Rohrkrepierer aus Brüssel - Digital Markets Act der EU würgt Direktvertrieb der Hotels ab

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Dass „gut gemeint“ am Ende nicht immer auch „gut gemacht“ bedeutet, stellt seit einigen Monaten der Digital Markets Act der EU unter Beweis. Eigentlich sollte das Gesetz die Marktmacht der großen Online-Plattformen begrenzen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Hotels verlieren massiv an digitaler Sichtbarkeit. Gäste werden den Plattformen in die Arme getrieben. Die verdienen jetzt noch besser.

Das Gesetz über digitale Märkte soll eigentlich sicherstellen, dass digitale Märkte fair sind und dass neue Teilnehmer in den Markt eintreten können und damit Wettbewerbsdruck auf etablierte Teilnehmer ausüben. Das Gesetz zielt dabei auf die Regulierung von großen Digitalplattformen in der EU. Dazu wurde der Begriff des Torwächters (eng. gatekeeper) eingeführt, und objektive Kriterien definiert, die festlegen, wann ein Unternehmen einen großen Einfluss auf den digitalen EU-Binnenmarkt hat.

Unter anderem legt der Digital Markets Act fest, dass die Gatekeeper wie Amazon, Google oder Booking einer Reihe von Grundregeln folgen müssen. Zum Beispiel dürfen Online-Marktplätze keine bevorzugte Darstellung eigener Produkte mehr vornehmen, sondern müssen die Produkte anderer Händler gleichbehandeln. Das hat ungewollte Konsequenzen.

Da Google zu den ersten „Gatekeepern“ gehörte, begann das Unternehmen im Januar 2024 mit der Umsetzung der DMA-Anforderungen. Nur wenige Tage später waren bereits die Auswirkungen auf Kampagnen in Google Hotel Ads erkennbar, ein eigenes sogenanntes „vertikales“ Produkt von Goolge. Die Ergebnisse für Hotels wurden deutlich schlechter, wie verschiedene Analysen zeigten.

Es sank nicht nur das Klickvolumen der Hotels, auch die Anzahl der Direktbuchungen nahm messbar stark ab, wodurch andererseits die Abhängigkeit der Hotels von Vermittlern wie Booking & Co. weiter zunahm. Google war nicht mehr in der Lage, die Präsentation von Hotelangeboten für Benutzer in DMA-Märkten wie gewohnt organisiert, klar und intuitiv auszuspielen.

Google selbst sagt in einem Blogpost, dass viele Änderungen im Zusammenhang mit dem DMA den großen Online-Reiseaggregatoren und -Vergleichsseiten zugutegekommen seien. Dafür gebe es eine andere Gruppe von Unternehmen, die leider Traffic verlören: „Für Fluggesellschaften, Hotelbetreiber und kleine Einzelhändler ist es jetzt schwieriger, Kunden zu erreichen. Sie haben berichtet, dass die Klicks auf kostenlose Direktbuchungen um bis zu 30 Prozent zurückgegangen sind, seit wir unsere ursprünglichen Änderungen vorgenommen haben.“

Jetzt geht Google, wohl auch auf Druck von Wettbewerbern, noch einen Schritt weiter. Um den Anforderungen des Digital Markets Act (DMA) der EU gerecht zu werden, entfernt Google seit dieser Woche in Deutschland, Belgien und Estland testweise einige Angebote aus den Suchergebnissen für Hotels.

Von Buchungs- und Vergleichsportalen werden weitere Änderungen bei Google derzeit wohl massiv bei der Europäischen Kommission eingefordert, wie berichtet wird. Die Plattformen hätten sich massiv darüber beschwert, dass Google die eigenen Angebote zur Buchung von Hotels, Flügen oder Reisen gegenüber Konkurrenten bevorzugt ausspiele. Jetzt gehe den Vermittlern darum, Google daran zu hindern, vertikale Reiselösungen (Google Flüge, Google Hotel Ads) anzubieten. Fast erweckt es den Anschein, als gebe die EU mit dem DMA den Reise- und Hotelvermittlern den Generalschlüssel in die Hand, ihr Ziel zu erreichen.

Bisher wurden bei einer Google-Suche nach einem Hotel zunächst drei bezahlte Ergebnisse von spezialisierten Suchmaschinen und Vergleichsportalen wie Booking.com oder Check24 angezeigt. Darunter folgte eine interaktive Karte mit Hoteleinträgen, auf der auf einen Blick der Preis für eine Übernachtung ersichtlich war, die sogenannten kostenlosen Buchungslinks. Unterhalb der Karte befanden sich weitere Hoteleinträge, die nicht gesponsert waren. In dem nun angekündigten Testlauf sollen die Karte und die kostenlosen Buchungslinks verschwinden.

Für Verbraucher bedeutet diese Änderung weniger Transparenz, Auswahl und Komfort. Für Hotels, insbesondere unabhängige Betreiber und kleine Unternehmen, erschwert der Rückfall zu einfachen blauen Links auf den Suchergebnisseiten den Wettbewerb: Ihre Sichtbarkeit wird verringert und die Abhängigkeit von Drittanbieter-Plattformen nimmt weiter zu.

Auch bei Google nicht hinter dieser Maßnahme: „Wir sind mit diesem Schritt sehr zögerlich, da die Abschaffung hilfreicher Funktionen weder den Verbrauchern noch den Unternehmen nützt“, erläuterte Oliver Bethell, Chef-Justiziar der Suchmaschine, in einem Blogpost. Das solle der Test deutlich machen. Nach Abschluss des Tests würden die Ergebnisse wieder normal angezeigt. Wie lange der Test exakt dauern wird, teilte Google nicht mit. 

Der Hotelverband in Deutschland ist auf der Zinne. Verbands-Boss Otto Lindner warnt: „Die Hotellerie ist auf einen ausgewogenen Zugang zu Verbrauchern bei der Online-Suche angewiesen. Leider haben jüngste Änderungen in der Google-Suche bereits zu einer Verringerung des Traffics und damit der Chancen für Direktbuchungen geführt. Es ist inakzeptabel, wenn ausgerechnet dominante Online-Plattformen durch die DMA-Umsetzung auch noch bevorzugt und unabhängige Hotels faktisch unsichtbar werden sollen.“

Google dürfte natürlich daran interessiert sein, eine saftige Geldstrafe zu vermeiden. Bei Verstößen gegen den DMA können Geldbußen von bis zu 10 Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes des Unternehmens, beziehungsweise bis zu 20 Prozent bei wiederholter Zuwiderhandlung verhängt werden. Erst im September 2024 wurde das US-Unternehmen, nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dazu verdonnert, eine Strafe in Höhe von 2,42 Milliarden Euro zu zahlen. Die Technologie-Firma habe seinem eigenen Preisvergleichsdienst einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft und so seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, entschieden die Richter in Luxemburg. Um Zahlungen nach dem DMA zu entgehen, scheint das Unternehmen bereit auch seine die vertikalen Suchdienste, die seit Jahrzehnten entwickelt und verfeinert wurden, abzuschalten.

Dadurch würde sich auf der der einen Seite das Sucherlebnis für die Nutzer erheblich verschlechtern. Der Hotellerie und anderen Branchen ginge eine der wichtigsten Vertriebsmöglichkeiten verloren. Ihre Abhängigkeit von Zwischenhändlern wie den OTAs würde erneut deutlich ansteigen. Für die Hotels, die seit Jahren versuchen ihren Direktvertrieb, nicht zuletzt mithilfe von Kampagnen auf Google zu erhöhen, wäre diese Situation ein Desaster. Der DMA hätten dann genau das Gegenteil von dem bewirkt, was die eigentliche Intention der Politiker in Brüssel gewesen ist.

Man erwarte von den Europäischen Institutionen, Fairness, Transparenz und eine direkte Interaktion zwischen Anbietern und ihren Kunden auch auf digitalen Märkten zu fördern und zu sichern, statt die Dominanz weniger mächtiger Online-Vermittler auch noch zu festigen, fordert daher der Hotelverbandsvorsitzende Otto Lindner.


 

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