Probearbeiten – Was ist zulässig und welche Regeln gelten?

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Das Bewerbungsverfahren um eine ausgeschriebene Stelle ist schon weit fortgeschritten. Doch nun will der Arbeitgeber auf Nummer sicher gehen und verlangt, dass die Bewerberin oder der Bewerberin für einige Tage zur Probe arbeitet. Welche Rechte und Pflichten gehen damit einher? Wichtige Fragen und Antworten.

In welchen Branchen ist ein Probearbeiten überhaupt üblich?

Es kann in allen Branchen vorkommen, dass Arbeitgeber ein Probearbeiten verlangen. «Wobei das Wort Probearbeit irreführend ist», sagt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Offenburg.

Es geht nicht darum, dass Bewerberinnen oder Bewerber Arbeitsleistung erbringen und dafür eine Vergütung bekommen. Vielmehr handelt es sich in aller Regel um ein sogenanntes Einfühlungsverhältnis. In kleineren Unternehmen kommt das laut Markowski häufiger vor. Dort sei der persönliche Kontakt zwischen Chefebene und Mitarbeitenden oftmals intensiver.

Welche Gründe sprechen für ein Einfühlungsverhältnis?

«Beschäftigte und Arbeitgeber lernen sich näher kennen und loten unverbindlich aus, ob es miteinander passt», sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln. Der Arbeitgeber kann zum Beispiel Feedback von unmittelbaren Kolleginnen und Kollegen einholen. Können sie sich vorstellen, künftig mit der Kandidatin oder dem Kandidaten zusammenzuarbeiten?

Das Probearbeiten kann auch Vorteile für Bewerberinnen und Bewerber selbst haben. Sie können prüfen, ob das Unternehmen oder die Position zu ihnen passt. «Letztendlich ist es doch unschön, wenn man in der Probezeit während eines offiziellen Arbeitsverhältnisses feststellen muss, dass man nicht miteinander kann und dann kündigt», sagt Markowski. Eine Kündigung in der Probezeit mache sich unter Umständen auch nicht gut im Lebenslauf.

Aber verbirgt sich hinter dem Ansinnen des Arbeitgebers nach einem Einfühlungsverhältnis nicht eigentlich Misstrauen? «In der Regel nicht», sagt Oberthür. Denn im Bewerbungsgespräch lasse sich nur begrenzt einschätzen, ob ein potenzieller Mitarbeiter im Alltag zum Beispiel freundlich auftritt oder wie er oder sie auf andere zugeht und mit ihnen kommuniziert.

Wie lange darf so ein Einfühlungsverhältnis eigentlich dauern?

Ein Einfühlungsverhältnis ist immer zeitlich begrenzt. «Arbeitsrechtlich ist eine Dauer von bis zu einer Woche erlaubt», sagt Markowski. In der Regel sind es bis zu zwei Tage.

Je länger das sogenannte Einfühlungsverhältnis dauert, desto eher ist es juristisch als ein Arbeitsverhältnis zu bewerten, das nicht zuletzt auch mit einem Vergütungsanspruch einhergeht.

Brauche ich für die Probearbeit einen Vertrag?

«Das ist beiden Seiten dringend zu empfehlen», sagt Oberthür, die Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein ist. In einem Vertrag vereinbaren Arbeitgeber und Bewerber schriftlich, wie lange das Einfühlungsverhältnis dauert, dass dies kein Arbeitsverhältnis begründet und dass somit auch kein Vergütungsanspruch entsteht. «Allenfalls kann es eine Entschädigung etwa in Form von Erstattung der Fahrtkosten geben», sagt Markowski.

Was kommt bei einem Einfühlungsverhältnis auf Bewerberinnen und Bewerber zu?

Der Arbeitgeber darf dem Bewerber oder der Bewerberin keine Weisungen erteilen und sie nicht in Arbeitsprozesse einbinden. Bewerber müssen zum Beispiel auch nicht pünktlich zu einer bestimmten Uhrzeit erscheinen. «Der Punkt, Dienstkleidung zu tragen, entfällt ebenfalls», so Markowski. Ein konkretes Arbeitsergebnis darf es nicht geben. «Bewerber laufen einfach mal mit, mehr nicht.»

Wer etwa in der Gastronomie zur Probe arbeitet, darf durchaus mal Kundenbestellungen aufnehmen, Tabletts tragen und allgemein im Restaurant mitlaufen. Bewerberinnen und Bewerber aber für einige Tage als Ersatzkraft für fehlende Angestellte einzusetzen, würde aus arbeitsrechtlicher Sicht bereits ein Arbeitsverhältnis darstellen.

Worauf sollten Bewerberinnen und Bewerber achten?

Kommt es letztendlich doch dazu, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat eine Woche lang voll mitarbeitet, sollte er oder sie Bezahlung einfordern - vor allem, wenn er oder sie den Job nicht bekommt. «Wer konkrete Arbeitsergebnisse erbringt, hat Anspruch auf Vergütung - auch wenn dieses vermeintliche Einfühlungsverhältnis weniger als eine Woche dauert», sagt Markowski.

Was gilt in Sachen Versicherungen?

Jobsuchende sind noch keine Beschäftigten und damit nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Sie können aber ausnahmsweise mit einzelnen Tätigkeiten unter den Versicherungsschutz fallen, sagt Oberthür. Etwa dann, wenn sie für das Unternehmen eine «Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert» erbringen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Nord- und Ostsee, Holsteinische Schweiz und Schlei, Städte und Dörfer - Schleswig-Holstein ist wie gemacht für Urlauber. Die Corona-Delle ist überwunden, doch es warten andere Schwierigkeiten.

Über die Hälfte der Arbeitnehmenden in Deutschland fürchtet sich mindestens einmal wöchentlich vor der Arbeit. Fast jeder Fünfte hat sogar täglich Angst. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie, die die Plattform «Headspace» durchgeführt hat.

Energie sparen, Emissionen senken: Um die Klimaziele zu erfüllen und Kosten zu reduzieren, setzt die deutsche Wirtschaft zunehmend auf smarte Gebäudetechnologien. Vor allem bei Licht und Heizung kommen häufig intelligente Systeme zum Einsatz.

Die Vier-Tage-Woche stößt nach einer aktuellen Umfrage auch bei den Erwerbstätigen in Deutschland auf große Sympathie. Voraussetzung ist allerdings, dass Lohn und Gehalt dadurch nicht sinken.

Flexibel unterwegs mit dem Nah- und Regionalverkehr in ganz Deutschland: Das bietet das 49-Euro-Ticket. Es gibt Arbeitgeber, die das Ticket bezuschussen oder sogar komplett bezahlen. Und das sogar steuerfrei.

Immer derselbe Ausblick, während man am Laptop sitzt: Wer im Homeoffice arbeitet, möchte vielleicht mal Abwechslung und fernab von zu Hause tippen, telefonieren und Co. Bedeutet Homeoffice eigentlich, dass man tatsächlich in der eigenen Wohnung arbeiten muss?

Viele Führungskräfte haben Probleme, sich die Namen von Kunden, Gästen, Geschäftspartnern, ja sogar von ihren Mitarbeitern einzuprägen. Nicht selten vergeben sie dabei wertvolle Chancen. Dabei lässt sich das Namensgedächtnis mit ein paar Kniffen aufmöbeln. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Die Ergebnisse des neuen „Meeting- & EventBarometers 2022/2023“ bestätigen, dass die Zahl an Präsenzveranstaltungen deutlich gestiegen ist. Hybride und virtuelle Formate haben hingegen abgenommen.

Gibt es im Betrieb eine elektronische Zeiterfassung, müssen sich Arbeitnehmer für die Pausen ausstempeln. Das gilt auch für kurze Kaffeepausen. Welche Folgen drohen, wenn sich jemand nicht daran hält, zeigt ein aktueller Fall, bei dem ein Gericht, bei einem einmaligen Vergehen, eine fristlose Kündigung bestätigte.

Mit nur einem Urlaubstag vier Tage frei - das lohnt sich. Aber: Der Betrieb muss am Brückentag oft trotzdem besetzt sein. Alle können also nicht weg. Diese Rechte haben Arbeitnehmer.