Vergütungskonzepte für Spitzenkräfte - Gut gemeint - aber oft schlecht gemacht

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Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin

Zahlreiche Studien belegen, dass Festgehälter von Führungskräften langsamer gestiegen sind als noch vor fünf Jahren. Dafür sind Bonusanteile gestiegen. Doch eine Faustregel ist gleichgeblieben: Allzu lange Betriebszugehörigkeit ist kontraproduktiv für die Gehaltsentwicklung. Neueinsteiger werden i. d. R. immer besser bezahlt. Damit werden Loyalität und Beständigkeit bestraft und häufige Jobwechsel gefördert.

Doch das kann ein nachhaltig orientiertes Unternehmen nicht wollen. Es ist aber auch ein Indiz dafür, dass Betriebe beim internen Vergütungsmanagement leider viel zu selten eine regelmäßige Anpassung an das Marktniveau vornehmen. Wenn es gelingt, endlich Gehälter von Führungskräften nach der Dimension ihrer Ergebnisverantwortung zu justieren, würde der eine oder andere zugeben müssen, dass er keinen Anlass zur Klage hat. Fair wäre es auch, wenn für die Neuen gilt: Erst leisten, dann fordern.

Wie gesagt: Der Anteil der erfolgsabhängigen Vergütung hat stark zugenommen. Hat sich dieses Motivationsinstrument bewährt? Eine wesentliche Ursache für diesen Trend war der Wunsch der Unternehmen, die fixen Personalkosten zu reduzieren und einen Ansporn für persönliche Performance zu geben. Doch bei näherer Betrachtung wird das Ziel nicht erreicht.


Über den Autor Albrecht von Bonin

Albrecht von Bonin ist einer der profiliertesten Personalberater in der Hospitality Industry. Die Suche und Auswahl von Spitzenkräften, der Einsatz von Interim Managern sowie Management Coaching für Führungskräfte und Unternehmer – das sind die Kernkompetenzen, mit denen VON BONIN und die avb Management Consulting echte Mehrwerte bietet.

Mit seinem Fachbeiträgen bei Linkedin, die auf der Erfahrung von 40 Jahren Beratungspraxis fußen, erreicht von Bonin seit Jahren viele tausend Leser. Jetzt gibt es seine Beiträge auch bei Tageskarte.


 

Fragt man Führungskräfte, wie sie über finanzielle Leistungsanreize in ihrem Einkommenspaket denken, fällt immer wieder ihre abwehrende Handbewegung auf: In Arbeitsverträgen gelten zwar persönliche Bonuszusagen als „freiwillige Zusatzleistung“, sagen sie. Doch als echter Leistungsanreiz werden sie selten so richtig ernstgenommen – weil der persönliche Bonus entweder zum Gewohnheitsrecht verkam oder der „Brotkorb in unerreichbare Höhe gehängt wurde“ und „die Auszahlung der persönlichen Prämie letztlich vom Gesamtergebnis des Unternehmens abhängt“.

Der Auszahlungstermin liege meist zeitlich so weit entfernt von der eigentlichen persönlichen Glanzleistung, dass sich fast niemand mehr erinnere, wofür er eigentlich den Bonus erhalten habe. Oder: Obwohl man persönlich eine Top Performance abgeliefert habe, werde der Bonus gekürzt, weil es dem Unternehmen insgesamt nicht gut gehe.

Boni knüpfen meistens an individuelle Bewertungen und Kennzahlen an: Erreichung von Budget, Betriebsergebnis, EBITDA, Umsatzsteigerung, gesteigertem Marktanteil, Reduktion der Personalkosten, Grad der Kundenzufriedenheit auf Bewertungsportalen – das sind die häufigsten Bemessungsparameter. Doch gibt es gesetzliche Regelungen für deren Verrechnung selten. So entstehen dann am Zahltag immer wieder Diskussionen über die Kürzung der Auszahlung.

Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass Arbeitgeber ihre Führungskräfte häufig mit Scheinzusagen ködern, die sie später mit dem Hinweis auf einen „Freiwilligkeitsvorbehalt“ kippen. Was bleibt ist Frust. Von Anreiz zu höherer Performance keine Spur. Das Resultat: Führungskräfte, die sich unfair und willkürlich behandelt fühlen, setzen sich nicht engagiert für die Unternehmensziele ein. Und schon gar nicht dafür, dass auch ihre Leute vom Erfolg profitieren. So praktiziert bleibt die persönliche, erfolgsabhängige Vergütung kontraproduktiv für das nachhaltige Ergebnis des Betriebes.

Unternehmer im Unternehmen – Irrtum!

Aus der Psychologie wissen wir: Je wichtiger extrinsische Anreize werden, desto mehr verlieren intrinsische an Bedeutung. Mit jeder neuen Kennziffer, an der der persönliche Erfolg eines Managers gemessen wird, geht ein Stück seiner Motivation verloren. Man glaubte immer, dass Führungskräfte wie echte Unternehmer denken, wenn man sie an ihrem persönlichen Erfolg und Misserfolg beteiligt. So ist es aber nicht. Vielmehr richten sie ihr Streben einzig und allein an den Kennziffern aus, statt am langfristigen Erfolg, wie es ein Unternehmer tut. Nehmen wir Parameter wie das „Betriebsergebnis 1“. Daran gemessen könnte der Abteilungsleiter oder Geschäftsführer sein Ziel erreichen, indem er die Personalkosten durch Kündigungen oder ausbeuterische Löhne reduziert, die Werterhaltung der Betriebsimmobilie einspart oder die Lieferanten bis auf den letzten Rabattpunkt ausquetscht. Danach ist zwar die Reputation des Unternehmens beim Teufel, aber er hat seine persönlichen Ziele erreicht und somit Anspruch auf seinen Bonus. Finden Sie das fair? Der Sinn oder Unsinn dieser Vergütungsform wird nicht erst seit den Auswüchsen erfolgsabhängiger Boni von Investmentbankern immer wieder diskutiert.

Was könnte die Lösung sein?

Ich sehe zwei Varianten. Wir sollten Managern nicht unterstellen, dass sie es nur aufs Geld abgesehen haben. Die meisten wollen ihren Job gut machen. Daher halte ich Variante 1 für die beste: nur Fixgehälter zu bezahlen – marktgerecht, bei Engpässen auch über Marktniveau – aber mehr nicht. Die dürfen dann gern auch höher sein. 

Hohe Fix-Gehälter gewinnen i.d.R. die besten Talente. Individuelle Einzelboni dagegen blockieren jeden Teamgeist, Kreativität und Fortschritt. Das heißt nicht, dass wir gänzlich auf die Kontrolle ihrer Performance verzichten. Schlechten Managern droht schließlich immer der Rauswurf, oder? Unternehmen wie die Deutsche Bahn oder BOSCH und zahlreiche andere haben inzwischen Erfolgskomponenten bei Managergehälter abgebaut. Ihr Statement: Eine Arbeitswelt 4.0, in der verstärkt auf Teamarbeit gesetzt wird, verbietet die Koppelung von persönlichen Boni an ein sogen. Performance-Management-System, weil Veränderungen immer rascher auftreten, nicht mehr von einem Einzelnen allein zu steuern sind und Bonus-Programme i. d. R. von Egoismen, Misstrauen und Kontrolle geprägt sind. Zudem spart man eine Menge Verwaltungsaufwand, wenn man auf die Implementierung aufwendiger Bonussysteme verzichtet. 

Werfen Sie alte Vergütungsmodelle mutig über Bord

Ein Blick in Unternehmen alter Führungskultur zeigt: Ein paar Auserwählte, vor allem Führungskräfte und der Vertrieb, werden für ihre Einzelleistungen bonifiziert. Doch das verfehlt das Ziel. Denn in der modernen Arbeitswelt gibt es immer seltener Einzelerfolge. Alles hängt miteinander zusammen. Das Resultat: Bonusgetriebene Einzelkämpfer und Egomanen auf der einen Seite -und ein demotivierter Rest von Mitstreitern auf der anderen. Das sollte sich heute kein Unternehmer mehr leisten. Empfindet die Belegschaft die Prämienvergabe als unfair („Warum ich nicht? Ich habe doch genauso am Erfolg mitgearbeitet!“), sinkt deren Leistungs- und Kooperationsbereitschaft auf null. „Futterneid“ entsteht. Wer also Gemeinschaftserfolge will, sollte auf Prämien für Auserwählte verzichten, weil sie jede Bereitschaft zur Kooperation infrage stellen.

Und die zweite Variante?

Bei gemeinsamen Erfolg werden alle belohnt -mit einem Bonus als Prozentsatz vom Basisgehalt. Das spornt an, stärkt die Gemeinschaft und fördert den Zusammenhalt. Kameradschaft, Corpsgeist stellen sich ein. Gegenüber dem Einzelbonus wird nachhaltig Schaden verhindert, indem Ego-Denken, Machstreben, Karriere auf Kosten anderer und das ausschließliche Denken ans eigene Portemonnaie begrenzt werden. Wir wissen: wenn Geld in den Vordergrund rückt, tritt die Moral den Rückzug an. Schlimmer noch: Die Angst um den Bonus machte schon so Manchen erfinderisch. Quartalszahlen werden geschönt, unerwartete Kosten in andere Projekte verschoben, unmoralische Grenzüberschreitungen werden toleriert, damit die Zahlen stimmen. Schließlich macht sich in den Köpfen der Belegschaft das schäbige Hochgefühl breit, die da oben „beschissen“ zu haben – und damit auch noch durchgekommen zu sein.

Der Bonus für alle muss aber auch eine Kehrseite haben: Für den Fall, dass ein Projekt floppt oder der Betrieb am Ende ein schlechtes Ergebnis erwirtschaftet hat, war das gesamte Unternehmen, das Team nicht erfolgreich und hat das Ziel verfehlt. Hier wirkt im Umkehrschluss das Malus-System. Alle schauen in die Röhre. Das klingt hart, ist aber fair. So sind alle Beschäftigten am Gelingen interessiert, unterstützen sich gegenseitig. Mitläufer und Low Performer identifiziert das Team sehr schnell und fordert deren höhere Leistung ein. Manchen hat es dabei schon aus der Kurve getragen. So konsolidiert sich das Team selbst.

Wenn schon Bonus – dann …. !

Mein Fazit: Wer transparente Kommunikation im Unternehmen und gemeinschaftliches Profitieren vom Erfolg fördern, aber Neid und Missgunst verhindern will, sollte sein variables Vergütungsmodell mit folgenden Regeln aufbauen:

  • Nicht Einzelpersonen, sondern stets das gesamte Team profitieren lassen
  • Transparenz durch messbare Parameter für die Zielerreichung kommunizieren (z.B. projektbezogen oder auf EBITDA des Unternehmens etc.)
  • Nur nachhaltige Erfolge honorieren – Bonuszahlungen für kurzfristige Zielerreichung fördern das „Verbrannte-Erde-Denken“
  • Auf keinen Fall abhängig von Wohlverhalten des Mitarbeiters gegenüber der Geschäftsleitung oder aber der Tagesform und Laune des Chefs („Gutsherrnart“) ausschütten
  • Im Umkehrschluss auch ein Malus-System kommunizieren (bei Misserfolg – kein Bonus)

Dennoch bleibt zu guter Letzt die Erfahrung des bekannten Trainers Otto Rehagel: „Geld allein schießt keine Tore!“ Außergewöhnliche Innovationen und Produktivität entstehen selten durch Motivation per Bonus oder Prämie. Aber mit hohen Fixgehältern und einer partnerschaftliche Führungskultur gewinnt und bindet man Spitzenkräfte. Und das sichert die Zukunft des Unternehmens.


Autor

Albrecht von Bonin
avb Management Consulting
www.avb-consulting.de
VON BONIN + PARTNER Personalberatung
www.von-bonin.de


 

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