Bildungsstudie: Sachsen wieder top, Berlin wieder flop

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Sachsen steht im Vergleich der Bundesländer bei der Bildung weiterhin an der Spitze. Das geht aus dem «Bildungsmonitor 2019» hervor, den die wirtschaftsnahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) am Donnerstag in Berlin vorgelegt hat. Der Freistaat landete im jährlichen Länderranking zum 14. Mal in Folge auf Platz eins. Dahinter folgen Bayern und Thüringen.

Schlusslicht im Bildungsvergleich ist Berlin. Im vorigen Jahr war es Bremen, das nun auf dem drittletzten Platz landet. Nach Angaben der INSM schneiden die Letztplatzierten im Ranking Nordrhein-Westfalen, Bremen und Brandenburg «nur marginal besser» ab als Berlin. «Die Schlusslichter setzen die falschen Prioritäten, experimentieren herum, kümmern sich nicht genug um die Schwächsten», kritisierte INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr am Donnerstag in Berlin deren Bildungspolitik. Die Länder an der Spitze verfolgten dagegen seit Jahren eine kontinuierliche Bildungsstrategie.

Im «Bildungsmonitor» werden die 16 Bundesländer anhand von 93 Indikatoren miteinander verglichen. Dabei wird jährlich analysiert, «wie erfolgreich jedes Bundesland sein Bildungssystem so ausgestaltet, dass daraus optimale Wachstums- und Beschäftigungsimpulse entstehen», heißt es bei der INSM. Untersucht wird zum Beispiel, wie viel Geld ein Bundesland pro Schüler ausgibt, wie das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern oder wie hoch der Anteil jüngerer Lehrer ist. Verglichen werden auch die Schul- und Azubiabbrecherquoten und Testergebnisse in Lesen und Mathe. Die INSM wird nach eigenen Angaben von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektro-Industrie finanziert.

Den Sieger Sachsen loben die Autoren unter anderem dafür, dass viele Kinder in Kindergärten und Grundschulen ganztags betreut würden, dass nur wenige Schüler nicht die Mindeststandards in Mathe oder Lesen erreichten und dass an sächsischen Hochschulen viele Ingenieure und Akademiker in Mathe und Naturwissenschaften ausgebildet würden. Beim Tabellenletzten Berlin bemängelt die Studie ein zu geringes Angebot an Lehrstellen und einen zu hohen Anteil an Schulabbrechern. «In der Hauptstadt ist der Anteil der Schulabbrecher insgesamt, und vor allem der ausländischen Schulabbrecher, erschreckend hoch», sagte Pellengahr bei der Vorstellung des «Bildungsmonitors».

Wie immer werden die Ergebnisse in den Spitzenländern bejubelt, während bei den Verlierern nach Erklärungen gesucht wird. Die sächsische Staatskanzlei schrieb am Donnerstag auf dem Twitter-Account von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): «Klassenbester in Deutschland. Sachsen hat im Bildungsmonitor (...) wieder den ersten Platz verteidigt.» Damit das so bleibe, investiere man weiter in Bildung, stärke die Oberschulen, fördere den Schulhausbau und schaffe finanzielle Anreize der Verbeamtung.

Für Schlusslicht Berlin teilte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) mit: «Bei uns wächst jedes dritte Kind in Armut auf. Das ist nicht nur sozial ungerecht, das sind auch für die Schulen schwierige Rahmenbedingungen.» Der neue Bildungsmonitor benenne das auch und würdige auch Fortschritte. «Die Richtung stimmt, das Tempo noch nicht.»

Eines der größten Probleme ist laut «Bildungsmonitor» die gestiegene Schulabbrecherquote in Deutschland. Innerhalb eines Jahres sei diese von 5,7 Prozent im Jahr 2016 auf 6,3 Prozent im Jahr 2017 gestiegen (neuere Vergleichszahlen liegen noch nicht vor) - unter Ausländern habe es sogar einen Anstieg von 14,2 auf 18,1 Prozent gegeben. «Dieser Fehlentwicklung dürfen die zuständigen Politiker in Bund und Ländern nicht tatenlos zusehen», sagte Pellengahr. Er forderte eine Stärkung der Sprachförderung an Kitas, einen weiteren Ausbau von Ganztagsschulen und mehr Vergleichsarbeiten an Schulen.

Zudem spricht sich die Initiative für ein Schulfach Wirtschaft in allen Bundesländern aus. «Wer lernt, Gedichte zu interpretieren, sollte auch den eigenen Handyvertrag verstehen. Das ist kein Widerspruch», sagte Pellengahr.

Der Vorsitzende des Bildungsausschusses des Bundestages, Ernst Dieter Rossmann (SPD), sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Bildungsmonitor gebe sinnvolle Hinweise, insbesondere aus Sicht der Wirtschaft. «Der Anstieg der Schulabbrecherquote von 5,7 auf 6,3 Prozent ist eine besondere Herausforderung und zugleich ein Warnsignal.»

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Thomas Sattelberger, sagte: «Die tollen Ergebnisse für Sachsen und Bayern verblassen angesichts der erschreckend stark gestiegenen Schulabbrecherquote, vor allem im Osten Deutschlands.» Sattelberger sprach von einem «Armutszeugnis» für die Kultusminister in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Sachsen-Anhalt. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Abschalten und die Arbeitswelt hinter sich lassen: Das steht allen Beschäftigten zu. Aber was, wenn sie dennoch ständig in ihrer Freizeit kontaktiert werden?

Die Aufgaben sind interessant, die Mitarbeiter sympathisch, der Chef fair - eigentlich passt alles im aktuellen Job. Nur das Gehalt könnte höher sein. Sind Scheinbewerbungen da ein cleverer Schachzug?

Viele Beschäftigte freuen sich nach der Arbeit auf den Feierabend, aufs Wochenende oder auf den Urlaub. Doch immer wieder kommt es vor, dass sie dabei vom Joballtag eingeholt werden, weil Anrufe oder Mails aus der Firma kommen. Was gilt da eigentlich rechtlich?

In dieser Woche streiken GDL und Ver.di. Davon ist nicht nur der Fernverkehr betroffen. Auch die S-Bahn in Berlin wird von dem Betroffen sein. Die Messe informiert, wie Gäste trotzdem auf die ITB kommen.

Läuft ein befristeter Vertrag aus, ist es für Beschäftigte wichtig, möglichst bald im Anschluss eine neue Anstellung zu finden. Aber wann haben sie eigentlich Zeit für Bewerbungsgespräche?

Wie wichtig das Thema ZUHÖREN beim Führen von Mitarbeiter, in Meetings, aber auch im Umgang mit Gästen, Kunden und Lieferanten ist, zeigt sich besonders deutlich bei Führungskräften und im Vertrieb. Doch es scheint, als fehle oft das aufrichtige Interesse am Gegenüber. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Die Konjunktur bleibt schwach, die Spuren auf dem Arbeitsmarkt werden deutlicher. Die Zahl der Arbeitslosen steigt, auch Anzeichen für mehr Kurzarbeit sind zu sehen.

Coronahilfen haben in der Pandemie viele Firmen vor der Pleite bewahrt. Die sind ausgelaufen. Zugleich haben sich die Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert - mit Folgen für das Insolvenzgeschehen. Dazu trug auch das Gastgewerbe wesentlich mit bei.

Ab April soll Cannabis kontrolliert freigegeben werden. Was heißt das für den Job - darf man die Droge in der Mittagspause konsumieren? Und was ist mit dem Joint nach Feierabend? Ein Anwalt gibt Antworten.

Hohe Mieten in deutschen Großstädten sind einer Studie zufolge eine Hürde für Unternehmen im Ringen um Fachkräfte. Das geht so weit, dass ein Drittel über einen Jobwechsel wegen hoher Mieten nachdenkt - eine kleine Minderheit zieht tatsächlich deswegen um.