Dramatischer Wettlauf mit der Zeit - Wirtschaft braucht schnell Hilfe

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Der Bäcker an der Ecke, die Stammkneipe oder der Malermeister - viele kleine Betriebe ringen gerade um ihre Existenz. In der Corona-Krise sind Aufträge und Umsätze binnen kürzester Zeit weggebrochen, Kosten wie Mieten und Strom aber müssen weiter bezahlt werden. Zwar begrüßen Wirtschaftsverbände am Montag die milliardenschweren Hilfspakete der Bundesregierung - das Geld müsse aber nun möglichst schnell und unbürokratisch fließen, damit nicht eigentlich gesunde Firmen in schwere Finanznöte geraten. DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagte: «Für viele Betriebe läuft die Krisenuhr schneller als politische Entscheidungen.»

Viele Läden mussten dicht machen, Fabriken können nicht mehr produzieren. Dazu kommen neue drastische Beschränkungen im öffentlichen Leben, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Das Bundeskabinett brachte am Montag deswegen Notprogramme auf den Weg - um Firmen und Jobs zu schützen und einen «Ausverkauf» deutscher Unternehmen ins Ausland zu verhindern. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, durch die Pandemie dürften die Wirtschaftsstrukturen in Deutschland nicht nachhaltig beschädigt werden. Ein Überblick:

HILFEN FÜR KLEINE FIRMEN:

Kleinstfirmen, Solo-Selbstständige und Angehörige freier Berufe, die keine Kredite erhalten und nicht über Sicherheiten verfügen, sollen direkte Zuschüsse bekommen. Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten bekommen eine Einmalzahlung von 9000 Euro für drei Monate, Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten 15 000 Euro. Bundestag und Bundesrat sollen noch diese Woche zustimmen, das Geld soll dann möglichst bald bei den Betroffenen ankommen - damit diese laufende Kosten begleichen können. Dazu ist auch eine Bund-Länder-Vereinbarung geplant. Das Paket hat insgesamt ein Volumen von bis 50 Milliarden Euro.

Das von Kabinett beschlossene Gesetzespaket sieht zudem vor, dass Vermieter ihren Mietern nicht mehr kündigen dürfen, wenn diese wegen der Corona-Krise ihre Miete nicht zahlen können. Das gilt auch für kleine Läden. Kleine Unternehmen können auch bei anderen Zahlungen Aufschübe bekommen. Zugleich wird das Insolvenzrecht gelockert.

SCHUTZSCHIRM FÜR GROSSUNTERNEHMEN:

Größere Unternehmen ab 250 Mitarbeitern oder mit hohen Umsatzerlösen sollen unter einen Schutzschirm schlüpfen können: Sie sollen mit Kapital und Garantien gestärkt werden, dafür plant die Bundesregierung 500 Milliarden Euro ein. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) versicherte: «Mit dem Fonds verschaffen wir uns die nötige Finanzkraft, unsere Volkswirtschaft, Arbeitsplätze und große deutsche Unternehmen zu schützen.» Notfalls werde der Staat Firmen damit auch teilweise oder ganz übernehmen, sagte Altmaier. Wenn Unternehmen größere Bedeutung für das Land hätten, verfüge die Regierung über den geeigneten Instrumentenkasten - allerdings werde die Bundesregierung sehr sorgfältig damit umgehen.

NACHBESSERUNGEN BEI NOTKREDITEN:

Mit der unbegrenzten «Feuerkraft» des Staates sollen Unternehmen mit Notkrediten versorgt haben. Ein Sonderprogramm der staatlichen Förderbank KfW ging an den Start. Damit soll über die Hausbanken Liquidität gesichert werden. Die KfW und damit der Staat haftet nun mit bis zu 90 Prozent statt wie zuvor geplant 80 Prozent bei Betriebsmitteln und Investitionen. Banken und Sparkassen rechnen mit einer Flut von Kreditanträgen und sagen eine schnelle Bearbeitung zu, erste Kredite seien bereits ausgezahlt worden.

DIE SKEPSIS DER UNTERNEHMEN:

Es ist gut, dass die Bundesregierung handelt - aber die große Frage ist, wie schnell und unbürokratisch die Hilfen nun ankommen. Das ist knapp zusammengefasst der Tenor in den Reaktionen der Wirtschaftsverbände. «Das Wasser steht vielen Unternehmen bis zum Hals. Es kommt auf jeden Tag an», sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Joachim Lang.

DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagte, die Hilfsgelder müssten noch im März fließen und zugleich auch Steuerstundungen wirken. Er kritisierte, dass es bei den Kreditprogrammen weiter eine Haftung der Kreditinstitute und Hausbanken vor Ort von 10 bis 20 Prozent gebe. «Angesichts der völligen Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Krise kann aber kein gewerbliches Unternehmen verlässliche Planungen vorlegen – dann aber dürfen die Banken keinen Kredit geben. Aus dieser Falle kommen wir nur durch eine temporäre 100-Prozent-Haftung des Staates heraus.» Es drohe sonst eine Pleitewelle.

«Soforthilfe ist das Gebot der Stunde - und absolut wörtlich zu nehmen», sagte Wolfgang Ewer, Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe. Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hieß es, die Folgen der Corona-Pandemie seien verheerend. «Selbst gut aufgestellte Firmen sagen, dass sie das vielleicht zwei Monate durchhalten, länger nicht», sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges. Hilfen müssten schnell und unbürokratisch fließen.

Auch das Kurzarbeitergeld müsse schnell ausgezahlt werden. «Es gibt einen Antragsstau. Wenn bis Ende März die Anträge von der Bundesagentur für Arbeit nicht bearbeitet werden können, muss es Abschlagszahlungen geben.» Die Bundesregierung hatte ein erweitertes Kurzarbeitergeld beschlossen, mehr Firmen können dies nun beantragen.

Von Andreas Hoenig, Theresa Münch und André Stahl, dpa


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Bei manchen Arbeitgebern gibt es für bestimmte Anlässe bezahlten Sonderurlaub - etwa für den Tag, wenn Beschäftigte Vater werden. Aber: Dürfen Arbeitgeber diese Möglichkeit einfach ausschließen?

Originelle Lösungen müssen her. Doch niemandem fällt etwas ein? Warum die Kaffeeküche häufig überschätzt wird - und unter welchen Bedingungen Brainstorming tatsächlich funktionieren kann.

Sie heißen Krapfen, Berliner, Pfannkuchen und so weiter: gefüllte Hefeteilchen, die in Fett ausgebacken werden. In der Karnevalszeit gehen wieder Millionen von ihnen über die Theken. Aber welchen Begriff im Deutschen benutzen die meisten der etwa 90 Millionen Muttersprachler?

So wenig Bier wie im Jahr 2023 haben die deutschen Brauer seit der Wiedervereinigung noch nie verkauft. Höhere Preise sind nur schwer durchsetzbar. Doch die wirklichen Probleme kommen erst noch.

Der Bierabsatz ist im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr um 4,5 Prozent oder 394,2 Millionen Liter gesunken. Auch bei Biermischungen war im vergangenen Jahr ein Absatzrückgang zu verzeichnen.

Der Mineralwasserkonsum ist in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Die bundesweit knapp 160 Mineralbrunnen setzten 2023 insgesamt 9,6 Milliarden Liter Mineralwasser und Heilwasser - ein Rückgang um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Am Freitag kann es im Nahverkehr ruckeln: Für den Tag sind nahezu bundesweit Warnstreiks angekündigt. Was heißt das für Beschäftigte, die Probleme haben, auf dem üblichen Weg zur Arbeit zu kommen?

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Januar wieder gestiegen. Das ist nicht ungewöhnlich für die Jahreszeit. Die Entwicklung bestätigt aber den jüngsten Trend: Es wird schwerer, einen Job zu finden.

Die wirtschaftliche Großwetterlage bleibt dem IWF zufolge rau, das gilt besonders für Deutschland. Immerhin: Ein Ende des Abschwungs zeichnet sich ab.

Trotz der Mehrweg-Angebotspflicht für Essen zum Mitnehmen haben 47 Prozent der Menschen in Deutschland bisher noch keine Mehrwegverpackung genutzt. Große Unterschiede gab es zwischen den verschiedenen Altersgruppen.