Oft unvermeidbar: Warum ein offener Umgang mit Fehlern im Job wichtig ist

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Oft ist es nur ein Klick oder ein falscher Handgriff - und schon ist es passiert: Die vertrauliche E-Mail geht an den Unternehmensverteiler oder die gesamte Charge der aktuellen Produktion ist verunreinigt. Fehler kommen im Berufsalltag ständig vor, ein offener Umgang damit ist aber eher selten.

«Fehler werden unter Psychologen darüber definiert, dass ein beabsichtigtes Ziel nicht erreicht wird», sagt Dieter Zapf, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. «Es fällt uns schwer, Fehler zuzugeben, weil wir sie mit Inkompetenz verbinden.»

Gewohnheits- oder Wissensfehler sind oft unvermeidbar

Dabei folgen sie bestimmten Mustern, die nicht nur mit der einzelnen Person zu tun haben müssen. Gewohnheitsfehler beispielsweise treten vor allem durch routinierte Abläufe auf, so Zapf. «Sie sind fast unvermeidlich und wird es immer wieder geben.» Wissensfehler haben ihre Ursache meistens in fehlender Erfahrung, die wir erlernen können.

Schwierig sind Denkfehler. Sie offenbaren sich dann, wenn der Überblick über eine Sache fehlt oder verloren geht, etwa bei der Planung eines Projektes. Mitunter kann das Folgefehler nach sich ziehen. Das Problem sei aber, dass Unternehmen oft keine Fehlerkultur hätten, um sie zu verhindern, sagt Zapf.

Fehler lösungsorientiert formulieren

Dem Kommunikationsforscher Werner Pfab zufolge ist die Fehlerkultur ein Teil der Arbeitskultur eines Unternehmens. Die ist aber längst nicht überall ausgeprägt: «Es gibt Arbeitskulturen, die durch eine hohe Fehlerfeindlichkeit gekennzeichnet sind. Man geht dort nicht offen und konstruktiv mit Fehlern um», so Pfab.

Eine fehlerfeindliche Arbeitskultur zeichnet sich durch nicht vorhandenes Bewusstsein für die Ursachen von Fehlern aus. Außerdem spielt eine Rolle, wie und ob über Fehler gesprochen werden darf. In fehlerfeindlichen Unternehmenskulturen werden sie eher vertuscht oder auf andere geschoben.

Grundsätzlich gilt: Wer selbst einen Fehler verursacht, sollte mit denjenigen reden, die davon betroffen sind. «Fehler bedeuten immer, dass etwas passiert ist, was nicht passieren sollte. Das tangiert in aller Regel nicht nur mich selber, sondern auch andere, mit denen ich zusammenarbeite», so der Kommunikationsforscher.

Auch Führungskräfte spielen eine Rolle

Auch das Führungspersonal beeinflusst natürlich, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens mit Fehlern umgehen. Fehlergespräche zwischen Tür und Angel etwa sind laut Pfab unangebracht.

Vor allem dann, wenn andere dabei sind. «Jede Thematisierung von Fehlern wird immer auch als Angriff auf die eigene Person wahrgenommen». Wichtig sei, Gesprächsbedingungen zu schaffen, in denen diese Gefahr möglichst minimiert wird. Außerdem zahlt es sich aus, Kritik möglichst wertschätzend zu formulieren, so Pfab.

Nach der Ursache suchen

Ein guter Weg, mit Fehlern umzugehen, kann auch sein, Fehler positiv zu bewerten. «Unter der Maßgabe, sie zu reflektieren und zu schauen, was hätte besser gemacht werden können oder was kann beim nächsten Mal anders gemacht werden», sagt Florian Walzer, der als Prokurist für die Software-Firma Rexx Systems in Hamburg arbeitet. In seiner Funktion hat er sich näher mit der Relevanz einer offenen Fehlerkultur in Unternehmen auseinandergesetzt.

Fehler sollte man grundsätzlich nicht ignorieren, egal wie groß oder wie klein sie sind, sagt Walzer. Auch Konsequenzen müssten erst einmal nichts Schlimmes bedeuten. Das hinge von dem Ausmaß und der Anzahl der Fehler ab.

«Wenn es um geschäftsschädigende oder geschäftsgefährdende Fehler geht, gilt es natürlich, damit anders umzugehen, als wenn es vermeintlich kleine Fehler sind.» Gleichzeitig sollte eine Abmahnung oder eine Kündigung immer der letzte Weg sein, so Walzer.

Arbeitgeber muss Schutzmaßnahmen treffen

Aus rechtlicher Sicht ist der Arbeitgeber zwar dazu verpflichtet, gewisse Schutzmaßnahmen zu treffen. «Gerade im Arbeitsschutz muss er bestimmte Regeln einhalten, damit Fehler zu keinen schlimmen Folgen führen oder gar nicht erst entstehen», sagt Constantin von Köckritz, Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Er sei aber nicht gezwungen, jede mögliche Situation oder jeden eventuellen Sachverhalt vorauszudenken und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an die Hand zu nehmen.

Verhaltensbedingte Fehler vor Gericht

Im rechtlichen Streit um Fehler geht es von Köckritz zufolge meist um verhaltensbedingte Vorwürfe. Darunter fällt Verhalten, das Arbeitnehmer in der Regel steuern und beeinflussen können.

Arbeitsgerichte stellten allerdings hohe Ansprüche, wenn es etwa darum geht, ob Fehlverhalten eine Kündigung rechtfertigt. «Da kann man nicht sagen, es gibt vier kleine Fehler und dann geht es los, oder ein schwerwiegender Fehler reicht aus. Das wird immer innerhalb eines Kündigungsrechtsstreits geprüft», so der Fachanwalt.

Ganz grundsätzlich gilt die sogenannte Rücksichtnahmepflicht. Gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) regelt sie, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer Rücksicht auf die Interessen des jeweils anderen nehmen müssen, so von Köckritz. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Jahr 2024 bietet zahlreiche sportliche Höhepunkte, viele Superstars gehen auf Tournee und Events sorgen für Furore. Auch bei Verbrauchern stehen solche Ereignisse hoch im Kurs. Wie eine Studie von Mastercard zeigt, planen 82 Prozent der Befragten in diesem Jahr genauso viel oder sogar mehr für Erlebnisse auszugeben als 2023.

Für die Wirtschaft sind die Zeiten nicht gerade die besten. Umso mehr sind Führungskräfte gefragt, die die richtigen Entscheidungen treffen. Man sollte meinen, dass sich Manager intensiv mit dem Thema Entscheidungsfindung auseinandersetzen. Doch Fehlanzeige. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Das Gastgewerbe verzeichnete im Februar 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat einen Umsatzrückgang von real 1,1 Prozent und nominal ein Plus von 1,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Gegenüber dem Februar 2019, dem Vergleichsmonat vor der Corona-Pandemie, lag der Umsatz real 14,0 Prozent niedriger.

Schwächstes Wachstum der G7-Staaten: Für Deutschland hat der IWF in seiner neuen Prognose keine guten Nachrichten. Die Weltwirtschaft schlägt sich trotz düsterer Befürchtungen allerdings recht wacker.

In unserer Folge des Hospitality Jobcast geht es um ein essentielles Führungsthema: Das Mitarbeitergespräch. Bei einigen löst allein der Gedanke an den Termin mit dem Vorgesetzten bereits Unbehagen aus. Wie eine neue Gesprächskultur geschaffen werden kann, berichtet Christian Henzler von Gründer von ⁠newworx.

Im Gastgewerbe sind Praktika schon lange einer der wichtigsten Wege, um junge Leute für eine Ausbildung zu gewinnen. Auch branchenübergreifend finden 61 Prozent der Unternehmen ihre Auszubildende über Praktika. Eine neue Webseite bündelt jetzt alle Informationen.

Der Frust muss raus! Auf Bewertungsplattformen können Arbeitnehmer Arbeitgeber bewerten. Aber wie sieht es rechtlich aus? Ist es unbedenklich, solche Bewertungen im Netz zu verfassen? Und bleibt die Anonymität immer gewahrt?

Sie waren auf Dienstreise, mussten ein Werkzeug selbst kaufen oder haben das Geld für den Blumenstrauß zum Geburtstag des Kollegen vorgestreckt? Welche dieser Kosten erstattet der Arbeitgeber und wie bekomme ich dieses Geld zurück? Zwei Experten erklären, worauf Sie bei Spesen und Auslagen besonders achten müssen.

Sie waren auf Dienstreise oder haben was für die Arbeit gekauft, und bekommen das Geld vom Arbeitgeber erstattet? Wann Steuern anfallen und wie Erstattungen in der Steuererklärung angegeben werden.

Schon ein paar Infos zum Job genügen KI-Programmen wie ChatGPT, um binnen Sekunden ein ansprechendes Bewerbungsschreiben zu erstellen. Wie gehen Unternehmen damit um?