Preisschock für Verbraucher - Wirtschaft droht Absturz

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Stark steigende Energiepreise treiben die Teuerung in Deutschland auf immer neue Höhen. Im Gesamtjahr 2022 droht Verbraucherinnen und Verbrauchern die höchste Inflation seit der Wiedervereinigung. Die «Wirtschaftsweisen» warnten am Mittwoch: «Die große Abhängigkeit von russischen Energielieferungen birgt das erhebliche Risiko einer geringeren Wirtschaftsleistung und höherer Inflation. Deutschland sollte umgehend alle Hebel in Bewegung setzen, um sich gegen einen Lieferstopp zu wappnen und die Abhängigkeit zu beenden.» Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) setzte die erste von drei Krisenstufen des Notfallplans Gas in Kraft, die Frühwarnstufe, und rief Verbraucher und Unternehmen zum Energiesparen auf. Habeck versicherte zugleich: «Es gibt aktuell keine Versorgungsengpässe.»

Verbraucherpreise im Höhenflug

Das Leben in Deutschland verteuerte sich im März weiter deutlich. Die Verbraucherpreise lagen um 7,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt anhand erster Daten errechnete. Das ist die höchste Inflationsrate im wiedervereinigten Deutschland. In den alten Bundesländern gab es einen so hohen Wert zuletzt im November 1981. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger leisten können.

Seit Monaten treiben die Energiepreise die Inflation sowohl in Deutschland als auch im Euroraum nach oben, der Ukraine-Krieg hat den Trend noch verschärft. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung («Wirtschaftsweise») rechnet für das Gesamtjahr 2022 mit 6,1 Prozent Inflation in Deutschland.

«Die Inflationswerte der kommenden Monate werden noch sehr starke Nerven erfordern», prognostizierte Friedrich Heinemann vom ZEW - Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. «Die Botschaft muss lauten: Der Ukraine-Krieg macht uns alle ärmer und ein Kaufkraftverlust ist ökonomisch unvermeidbar.»

Kleiner Lichtblick für Autofahrer: Die Spritpreise sind wieder etwas gesunken. Nach ADAC-Angaben vom Mittwoch kostete E10-Superbenzin am Dienstag im bundesweiten Tagesdurchschnitt 2,048 Euro pro Liter. Das waren 1,6 Cent weniger als am Vortag. Der Dieselpreis gab demnach um 1,9 Cent auf 2,154 Euro pro Liter nach.

Konjunktur unter Druck

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bremst die Wirtschaft, die die Corona-Krise noch nicht verdaut hat. Die «Wirtschaftsweisen» sehen inzwischen ein «substanzielles» Risiko einer Rezession in Deutschland, wie Volker Wieland, Mitglied des Sachverständigenrates, in Berlin sagte. Noch erwartet der Sachverständigenrat für dieses Jahr 1,8 Prozent Wachstum in Europas größter Volkswirtschaft. Für 2023 sagt das Beratergremium der Bundesregierung 3,6 Prozent Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) voraus. Im November waren die «Wirtschaftsweisen» für 2022 jedoch noch von 4,6 Prozent Zuwachs ausgegangen. Etliche Institute haben ihre Prognosen nach unten korrigiert. Lieferengpässe und steigende Energiepreise belasten.

Die russische Drohung

Dreht Kreml-Chef Wladimir Putin dem Westen den Gashahn zu? Die Drohung steht im Raum. Denn als Reaktion auf die harten Wirtschaftssanktionen gegen sein Land fordert der russische Präsident die Bezahlung von Erdgaslieferungen nach Westeuropa in Rubel. Deutschland, das bisher mehr als die Hälfte seines Erdgasbedarfs aus Russland deckt, und andere westliche Staaten lehnen dies ab. Doch Moskau zeigt sich unnachgiebig. Bis diesen Donnerstag (31.3.) würden auf Putins Anordnung die Modalitäten ausgearbeitet, damit das System «einfach, verständlich, transparent und umsetzbar» für die europäischen und internationalen Gasbezieher sei, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax: «Keiner wird Gas umsonst liefern, und bezahlt werden kann es nur in Rubel.»

Der deutsche Nofallplan

Die Bundesregierung bereitet sich angesichts der Drohungen aus Moskau auf eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung vor. Ein Krisenstab bewertet nun regelmäßig die Lage. «Die Gesamtversorgung aller deutschen Gasverbraucher ist aktuell weiter gewährleistet. Es ist ausreichend Gas an den Märkten vorhanden. Dies gilt sowohl für Haushaltskunden und soziale Dienste wie Krankenhäuser als auch für Fernwärme, Stromerzeugung sowie die deutschen Wirtschaft», erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. «Dennoch ist ab sofort jeder Gasverbraucher - von der Wirtschaft bis zu Privathaushalten - auch gehalten, seinen Verbrauch so gut wie möglich zu reduzieren.» Minister Habeck versicherte: «Die Bundesregierung tut alles, um die Versorgungssicherheit in Deutschland weiter zu gewährleisten.»

Dauerhaft höhere Energiepreise

Die «Wirtschaftsweisen» rechnen mit dauerhaft höheren Energiepreisen hierzulande. Dadurch, dass sich Deutschland unabhängiger von Gas- und Ölimporten aus Russland mache, stiegen langfristig die Kosten, sagte Sachverständigenratsmitglied Veronika Grimm: «Die Energiepreise werden dadurch strukturell höher bleiben, als sie es vor dieser Krise waren.»

Sparen, Sparen, Sparen

«Die Menschen müssen jetzt weniger verbrauchen», sagte Monika Schnitzer, Mitglied des Sachverständigenrates. Sie sollten Fahrgemeinschaften bilden, langsamer fahren und wenn möglich den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Auch die Debatte über ein Tempolimit auf Autobahnen könnte wieder Fahrt aufnehmen.

Zugleich fordert die Wirtschaft staatliche Unterstützung: «Angesichts des Kriegs in der Ukraine muss die Bundesregierung jetzt die wirtschaftliche Stärke der Unternehmen bewahren und an schnell wirksamen, zielgenauen und befristeten Maßnahmen arbeiten, um die Krise abzufedern», mahnte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. «Die deutsche Industrie sieht die Gefahr, dass Unternehmen wegen der Energiepreise oder aufgrund eines russischen Exportstopps von Energierohstoffen in existenzielle Schwierigkeiten geraten.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Die fehlerhafte Abrechnung von Spesen ist keine Bagatelle. 3,5 Milliarden US-Dollar – so viel verlieren Unternehmen laut SAP Concur weltweit jährlich aufgrund betrügerischer Handlungen von Mitarbeitenden. Auch bei Reisekosten wird oft bewusst falsch abgerechnet.

Der deutsche Hotelinvestmentmarkt hat nach einem sehr verhaltenen Jahr 2023 im letzten Quartal doch noch einen Endspurt hingelegt und mit einem Transaktionsvolumen von 1,4 Milliarden Euro abgeschlossen.

Nach zwei Jahren erfolgreicher Unterstützung gastgewerblicher Betriebe bei der Umsetzung und Implementierung digitaler Prozesse, erweitert der Dehoga NRW sein Angebot an Coaching-Maßnahmen um das Themenfeld nachhaltiger Lösungen.

Eine neue Studie im Auftrag von AXA hat die finanziellen Prioritäten der Deutschen fürs Jahr 2024 ermittelt. Ergebnis: Mehr als ein Viertel möchte nach erhöhter Mehrwertsteuer für die Gastronomie weniger Geld für Restaurant-, Café- oder Club-Besuche ausgeben.

Immer noch suchen Unternehmen händeringend Arbeitskräfte. Neue Technologien sollen ihnen helfen, die Nadel im Heuhaufen zu finden. Blendende Aussichten für Arbeitnehmer - wenn sie Veränderung mögen.

Seit dem frühen Mittwochmorgen kommt es wieder zu weitreichenden Einschränkungen im Bahnverkehr. Die Lokführergewerkschaft GDL hat zum Streik aufgerufen. Einige Pendler dürften es zudem auch im Straßenverkehr mit Behinderungen zu tun bekommen.

Die Lokführergewerkschaft GDL ruft zum Warnstreik auf, und zwar von Mittwoch, 2.00 Uhr, bis Freitag, 18.00 Uhr. Was Pendlerinnen und Pendler jetzt wissen müssen.

Spätestens seit Corona können viele Beschäftigte zeitweise von zu Hause arbeiten. Wer für diese Tage Werbungskosten steuerlich geltend machen möchte, sollte entsprechende Aufzeichnungen haben.

Der Apfel ist weiterhin das mit großem Abstand am meisten geerntete Baumobst in Deutschland. Allerdings blieb die Apfelernte im Jahr 2023 unter der in den vergangenen Jahren meist erreichten Marke von einer Million Tonnen.

Die Zeiten sind definitiv vorbei, in denen Arbeitgeber mittels Inseraten, TV-Spots oder Social Media Marketing die Menschen „da draußen“, sprich Bewerber, für sich gewinnen können. Erfolgreiches Recruiting braucht vor allem Vertrauen in der Kommunikation. Doch wie erreicht man das? Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.