicklungsbedarf. Tatsache ist: Kritisches Hinterfragen, Experimentierfreudigkeit, Innovation und Kreativität bleiben oft in den aus Angst und Sicherheitsbedürfnis aufgebauten Kontrollmechanismen hängen.

Der Ausweg aus diesem Dilemma: künftig müssten beim internen Führungsnachwuchs und bei der Suche nach Führungskräften vom externen Markt vermehrt mutige Querdenker und Leute mit ausgeprägtem Führungspotenzial im Mittelpunkt stehen. Es gilt, die schlimmsten Todsünden zu vermeiden, die echte Führungskräfte verhindern. Welche sind das? 10 Gründe, an denen gute Unternehmensführung scheitert 


Über den Autor Albrecht von Bonin

Albrecht von Bonin ist einer der profiliertesten Personalberater in der Hospitality Industry. Die Suche und Auswahl von Spitzenkräften, der Einsatz von Interim Managern sowie Management Coaching für Führungskräfte und Unternehmer – das sind die Kernkompetenzen, mit denen VON BONIN und die avb Management Consulting echte Mehrwerte bietet.

Mit seinem Fachbeiträgen bei Linkedin, die auf der Erfahrung von 40 Jahren Beratungspraxis fußen, erreicht von Bonin seit Jahren viele tausend Leser. Jetzt gibt es seine Beiträge auch bei Tageskarte.


10 Gründe, an denen gute Unternehmensführung scheitert 

1. Wir befördern nach Fachkompetenz statt nach Leadership

Bei den meisten Beförderungen waren hohe Fachkompetenz und Cultural Fit die ausschlaggebenden Auswahlkriterien. Zur Erinnerung: Der Begriff „Führungs-Kraft“ bedeutet, es ist ein Kraftaufwand, Menschen zu führen. Wir suchen also Köpfe, die vor allem stark genug sind, Leistung vorzuleben, Menschen Orientierung zu geben, auf Ziele einzuschwören, zu fördern und zu fordern. Doch meist genießen diese Leadership Kompetenzen bei der Auswahl von Führungskräften die geringste Bedeutung. Es gilt mehrheitlich das Motto: „Der ist fachlich gut. Dann kann er auch führen“. Wie schwerwiegend dieser Irrtum ist, zeigt sich oft erst, wenn der neue Manager durch eigenes Fehlverhalten das Team „verbrannt“ hat. Schlimmer noch: Oft rechtfertigt die Unternehmensleitung ihre Fehlentscheidung und deren Auswirkungen dann lapidar als Kollateralschäden.

2. Wir definieren nicht konkret: Was ist unsere Führungskultur

Dort wo schlechte Leistungen erbracht, Ziele nicht erreicht werden oder der Betriebsfrieden gestört ist, mangelt es nicht selten an einem klaren Verständnis der Führenden, welche Spielregeln für den Umgang mit Mitarbeitern gelten sollen. Mal ehrlich – gibt es bei Ihnen einen Code of Conduct für die Führungsmannschaft? Ein Commitment aller für wertschätzendes, partnerschaftliches, offenes und förderndes Miteinander? Und für den Umgang mit Fehlern? Werden Verstöße gegen diese Regeln sanktioniert? Gibt es eine neutrale Instanz im Unternehmen, die überwacht, dass Führungsleitlinien nicht nur in Absichtserklärungen verkündet, sondern auch täglich konsequent gelebt werden? Oder werden Mistkerle geduldet, nur weil ihre Zahlen stimmen?

3. Wir reden nicht Tacheles

Ob nach oben, zur Seite oder nach unten. Wir diskutieren, informieren, motivieren und kritisieren nicht genug. Oftmals lässt die Unternehmenskultur oder der Chef Klartext gar nicht zu. Insbesondere junge Führungskräfte haben daher oft Angst, Flagge zu zeigen. Ihr offenes Wort könnte ja den Kopf kosten. Die Folge: sie beziehen ihre Leute nicht ein, entwickeln Strategien einsam im Elfenbeinturm – ohne das Team oder Kollegen zu involvieren, setzen vollmundig angekündigte Veränderungen nicht konsequent um. Sie verzichten auf klare Ansage, was sie tun werden, und tun nicht, was sie gesagt haben. Wenn es am ehrlichen, offenen Feedback oder Coaching für das Führungsteam mangelt – und das ist nicht selten der Fall – brauchen wir uns nicht zu wundern, dass es Managern oft an zwei essenziellen Kompetenzen mangelt: Klarheit und Courage. Stattdessen gehen sie kein Risiko ein, sich mit ihren Äußerungen unbeliebt zu machen. Mit der Absicht, stets Everybody’s Darling zu sein, glauben sie erfolgreich und authentisch zu führen. Sie sagen nicht mutig, was sie denken, und formulieren schwammig, was sie wollen. Worte wie „man“, „würde“, „hätte“, „könnte“, sollte“ und andere unverbindliche Worthülsen gehören zum Vokabular dieser Angsthasen. Damit produzieren sie ein Heer von weich gespülten Mit-Läufern, Befehlsempfängern und Checklisten-Abarbeitern – aber keine Innovatoren.

4. Wir ermutigen nicht zum Experimentieren

Nur wer sich traut zu experimentieren, entdeckt dabei Neues. Ist der Wunsch nach Innovation wirklich ernst gemeint, gehört auch die Akzeptanz des Scheiterns dazu. Wie kann man solche Misserfolge rechtfertigen? Wie häufig kann man sich Flops erlauben, bis es heißt: „Den hat das Glück verlassen“. Oder: „Der ist inkompetent“. Davor haben feige Chefs Angst. Sie schwimmen lieber mit dem Strom und behalten ihre Meinung für sich. Wollen wir das verhindern, müssen wir eine neue Fehlerkultur etablieren: „Bitte mache Fehler (denn aus Fehlern lernt man) – aber bitte jeden Fehler nur einmal“. Dort wo die Unternehmensleitung aus Mut-Machern besteht, zeigt sich: Die Anzahl der Fehler ist stets geringer als die Zahl der Erfolge. Denn Bestrafung schafft Ängste. Mut zum Experiment beflügelt.

 

5.  Wir fragen nicht und hören nicht zu

Natürlich weiß die Unternehmensleitung, dass man die richtigen Fragen stellen muss, um wichtige Antworten zu erhalten. Das ist eine der bedeutendsten Kompetenzen für gute Führung. Nicht umsonst heißt es: „Wer fragt, führt“. Besser sollte es heißen: „Wer führt, fragt – und hört zu“. Doch je seltener die Unternehmensleitung ihre Manager nach ihren Vorstellungen fragt, umso weniger fragen die ihre Leute. Dann müssten sie ja zuhören. Und diese Kunst beherrschen die wenigsten Chefs. Dabei könnten wir mit Fragen wie den folgenden unsere Mitarbeiter einbeziehen, wertschätzen und herausfinden, was sie denken und verstanden haben: „Was halten Sie von…?“, „Was geht Ihnen dazu durch den Kopf?“, „Was spricht aus Ihrer Sicht dafür / dagegen?“, „Welche Informationen fehlen Ihnen noch?“ Die Antworten darauf könnten wertvolle Potentiale zutage bringen. Und bei der Auswahl von Führungskräften? „Mit was waren Sie an Ihrem letzten Arbeitsplatz nicht zufrieden? Was haben Sie dagegen getan?“ Hier suchen wir nach Leuten, die für ihre Ideen gekämpft und Allianzen gebildet haben, um Dinge zu verändern. Nach Leuten, die nicht nur einmal mit geradem Rücken ihre Stimme erhoben haben, damit ihre Meinung gehört wurde. „Welche Ihrer besten Ideen wurden im Betrieb umgesetzt? Gegen welche Widerstände? Mit welchen Argumenten, welchem Erfolg?“

6. Wir halten nicht, was wir versprechen

Wir sorgen nicht dafür, dass (besonders junge) Führungskräfte uns vertrauen. In Vorstellungsgesprächen versprechen wir z. B., wie intensiv wir uns um ihre Einarbeitung kümmern werden. Bereits beim Start entpuppt sich das aber schon als „heiße Luft“. Kein Steigbügelhalter weit und breit in Sicht. Keine Einarbeitung, keine Integrationsunterstützung. Wenn sie bereits am Anfang die Erfahrung machen, sich nicht auf das verlassen zu können, was die Unternehmensleitung verkündet, dann leiden Vertrauen und Miteinander nachhaltig. „Die da oben“ werden zu „Sprücheklopfern“. Nicht selten ist die Folge, dass Führungskräfte diesen Stil übernehmen. Daraus entstehen Abkehr, Widerstand, Vertrauensverlust, Angst, innere Kündigung bei ihren Mitarbeitern. Deren Vertrauen zu gewinnen dauert bekanntlich oft Monate oder sogar Jahre – es zu verlieren, häufig nur wenige Sekunden.

7. Wir positionieren uns nicht klar genug

Zu selten betonen wir, dass wir keine Angsthasen im Führungsteam wollen. Der Grund dafür: Angsthasen zeigen keine Haltung. Wen wundert’s, wenn die Mitarbeiter dadurch den Halt verlieren. Für das Team ist es von großer Bedeutung, in ihrem Vorgesetzten Orientierung zu finden. Im Gegensatz zu weich gespülten Feiglingen sorgen echte Führungskräfte dafür, dass ihre Mitarbeiter wissen, wie sie zu welchen Entscheidungen und Themen stehen. Wie die Geschäftsleitung auch positionieren sie sich eindeutig. Sie zeigen Wertschätzung und Anerkennung für gute Leistungen. Sie sind aber auch unbequem. Das heißt, Mitarbeiter zu fordern, sie aus ihrer Komfortzone zu locken, ihnen zu zeigen, welche Leistung von ihnen erwartet wird, und sie zu kritisieren, wenn die Leistung ausbleibt. Nur so können Führungskräfte ihren Mitarbeitern bei der Weiterentwicklung helfen.

8. Wir machen uns nicht angreifbar!

Wir lassen zu, dass viele Manager aus Angst vor Blessuren mit dem Mainstream gehen. Sie wollen sich nicht in die ständige Auseinandersetzung mit Mitarbeitern und Vorgesetzten begeben. Das wäre für sie unbequem. Aber nicht mutig und innovativ. Sie bleiben stattdessen handzahm und pflegeleicht - eben nicht angreifbar. Sie zeigen wenig Bereitschaft, die eigene Meinung zu vertreten, wenn diese nicht den allgemeinen Erwartungen entspricht. Dabei könnten sie damit genau diese „quergestreiften Zebras“ sein, die später als mutige Führungskräfte und Vorreiter für neue Wege hervortreten. Und das sind doch genau die Manager, die wir brauchen, um den Laden vorwärts zu entwickeln, oder?

9. Wir vermeiden unpopuläre Entscheidungen

Zugegeben - es ist gut, von Mitarbeitern gemocht zu werden. Aber es ist fatal, davon abhängig zu sein – darüber sind sich die meisten Unternehmenslenker nicht bewusst. Stattdessen erziehen sie mit ihrer Dominanz („Wo ich bin, ist oben“) schwache Manager, die jedes Risiko scheuen, sich durch ihre Entscheidungen auch mal unbeliebt zu machen. „Wenn der Alte es so haben will, dann kriegt er es so“. Wenn sie stattdessen ihre Entscheidungen mit Mut und Überzeugung treffen würden, dann gäbe ihnen der Erfolg am Ende häufig recht. Denn: Erfolg darf zulasten der Stimmung gehen, die Stimmung aber niemals zulasten des Erfolgs.

10. Wir sind nicht offen und ehrlich

Ehrlichkeit und Offenheit stehen selten auf der Agenda von Unternehmen. Stattdessen lieben sie den Eiertanz. Ihr Motto lautet eher: „Wer hundertprozentig offen ist, ist nicht ganz dicht“. Dabei sind Offenheit und Ehrlichkeit die tragenden Säulen der Beziehung zwischen Unternehmensleitung, Führungskräften und Mitarbeitern. Manchmal führen sie zu konstruktiver Reibung und Konfrontation, aber sie stoßen Veränderungen an und beleben die Innovationskraft. Die passende Balance dafür zu finden, sollte der Anspruch guter Unternehmensführung und echter Führungskräfte sein: „Alles, was ich sage, muss wahr sein, aber nicht alles, was wahr ist, muss ich sagen.“

Zum Schluss ein Lichtblick: In vielen Unternehmen reift inzwischen die Erkenntnis: Wer mit Angst regiert, ist kein guter Unternehmenslenker. Wer unter Angst leidet und führen soll, taugt nicht zum Manager – erst recht nicht zum „Unternehmer im Unternehmen“. Die Zukunft gehört also denen, die Risiken als Chance betrachten und ihre Leute angstfrei arbeiten lassen. Das Fazit daraus: Wenn dieses Credo kein Lippenbekenntnis sein soll, dann müssen wir Führungskräfte und Mitarbeiter danach auswählen. Dann brauchen wir nicht die Nick-Auguste, Duckmäuser und Ja-Sager, sondern Leute, die mutig nach ihrer Überzeugung handeln. Zugegeben – das ist nicht immer der bequemste Weg. Aber das sind dann die Menschen, die wirklich etwas unternehmen im Unternehmen. Sagen wir also unserem inneren Angsthasen den Kampf an und öffnen uns dafür, nur mutigen Menschen anspruchsvolle Führungsaufgaben zu übertragen.


Autor

Albrecht von Bonin

avb Management Consulting

www.avb-consulting.de

VON BONIN + PARTNER Personalberatung

www.von-bonin.de


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine wachsende Zahl von Unternehmen in Deutschland klagt über fehlende Aufträge. Das betrifft sowohl die Industrie als auch den Dienstleistungssektor, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag meldete.

Bei manchen Arbeitgebern gibt es für bestimmte Anlässe bezahlten Sonderurlaub - etwa für den Tag, wenn Beschäftigte Vater werden. Aber: Dürfen Arbeitgeber diese Möglichkeit einfach ausschließen?

Originelle Lösungen müssen her. Doch niemandem fällt etwas ein? Warum die Kaffeeküche häufig überschätzt wird - und unter welchen Bedingungen Brainstorming tatsächlich funktionieren kann.

Sie heißen Krapfen, Berliner, Pfannkuchen und so weiter: gefüllte Hefeteilchen, die in Fett ausgebacken werden. In der Karnevalszeit gehen wieder Millionen von ihnen über die Theken. Aber welchen Begriff im Deutschen benutzen die meisten der etwa 90 Millionen Muttersprachler?

So wenig Bier wie im Jahr 2023 haben die deutschen Brauer seit der Wiedervereinigung noch nie verkauft. Höhere Preise sind nur schwer durchsetzbar. Doch die wirklichen Probleme kommen erst noch.

Der Bierabsatz ist im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 4,5 Prozent oder 394,2 Millionen Liter gesunken. Auch bei Biermischungen war im vergangenen Jahr ein Absatzrückgang zu verzeichnen.

Der Mineralwasserkonsum ist in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Die bundesweit knapp 160 Mineralbrunnen setzten 2023 insgesamt 9,6 Milliarden Liter Mineralwasser und Heilwasser - ein Rückgang um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Am Freitag kann es im Nahverkehr ruckeln: Für den Tag sind nahezu bundesweit Warnstreiks angekündigt. Was heißt das für Beschäftigte, die Probleme haben, auf dem üblichen Weg zur Arbeit zu kommen?

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Januar wieder gestiegen. Das ist nicht ungewöhnlich für die Jahreszeit. Die Entwicklung bestätigt aber den jüngsten Trend: Es wird schwerer, einen Job zu finden.

Die wirtschaftliche Großwetterlage bleibt dem IWF zufolge rau, das gilt besonders für Deutschland. Immerhin: Ein Ende des Abschwungs zeichnet sich ab.