Geschlossene Restaurants: Jäger werden Wildfleisch nicht los

| Gastronomie Gastronomie

Die Jäger stecken in der Klemme: Sie sollen Rehe und Hirsche schießen, damit in den Wäldern die jungen Bäume wachsen können. Wegen der drohenden Afrikanischen Schweinepest müssen sie Wildschweine erlegen. Doch wohin mit dem Wildfleisch? Seitdem wegen der Corona-Pandemie die Gaststätten in Deutschland geschlossen sind, wird nur noch wenig Wildbret verkauft. «Die Gastronomie ist der Hauptabnehmer in Deutschland», sagt Präsident des Deutschen Jagdverbands (DJV), Volker Böhning. Er ist auch Chef des Landesjagdverbandes Mecklenburg-Vorpommern in Parchim.

Die Wildhändler nehmen bundesweit kaum noch etwas ab. Entweder sind ihre Kühlhäuser voll oder ihnen fehlt das Geld, um den Jägern das Wild zu bezahlen. «Ich kann kaum noch etwas verkaufen, weil es keine Messen mehr gibt», sagt Torsten Klar aus der Gemeinde Süderholz (Vorpommern-Greifswald). Er verarbeitet Wild in einem Ein-Mann-Betrieb. Gerade sei eine Landwirtschaftsmesse in Brandenburg abgesagt worden, wo er an seinem Stand Wildsalami verkaufen wollte. Er versuche es im Einzelhandel und auf Frischemärkten.

Den Jägern, die er kenne, kaufe er zum Teil Fleisch für den halben Preis ab. «Ich sage ihnen, schießt das Wild erst im Herbst», berichtet Klar. «Vielleicht sieht es dann wieder besser aus.» Dabei waren die Jagdzeiten für Rehe, Rot-, Damwild in Mecklenburg-Vorpommern gerade vorgezogen und verlängert worden.

Die Preise, die derzeit für Wild erzielt werden können, sind einem anderen Händler zufolge generell auf die Hälfte oder ein Drittel des üblichen gesunken. Je Kilogramm Reh oder Rotwild erhalte der Jäger einen statt drei Euro, für Wildschwein 50 Cent.

Was die Abschusspläne betrifft, ist es Böhning zufolge schon möglich, die Jagd zu verschieben. «Ich muss jetzt nicht Rehwild schießen», sagt er und schränkt gleich ein: «Außer in Schwerpunktgebieten, wo aufgeforstet wurde.» Dort knabbern die Rehe gerne an den jungen Bäumchen. Schwarzwild aber muss Böhning zufolge wegen der Seuchenprävention jeTzt gejagt werden, bevor es sich im hohen Raps und Mais verstecken kann.

Bundesweit machen sich Jäger Gedanken, wie sie aus der Misere kommen. Das Zauberwort könnte Direktvermarktung heißen. «Der Bedarf an Wildfleisch ist da, die Beliebtheit steigt», sagt der Sprecher und stellvertretende DJV-Geschäftsführer Torsten Reinwald in Berlin. Er verweist auf eine neue Image-Befragung des Jagdverbandes. Demnach hielten 1999 etwa 70 Prozent der Befragten Wild für ein hochwertiges Lebensmittel, jetzt seien es 84 Prozent. Gut ein Fünftel (22 Prozent) gab an, schon selbst zubereitetes Wild gegessen zu haben.

Reinwald hält das Vorgehen Baden-Württembergs für nachahmenswert. Dort dürfen Jäger aufgrund einer Ausnahmegenehmigung des Landwirtschaftsministeriums das eigene Wild von einem Metzger zerlegen, verarbeiten und - vor allem - verkaufen lassen. Bislang sind auf diese Art gewonnene Wildprodukte nur für den Eigenbedarf des Jägers zugelassen. «Die Politik könnte mit wenigen Federstrichen für Erleichterung sorgen», meint Reinwald. Zudem unterstütze Baden-Württemberg Jäger, die sich eine mobile Wildkammer anschaffen, mit bis zu 40 Prozent. In dem Container können sie Wild selbst zerlegen und kühlen. DJV-Präsident Böhning könnte sich auch vorstellen, dass sich Hegegemeinschaften solche Wildkammern anschaffen und dafür einen staatlichen Zuschuss erhalten.

In Deutschland gibt es laut DJV mehr als 388 000 Jagdscheininhaber, davon nur rund 1000 Berufsjäger. Die meisten Jäger erfüllten ehrenamtlich einen gesellschaftlich relevanten Auftrag und verdienten Unterstützung. «Auf keinen Fall dürfen sie für die Mülltonne jagen», mahnte Böhning. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Le Faubourg in der City West feiert sein Jubiläum mit einem modernisierten Brasserie Konzept, besonderen Menüangeboten und einer Bilanz seiner Rolle als Förderer junger Kochtalente.

Nach einer sechsmonatigen Umbauphase hat L’Osteria den Standort ihres ersten Restaurants in Nürnberg unter dem neuen Namen „L’Osteria Numero Uno“ wiedereröffnet. Auf die Gäste wartet ein neues Konzept, welches sich vornehmlich auf das Außerhaus-Geschäft sowie Pizza konzentriert.

Die Berliner Kaffeekette LAP Coffee steht im Zentrum von Kontroversen und ist Opfer gezielter Farbattacken geworden. In den letzten Tagen kam es zu koordinierten Angriffen auf mehrere Filialen in verschiedenen Berliner Stadtteilen. Gründer Ralph Hage rechnete jetzt den Gewinn pro Tasse vor.

Starbucks hat den Verkauf der Mehrheit ihres Geschäfts in China an die Investmentfirma Boyu Capital bekannt gegeben. Die Transaktion erfolgt im Rahmen der Gründung eines Joint Ventures zum Betrieb der Starbucks-Filialen in der Volksrepublik. Boyu erwirbt seine Beteiligung basierend auf einem Unternehmenswert von rund vier Milliarden US-Dollar.

Yum! Brands hat offiziell eine Überprüfung strategischer Optionen für seine Pizzakette Pizza Hut eingeleitet. Mögliche Ergebnisse sind ein vollständiger Verkauf, ein Joint Venture oder die Veräußerung einer Beteiligung.

Die neue Ausgabe des Wirtshausführer Österreich sieht eine positive Entwicklung in der heimischen Wirtshausszene. Im Fokus stehen Nachhaltigkeit und innovative Konzepte junger Wirte.

Das Restaurant Sphere Tim Raue im Berliner Fernsehturm ist vom Schlemmer Atlas als „Neueröffnung des Jahres 2025“ prämiert worden. Die Auszeichnung wurde im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Schloss Fleesensee übergeben.

Nach mehrjähriger Schließung kehrt eines der bekanntesten Münchner Restaurants in die Gastronomielandschaft zurück: Der Palais Keller im Hotel Bayerischer Hof öffnet am 2. Dezember 2025 wieder seine Türen.

Das GästeHaus Klaus Erfort hat das Insolvenzverfahren beendet. Das Zwei-Sterne-Restaurant in Saarbrücken blickt nach Abschluss des Schutzschirmverfahrens mit einer stabilen wirtschaftlichen Basis und klaren Perspektive in die Zukunft.

Wenn Angela Matarrese Pasta macht, bleibt die Nudelmaschine unberührt. Seit fast 35 Jahren kocht sie in einem Restaurant in Berlin-Schöneberg. Am 10. November wird das Leben der 90-Jährigen mit einem Preis bedacht.