Österreich: Sommervorsaison startet mit massiven Einbußen

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Mit der Wiedereröffnung der Beherbergungsbetriebe Ende Mai lief der Tourismus in Österreich im Juni 2020 nur sehr zögerlich an: Die Zahl der Gästeankünfte lag um 61,5 Prozent unter dem Vergleichswert von 2019, jene der Übernachtungen um 58,6 Prozent. Für die Sommervorsaison von Mai bis Juni 2020 bedeutet dies insgesamt drastische Einbußen in der mengenmäßigen Nachfrage (Ankünfte ‑73,9 Prozent, Nächtigungen ‑70,2 Prozent) und bei den Einnahmen (nominell ‑69,9 Prozent, real ‑70,2 Prozent).

Die durch den Ausbruch der COVID-19-Pandemie bedingte Schließung der Beherbergungsbetriebe Anfang April wurde per 29. Mai noch vor Pfingsten aufgehoben. Dennoch war die Reiselust sowohl von inländischen (Ankünfte ‑31,5 Prozent, Nächtigungen -24,0 Prozent) als auch von ausländischen Gästen (‑76,4 Prozent bzw. ‑73,8 Prozent) im gesamten Juni sehr verhalten, was zum einen auf die generelle Verunsicherung in Bezug auf eine mögliche Ansteckung und die daraus resultierenden Folgen (Quarantäne) als auch auf die bis 15. Juni nur unter bestimmten Auflagen mögliche Einreise nach Österreich und den weiterhin stark eingeschränkten Flugverkehr auf Seiten internationaler Gäste zurückzuführen ist.

Zusammen mit dem fast flächendeckenden Nachfrageausfall im Mai (Ankünfte ‑91,8 Prozent, Nächtigungen ‑89,7 Prozent) ist daher für die Sommervorsaison 2020 – ausgehend vom historischen Höchstniveau der Vergleichsperiode 2019 (rund 7,4 Mio. Ankünfte und 20,1 Mio. Übernachtungen) – ein drastischer Rückgang der Nachfrage um insgesamt 73,9 Prozent (Ankünfte) bzw. 70,2 Prozent (Übernachtungen) zu beobachten.

In einem "normalen" Sommer kommt der Vorsaison ein Gewicht von gut einem Viertel der Saisonnächtigungen zu, die Hauptmonate Juli und August sind dagegen jeweils einzeln ähnlich bedeutend und bestimmen das Ergebnis der gesamten Saison deutlich stärker. Es wird daher für den von COVID-19 geprägten Sommer 2020 entscheidend sein, inwieweit eine verstärkte Nachfrage von inländischen Gästen und eine Wiederbelebung der Nachfrage aus den Nachbarländern das Ausbleiben von Touristinnen und Touristen aus vielen für Österreich bedeutenden internationalen Märkten abmildern kann.

Tourismuseinnahmen

In Bezug auf die Tourismuseinnahmen belief sich das Minus von Mai bis Juni 2020 auf nominell 69,9 Prozent und ein Volumen von 1,20 Mrd. Euro. Preisbereinigt lagen die Umsätze um 70,2 Prozent unter dem Vergleichsniveau 2019.

Regional litt in der Sommervorsaison 2020 vor allem die Städtedestination Wien übermäßig stark unter den COVID-19-bedingten Nachfrageausfällen (Nächtigungen ‑92,6 Prozent, nominelle Umsätze ‑92,4 Prozent), aber auch die stark vom internationalen Tourismus geprägten Bundesländer Tirol und Salzburg fuhren überdurchschnittlich hohe Verluste ein (Übernachtungen ‑74,2 Prozent bzw. ‑72,5 Prozent, Einnahmen ‑74,1 Prozent bzw. –72,4 Prozent).

Übernachtungsaufkommen

Das Übernachtungsaufkommen der internationalen Touristen fiel mit ‑81,3 Prozent wie erwartet sehr viel geringer aus als im Zeitraum Mai bis Juni 2019; Österreicherinnen und Österreicher entschieden sich hingegen häufiger für einen Urlaub im Inland, die Nachfrage ging "nur" um 48,3 Prozent zurück. Das veränderte die Gästestruktur in Österreich ganz erheblich: Kamen im Vergleichszeitraum des Vorjahres 66,2 Prozent der Gäste aus dem Ausland, so waren es 2020 lediglich 41,5 Prozent.

Die Nahmärkte erwiesen sich dabei als Hoffnungsträger des heimischen Tourismus: 88,7 Prozent der internationalen Nächtigungen wurden im Juni 2020 aus diesen Regionen generiert. In den ersten zwei Monaten der Sommersaison 2020 wurden unter 15 ausgewählten Herkunftsmärkten die relativ geringsten Rückgänge vor allem aus osteuropäischen Ländern registriert (Marktanteil zusammen: 9,5 Prozent): Polen (‑68,2 Prozent), Ungarn (‑69,6 Prozent), Rumänien (‑77,2 Prozent), Tschechien (‑78,4 Prozent).

Trotz eines Rückganges der Übernachtungen von knapp drei Vierteln (‑74,5 Prozent) aus dem wichtigsten Quellmarkt Deutschland machten die Gäste aus dem Nachbarland mit 72,5 Prozent (gegenüber 53,2 Prozent im Vorjahr) jedoch den weitaus überwiegenden Anteil der Nächtigungsnachfrage aus. Überdurchschnittlich hohe Nächtigungsrückgänge gab es dagegen aus Belgien (‑86,7 Prozent), Italien (‑86,2 Prozent) und den Niederlanden (‑89,3 Prozent). Ein annähernder Totalausfall der Reiseaktivitäten mit Nächtigungsrückgängen von mindestens 95 Prozent war für Gäste aus Dänemark, Frankreich, dem Vereinigten Königreich, Russland, den USA und Schweden zu verzeichnen.

Unterkunftsarten

Von den einzelnen Unterkunftsarten kamen im Mai und Juni 2020 die Privatquartiere mit einem relativ geringen Rückgang von ‑55,0 Prozent bisher am besten durch die Krise. Auch bei den Ferienwohnungen und ‑häusern (gewerblich ‑62,9 Prozent, privat ‑61,4 Prozent) fiel der Rückgang weniger hoch aus als im Durchschnitt. Die Hotellerie verzeichnete dagegen insgesamt ein überdurchschnittliches Minus bei den Nächtigungen (‑74,5 Prozent). Am stärksten in Mitleidenschaft gezogen waren die gehobeneren Kategorien (5/4-Sterne ‑76,1 Prozent, 3-Stern ‑72,9 Prozent, 2/1-Stern ‑70,9 Prozent). In den übrigen Unterkünften (Campingplätze, Unterkünfte für Kinder und Jugendliche, Kurheime, bewirtschaftete Schutzhütten, sonstige) lag das Ergebnis um 63,1 Prozentunter dem Niveau des Vorjahres.

Die Aussichten für den Rest des Jahres sind von großer Unsicherheit geprägt, birgt doch der in der kälteren Jahreszeit vermehrte Aufenthalt in geschlossenen Räumen höhere Infektionsrisiken, was nicht nur die Reiselust empfindlich dämpfen, sondern auch verschärfte Einschränkungen der persönlichen Bewegungsfreiheit mit sich bringen könnte. Über das gesamte Kalenderjahr 2020 gesehen kann in einer aktualisierten Szenarienrechnung des WIFO mit einem Rückgang der Zahl der Nächtigungen zwischen 25 Prozent und 30% gerechnet werden, wobei unter diesen Annahmen die Nächtigungen inländischer Gäste um 16 Prozent bis 22 Prozent, jene von ausländischen Gästen um 28 Prozent bis 33 Prozent unter den jeweiligen Vorjahrsniveau liegen würden. Erst nach breiter Verfügbarkeit eines Impfstoffes, die laut zahlreichen Expertinnen und Experten nicht vor dem Frühjahr 2021 zu erwarten ist, kann mit einer langsamen Normalisierung des Reiseverkehrs und damit der touristischen Einnahmen gerechnet werden.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Zahl der Menschen, die schon einmal Diskriminierung am Arbeitsplatz erfahren haben, ist hoch. Dabei macht es einer Umfrage zufolge einen Unterschied, wie divers das Führungsteam ist.

Für einige Beschäftigte ist es ein absolutes Tabu, trotz Krankschreibung das Haus zu verlassen: Was, wenn man der Führungskraft über den Weg läuft? Aber ist diese Sorge überhaupt berechtigt?

Zum Start in den April bittet der DEHOGA Bundesverband Unternehmer erneut um Ihre Unterstützung bei einer aktuellen Umfrage. Der Verband stellt Fragen zur aktuellen wirtschaftlichen Situation, zum Ostergeschäft und dazu, wie sich die 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen im ersten Quartal ausgewirkt haben.

Die Zahl der jungen Menschen ohne Berufsabschluss liegt in Deutschland auf einem Rekordhoch. Im Jahr 2022 verfügten laut jüngsten Daten des Statistischen Bundesamts 2,86 Millionen 20- bis 34-Jährige nicht über eine formale Qualifikation.

Die Probezeit ermöglicht es Arbeitnehmern und Firmen, sich kennenzulernen. So können beide die Zusammenarbeit testen und entscheiden, ob es passt. Fluch oder Segen? Die Meinungen gehen auseinander.

Der Schnitt von Weinreben ist aufwendig, erfordert Fachkenntnis und hat erhebliche Folgen. Immer häufiger fehlen aber Arbeitskräfte dafür. Künstliche Intelligenz kann einiges übernehmen.

Spitze Bemerkungen, abfällige Äußerungen oder sogar gezieltes Ausschließen von gemeinsamen Terminen: Mobbing am Arbeitsplatz kann sehr belastend sein. Wann müssen Vorgesetzte eingreifen?

Manchmal verlaufen Gespräche mit Kollegen oder Vorgesetzten kompliziert, obwohl es um scheinbar einfache Sachen geht - etwa um Terminplanungen oder darum, Aufgaben zu verteilen. Tipps für Führungskräfte und Arbeitnehmer, damit die Kommunikation besser läuft.

Krise im Weinland Frankreich: Trotz guter Ernte geht der Absatz im In- und Ausland zurück. Die Lust auf Wein in Frankreich sinkt. Da sorgt eine Supermarktkette mit einem Angebot für Wirbel.

Manche treibt Nichtstun in den Wahnsinn. Anderen hingegen macht es gar nichts aus, wenn sie im Job über längere Zeit keine Aufgaben haben. Aber sollte die Chefin oder der Chef davon wissen?