Coronavirus: Reisebranche zwischen Hoffen und Bangen

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Die Tourismusbranche bekommt die Folgen der Coronakrise zunehmend zu spüren. Abschreiben wollen die Reiseprofis das Jahr aber noch nicht. Der Präsident des Branchenverbandes DRV berichtete am Donnerstag in Frankfurt von zunehmender Verunsicherung von Kunden und einem erhöhten Beratungsbedarf. Insbesondere bei Trips nach Asien gebe es eine «gewisse Buchungszurückhaltung», sagte Norbert Fiebig wenige Tagen vor dem Start der Reisemesse ITB in Berlin (4.- 8. März), deren Ausrichtung aktuell ungewiss ist. Die Branche hofft, dass Buchungen später mit einem starken Last-Minute-Geschäft nachgeholt werden.

Fiebig zufolge sind die Menschen in Deutschland grundsätzlich in Urlaubslaune. «Je länger die Krise anhält, desto stärker wird die Reisebranche aber betroffen sein», sagte er. Prognosen zur Entwicklung von Umsatz und Buchungen seien derzeit nicht möglich. «Ich persönlich rechne nicht mit einer katastrophalen Entwicklung, so dass keiner mehr in den Urlaub fährt», sagte Fiebig. Er sei grundsätzlich zuversichtlich, «dass wir ein ordentliches Jahr hinlegen».

Bislang ist das Geschäft mit den schönsten Wochen des Jahres allerdings eher zögerlich angelaufen. Die Buchungen für die traditionell umsatzstarke Sommersaison lagen den Angaben zufolge bis Ende Januar zusammengerechnet um drei Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. «Die Zahlen zeigen: Die Lücke, die Thomas Cook im Markt gerissen hat, ist noch nicht vollständig ausgefüllt», sagte Fiebig. Die deutsche Thomas Cook hatte nach der britischen Mutter Ende September 2019 Insolvenz angemeldet. Zehntausende Urlauber waren betroffen.

Winter 2019/2020 und Sommer 2020 zusammengenommen zeigen die Buchungen aktuell ebenfalls ein Minus von drei Prozent. Hoffnungen machen der Branche die im Januar gestiegenen Buchungen für den Sommer - trotz Bekanntwerden des Virus Sars-CoV-2 in China Mitte Januar.

In einigen Fällen ziehen allerdings die Reiseveranstalter selbst wegen des Coronavirus die Reißleine: Angesichts der Epidemie im Iran teilte etwa der Reiseanbieter Studiosus auf seiner Internetseite mit, dass alle bis Ende April bestehenden Iran-Reisen abgesagt wurden. Hier kommen jedoch auch die jüngsten militärischen Spannungen als Hindernis hinzu.

Auch dem Tourismus in Deutschland könnte die Coronavirus-Krise einen Dämpfer verpassen. Die Epidemie könnte zu einem Rückgang der Übernachtungszahlen ausländischer Reisender um bis zu einem Prozentpunkt in diesem Jahr führen, hatte die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) jüngst erklärt. Welche Folgen die aktuelle Ausbreitung in Europa hat, lässt sich der DZT zufolge derzeit noch nicht absehen.

Im vergangenen Jahr hatten Hotels, Pensionen und andere Unterkünfte zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen den zehnten Übernachtungsrekord in Folge verbucht.

Ungewiss ist aktuell auch, ob die weltgrößte Tourismusmesse in Berlin stattfindet. Der Krisenstab des Bundesgesundheits- und des Bundesinnenministeriums will sich an diesem Freitag unter anderem mit den Auswirkungen des Corona-Ausbruchs auf die ITB befassen. Abgewogen werden müssten Gesundheitsschutz und wirtschaftliche Interessen, sagte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag.

Das meistgebuchte Sommerziel bei Veranstalterreisen, auf die Sonnenhungrige traditionell bei Urlauben im Ausland setzen, ist in diesem Jahr dem DRV zufolge bislang wieder Griechenland, gefolgt von der Türkei. Auf den Rängen drei und vier folgen die Balearen und die Kanaren, auf fünf Ägypten. Spanien insgesamt betrachtet bleibe aber wie seit Jahren die unangefochtene Nummer eins - trotz aktueller Rückgänge für die bevorstehende Sommersaison.

Im vergangenen Reisejahr verlor die Branche, die auch mit der Insolvenz der Fluggesellschaft Germania zu kämpfen hatte, an Tempo. Die Ausgaben für Urlaubs- und Privattrips stiegen den Angaben zufolge um 3,6 Prozent auf 98,1 Milliarden Euro. Vorab gebucht wurden dabei Leistungen im Wert von 69,5 Milliarden Euro (plus 3,6 Prozent).

Der Umsatz mit organisierten Reisen - also Pauschal- und Bausteinangeboten - stieg nach dem starken Vorjahr aber nur leicht um ein Prozent auf 35,4 Milliarden Euro. Das Wachstum kam vor allem von Kreuzfahrten, die um 7 Prozent zulegten. Die Umsätze in den Reisebüros sanken um rund drei Prozent auf 23,7 Milliarden Euro.

Die Bedeutung von selbstorganisierten Reisen wuchs dagegen. Urlauber buchen dabei keine Komplett-Pakete bei Veranstaltern, sondern einzelne Bestandteile bei Fluggesellschaften, Bahn-, Hotels und Mietwagenanbietern sowie auf Produktportalen. Insgesamt lagen diese Ausgaben im vergangenen Jahr bei 34 Milliarden Euro. «Auch wenn die selbstorganisierte Reise weiter wächst, ist die Pauschalreise im vergangenen Jahr wieder die beliebteste Reiseform der Deutschen», sagte Fiebig.

Friederike Marx, dpa


 

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