Junge Leute in Corona-Krise rücksichtsvoll

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Rücksicht statt Verantwortungslosigkeit, Solidarität statt hemmungsloser Lebensfreude - Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland halten sich einer neuen Studie zufolge überwiegend an die Corona-Beschränkungen. Dennoch wird vielfach vermutet, dass junge Menschen auf der Suche nach feuchtfröhlichen Feiern, Freunden und Freiheit die Infektionszahlen nach oben treiben. Auch Kanzlerin Angela Merkel stimmte in den Chor der Vorwürfe ein, als sie an junge Menschen appellierte, «lieber heute auf'n paar Feten und Feiern und Partys zu verzichten, um morgen und übermorgen gut leben zu können».

Doch die am Donnerstag vorgestellte Jugendstudie der Tui-Stiftung ergab: Mehr als die Hälfte der jungen Menschen in Deutschland hält die Corona-Beschränkungen für angemessen. Und: Die meisten beachten sie nach eigenen Angaben auch. Ein zentrales Ergebnis der Studie sei: Man könne nicht sagen, dass junge Leute sich nicht an die Maßnahmen hielten, betonte Marcus Spittler, Experte des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Auch gehe gelegentlich unter, dass junge Leute in der Pandemie erhebliche Einschränkungen erlebten, die weit über ein Feierverbot hinausgingen.


Anzeige

Gegen Corona-Viren: Professionelle Luftreinigung für Restaurants und Tagungsräume

Die High-Tech-Plasma-Technologie des Aircleaners beseitigt neben infektiösen Aerosolen auch Pollen, Allergene und Gerüche. Geeignet für bis zu 150m² Fläche. Leiser Betrieb dank Plasma-Technologie. Schon ab 189 Euro Leasing-Gebühr pro Monat. Tageskarte-Leser werden bevorzugt beliefert.
Jetzt mehr erfahren


Der Studie zufolge halten 52 Prozent der Befragten die Beschränkungen für angemessen, 83 Prozent halten sie nach eigenen Angaben ein, zwei Prozent missachten sie. Ein Fünftel hält sie für übertrieben, ein weiteres Fünftel für nicht ausreichend. Wer sich an die Maßnahmen hält, tut dies vor allem, um die Gesundheit anderer zu schützen (89 Prozent), weniger wegen der eigenen Gesundheit (79 Prozent) oder der Strafen bei Missachtung (61 Prozent). Junge Menschen seien sich der Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mitmenschen bewusst, betonte der Vorsitzende des Kuratoriums der Tui-Stiftung, Thomas Ellerbeck.

Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut YouGov in Deutschland insgesamt 1011 junge Frauen und Männer im Alter von 16 bis 26 Jahren, und zwar zwischen dem 7. und 15. September. Auch soll ein Vergleich mit einer Befragung vom Januar möglich sein: Vom 6. bis 27. Januar wurden 7022 junge Menschen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland und Polen befragt.

Junge Menschen in Deutschland litten in der Pandemie vor allem unter fehlenden sozialen Kontakten, doch überraschenderweise machte dies Erwachsenen ab 27 Jahren (52 Prozent) noch mehr zu schaffen, wie YouGov-Meinungsforscher Peter Mannott sagte. Unter Jugendlichen von 16 bis 20 Jahren äußerten sich 43 Prozent entsprechend, bei jungen Erwachsenen zwischen 21 und 26 Jahren waren es 41 Prozent. Unter Homeschooling oder Homeoffice litten vor allem die Jüngeren, 29 Prozent nannten dies als besondere Belastung, Erwachsene ab 27 (sechs Prozent) kamen mit der Heimarbeit besser zurecht.

Gleichzeitig haben junge Menschen der Studie zufolge immer mehr den Eindruck, dass die Politik eher die Interessen älterer Generationen im Auge hat. Im September sagten dies laut Umfrage 48 Prozent der jungen Deutschen, im Januar waren es noch 44 Prozent. Schon vor der Pandemie war der Generationenkonflikt für junge Leute in Deutschland relevanter als für andere junge Europäer: Demnach nahmen nur vier Prozent keinen Konflikt zwischen Jung und Alt wahr - in Spanien waren es 21 Prozent, in Frankreich 15 Prozent. Spittler, der die Studie wissenschaftlich begleitete, warnte, um das Verhältnis zwischen den Generationen in Deutschland sei es nicht gut bestellt: «Man kann also nur davor warnen, die Generationen gegeneinander auszuspielen.»

Auch laut der Mitte Mai veröffentlichten Studie «JuCo» der Universitäten Frankfurt und Hildesheim fühlen Jugendliche sich in der Krise zu wenig beachtet und in ihren Sorgen zu wenig wahrgenommen. Fast die Hälfte bezweifelte, dass ihre Sorgen gehört werden, außerdem hatten sie den Eindruck, ausschließlich als Schülerinnen und Schüler wahrgenommen zu werden. Zu politischen Entscheidungen fühlten sie sich nicht gehört. Die Jugendämter in Deutschland forderten, deutlich mehr auf Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen einzugehen.

Gleichzeitig bleibt für junge Menschen trotz der Pandemie der Umwelt- und Klimaschutz das wichtigste politische Thema der EU (55 Prozent im Januar, 51 Prozent im September). Auch in den anderen befragten europäischen Ländern beherrschte der Umwelt- und Klimaschutz für junge Leute die Agenda: Seit 2019 gab es in Großbritannien einen Anstieg von 32 Prozent auf 51 Prozent, in Frankreich von 34 Prozent auf 46 Prozent und in Polen von 19 Prozent auf 46 Prozent.

Die 20 Jahre alte Studentin Stella Tringali sagte, vor allem Sozialkontakte hätten ihr in der Corona-Krise gefehlt - und Reisen, für die sie gearbeitet und gespart habe. Sie sprach sich für Solidarität aus: «Es war noch nie so leicht, solidarisch zu sein, wie jetzt - indem man zu Hause bleibt.» (dpa)
 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Abschalten und die Arbeitswelt hinter sich lassen: Das steht allen Beschäftigten zu. Aber was, wenn sie dennoch ständig in ihrer Freizeit kontaktiert werden?

Die Aufgaben sind interessant, die Mitarbeiter sympathisch, der Chef fair - eigentlich passt alles im aktuellen Job. Nur das Gehalt könnte höher sein. Sind Scheinbewerbungen da ein cleverer Schachzug?

Viele Beschäftigte freuen sich nach der Arbeit auf den Feierabend, aufs Wochenende oder auf den Urlaub. Doch immer wieder kommt es vor, dass sie dabei vom Joballtag eingeholt werden, weil Anrufe oder Mails aus der Firma kommen. Was gilt da eigentlich rechtlich?

In dieser Woche streiken GDL und Ver.di. Davon ist nicht nur der Fernverkehr betroffen. Auch die S-Bahn in Berlin wird von dem Betroffen sein. Die Messe informiert, wie Gäste trotzdem auf die ITB kommen.

Läuft ein befristeter Vertrag aus, ist es für Beschäftigte wichtig, möglichst bald im Anschluss eine neue Anstellung zu finden. Aber wann haben sie eigentlich Zeit für Bewerbungsgespräche?

Wie wichtig das Thema ZUHÖREN beim Führen von Mitarbeiter, in Meetings, aber auch im Umgang mit Gästen, Kunden und Lieferanten ist, zeigt sich besonders deutlich bei Führungskräften und im Vertrieb. Doch es scheint, als fehle oft das aufrichtige Interesse am Gegenüber. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Die Konjunktur bleibt schwach, die Spuren auf dem Arbeitsmarkt werden deutlicher. Die Zahl der Arbeitslosen steigt, auch Anzeichen für mehr Kurzarbeit sind zu sehen.

Coronahilfen haben in der Pandemie viele Firmen vor der Pleite bewahrt. Die sind ausgelaufen. Zugleich haben sich die Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert - mit Folgen für das Insolvenzgeschehen. Dazu trug auch das Gastgewerbe wesentlich mit bei.

Ab April soll Cannabis kontrolliert freigegeben werden. Was heißt das für den Job - darf man die Droge in der Mittagspause konsumieren? Und was ist mit dem Joint nach Feierabend? Ein Anwalt gibt Antworten.

Hohe Mieten in deutschen Großstädten sind einer Studie zufolge eine Hürde für Unternehmen im Ringen um Fachkräfte. Das geht so weit, dass ein Drittel über einen Jobwechsel wegen hoher Mieten nachdenkt - eine kleine Minderheit zieht tatsächlich deswegen um.