Öko-Weinbau und Bio-Weine auf dem Vormarsch - viele Siegel erschweren Überblick

| Industrie Industrie

Die Anbaufläche von Öko-Weinen in Deutschland wächst. «Etwa 12,5 Prozent oder 12 500 Hektar sind biozertifiziert», sagt Randolf Kauer, Professor für ökologischen Weinbau an der Hochschule im hessischen Geisenheim. «Das entspricht einer Verfünffachung der Ökorebfläche seit 2004», ergänzt Ernst Büscher, Sprecher des Deutschen Weininstituts. Nach fast 40 Jahren habe sich der ökologische Weinbau «fest etabliert». «Die meisten Betriebe stellen um, weil Bio-Weine gefragt sind», berichtet Wissenschaftler Kauer, selbst Bio-Winzer vom Mittelrhein. «Die Flaggschiffbetriebe im VDP (Verband Deutscher Prädikatsweingüter) drücken richtig auf die Tube. Die großen Betriebe ziehen nach.» Im Rheingau seien mehr als 20 Prozent der Betriebe inzwischen biozertifiziert.

«Im biologischen Weinanbau steht das Ziel im Vordergrund, ein ausbalanciertes Ökosystem Weinberg zu erhalten und die Biodiversität zu fördern», erläutert Büscher die Grundsätze. Auf alle chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel werde deshalb ebenso verzichtet wie auf künstlich hergestellte Dünger und auch auf Herbizide. «Von der Sensorik her sind keine großen Unterschiede feststellbar», sagt Kauer. «Weil beim Weineinkauf der Weingeschmack im Vordergrund steht, ist Bio oftmals ein Zusatznutzen, der gerne mitgenommen wird, weil man damit eine umweltschonende Weinproduktion unterstützt», sagt Büscher.

Viele Betriebe hätten durch die drei Jahre dauernde Umstellung von konventionellen auf Bio-Anbau auch eine qualitative Verbesserung ihrer Weine festgestellt, berichtet Büscher. Längst nicht alle Winzer aber trügen ihre ökologische Wirtschaftsweise «groß nach außen». Zugleich gibt es bei den Bio-Winzern eine ganze Reihe von Öko-Siegeln.

«Gut die Hälfte der Betriebe sind ausschließlich EU-zertifiziert», sagt Kauer. Seit mehr als zehn Jahren (August 2012) gibt es das EU-Bio-Logo mit einem Euro-Blatt auf grünem Hintergrund. Dieses werde bei den Verbrauchern zunehmend bekannter, dagegen verliere das sechseckige deutsche Bio-Siegel an Bedeutung.

Außer der Außenwirtschaft im Weinberg regle die EU-Verordnung auch die kellertechnische Bereitung der Bioweine, erläutert Büscher. Dazu gehörten im Vergleich zu konventionell hergestellten Weinen niedrigere Grenzwerte beim Schwefelgehalt. «Daneben wird auf einige Weinbehandlungsstoffe verzichtet, einige müssen ökologischen Ursprungs sein und auch der Verzicht auf jede Gentechnik, etwa bei den Hefen, ist vorgeschrieben.»

«Die übrigen Siegel verteilten sich auf mehrere Verbände, vor allem auf Ecovin als reinen Bioweinbauverband, gefolgt von Bioland, Naturland und Demeter», sagt Kauer. Diese Anbauverbände und auch der Bioverband GÄA hätten bereits vor 2012 eigene Richtlinien für die Weinbereitung aufgestellt, heißt es im Ökolandbau-Portal des Bundeslandwirtschaftsministeriums. «Diese unterscheiden sich von der EU-Verordnung durch in Teilen höhere Auflagen beziehungsweise striktere Verbote bei der Verwendung von Hilfsstoffen und Verfahren.»

«Im Bio-Bereich sind diese Anbauverbände eingeführt», heißt es bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Die Kunden kennen sie von Bio-Lebensmitteln. Nicht so Ecovin: Der 1985 gegründete Verband ist Büscher zufolge der größte Zusammenschluss ökologisch arbeitender Weingüter weltweit. Die fast 250 Mitgliedsbetriebe bewirtschafteten im vergangenen Jahr mehr als 2700 Hektar Rebfläche in zwölf deutschen Anbaugebieten. In Italien und Frankreich wachse der Anteil an biozertifizierten Anbauflächen noch stärker als in Deutschland, sagt Kauer und spricht von je rund 20 Prozent.

Der Trend zur biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise im deutschen Öko-Weinbau ist nach Einschätzung von Büscher erst einige Jahre alt. Die so arbeitenden Demeter-Betriebe nutzten «noch stärker die Kräfte der Natur» und orientierten sich auch an dem Anthroposophen Rudolf Steiner. Sie produzierten keinen Wein, sondern «begleiten ihn mit minimalen Maßnahmen», heißt es bei Demeter. Dazu gehöre auch das Vergraben von Kuh-Hörnern im Weinberg mit gemahlenem Quarz oder Mist gefüllt, berichtet Andreas Roll vom biodynamischen Gustavshof im rheinhessischen Gau-Heppenheim.

«Daneben gibt es noch einige kleine Gruppen mit Labels», sagt Kauer. So finden sich auf manchen Flaschen die Logos von Respekt Biodyn mit Sitz in Österreich und der französischen Marke Biodyvin - beide stehen auch für biodynamischen Weinanbau. Fair’n Green ist dagegen kein Bio-Siegel sondern ein Siegel für nachhaltigen Weinbau. Rund 120 Betriebe haben sich angeschlossen, konventionelle und Bio-Winzer. Darunter sind auch VDP-Weingüter wie etwa Jean Stodden und Meyer-Näkel von der Ahr.

Winzer Roll hat neben Demeter- auch immer mehr «Maxnat»-Weine im Angebot, etwa 10 der 30 Sorten. «Maxnat» stehe für «maximal natürlich», erläutert der 43-Jährige. Das schließe neben Qualitäts- auch Landweine mit ein. «Das steckt aber noch total in den Kinderschuhen.» Etwa 20 Betriebe in Deutschland machten bislang mit. Das Credo bei der Herstellung der naturtrüben, ungeschwefelten und ungefilterten Naturweine beschreibt Roll so: «Nichts rein und nichts raus.»

«Bei Bioweinen gibt es viele Individualisten, die besonders interessante Weine machen», stellt Kauer fest. Dazu gehörten auch diese sogenannte Naturweine. Allerdings: «Naturweine sind völlig unzertifiziert. Sie müssen nicht biozertifiziert sein.»


Weiterführende Informationen im Internet: 


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Hotels & Sportresort Fleesensee verstärkt sein Kulinarikteam und stellt sich strategisch und konzeptionell neu auf. Christian Stockmann hat die kulinarische Leitung aller Betriebe der Gruppe übernommen.

Mit Sorgen starten Deutschlands Spargelbauern nach einem schlechten Jahr 2022 in die neue Saison. Der Deutsche Bauernverband warnt, dass wegen billigerer ausländischer Importware Spargel und Erdbeeren eines Tages von den heimischen Feldern verschwinden könnten.

Auf deutschen Campingplätzen haben im vergangenen Jahr so viele Menschen übernachtet wie noch nie zuvor. Es waren rund 40 Millionen Übernachtungen und damit etwa 22 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr.

Gastgeberfamilie Hettegger investiert erneut in ihr Das Edelweiss Salzburg Mountain Resort. Nach der Wintersaison wird das Fünf-Sterne-Hotel ab Mitte April einem Umbau unterzogen. Die geplante Wiedereröffnung des Hauses ist am 6. Juli 2023.

Ein Appell für mehr Gerechtigkeit – Neven Subotić erzählt in seiner Autobiografie „Alles Geben“ von seiner Flucht in der Kindheit, dem Leben als Star und seinem Engagement für mehr soziale Gerechtigkeit in einer kapitalistischen Welt.

Auf der Frühjahrstagung der Jeunes Restaurateurs (JRE) präsentierte der neue Vorstand seine Strategie für die kommenden Jahre. Das Ziel: Mit einzigartigen "JRE-Momenten" sollen vor allem die Gäste, aber auch die Mitarbeitenden und Mitglieder noch mehr an die Vereinigung gebunden werden.

Die HR Group hat sich als Franchisenehmer der Radisson Hotel Group das neue Flightgate Munich Airport Hotel, a member of Radisson Individuals, im Munich Airport Business Park gesichert.

In Albena an der bulgarischen Schwarzmeerküste eröffnet am 2. Mai das Maritim Hotel Amelia. Bereits seit 2019 betreibt Maritim das direkt angrenzende 5-Sterne Maritim Hotel Paradise Blue Albena.

Die Kölner Gastronomieszene verliert eines ihrer Flaggschiffe. Das mit zwei Michelin-Sternen dekorierte Restaurant „Le Moissonnier“ schließt nach 36 Jahren. Am 30. Juni empfangen Patron Vincent Moissonnier und Chefkoch Eric Menchon zum letzten Mal Gäste. „Ich kann nicht mehr“, sagt Moissonnier im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger".

Wo schläft König Charles III. in Berlin? Zu manchen Details eines königlichen Besuchs wird traditionell geschwiegen. Insidern zufolge wird er wohl dort unterkommen, wo bereits seine Mutter Queen Elizabeth II. zu Gast war.