Wein in Mehrwegflaschen?

| Industrie Industrie

Wein in Bierflaschen! Mit Kronkorken, aber nicht als Massenware in großen Bierkästen. Auf der Fachmesse ProWein in Düsseldorf (19. bis 21. März) präsentiert das Weingut Galler aus der Pfalz einen Weißwein in Bierflaschen. Die neu gegründete Genossenschaft Wein-Mehrweg eG aus Baden-Württemberg stellt eine Mehrwegflasche für Wein vor. Mit den Themen Klimawandel und Energiekrise rückt die Frage nach Nachhaltigkeit in den Blickpunkt. Andere Ansätze sind Leichtglas-Weinflaschen, Kartons und Papierflaschen.

Mehr als eine Milliarde Weinflaschen werden pro Jahr in Deutschland gekauft, wie das Deutsche Weininstitut schätzt. Allerdings landen die allermeisten leeren Flaschen in der Altglastonne. Ein Grund dafür ist die große Vielfalt: «Derzeit sind allein in Deutschland weit über 100 verschiedene Weinflaschentypen im Einsatz», sagt Institutssprecher Ernst Büscher.

Ein weiterer Grund ist das fehlende Rücknahmenetz: Ein solches System müsste nicht nur von der deutschen Weinbranche sondern auch vom Lebensmitteleinzelhandel angenommen werden. Das setze voraus, dass sich die Weinerzeuger auf wenige Flaschenformen verständigen. Zudem überwiegen die Weinimporte, die zum Großteil in abgefüllten Flaschen nach Deutschland kämen. Laut Verpackungsverordnung besteht keine Pfandpflicht für Weinflaschen.

«Über mehrere Jahrzehnte hinweg gab es diverse Überlegungen zu Wein im Mehrweg, aber bislang keine Einigung in der Branche - und aus unserer Sicht bis heute eher emotional geführte Diskussionen», sagt die Geschäftsführende Gesellschafterin des Kölner Start-ups Abgefüllt, Leonie Berents.

Erst mit dem Ukraine-Krieg, der Energie-Krise und deren Folgen für die Glasindustrie, die in Fertigung hohen Gasbedarf hat, rücke das Mehrweg-Thema stärker in den Fokus. Studien zeigten, welchen Beitrag die Weinwirtschaft zu Klimazielen leisten müsste - und die Mehrwegflasche sei mit Abstand der größte Hebel. Berents sieht Bierflaschen als eine nahe liegende Lösung - die am leichtesten zugängliche und am weitesten verbreitete Flaschenform, wie sie sagt.

Das Deutsche Weininstitut beobachtet sehr viel Dynamik bei dem Thema. Die Weinflasche besitze einen Anteil von 45 Prozent am CO2-Fußabdruck der Weinproduktion. Angesichts der gestiegenen Glaspreise werde auch für kleinere Weinerzeuger die Rücknahme und das Spülen lassen von gebrauchten Weinflaschen wieder attraktiver, sagt Büscher.

Letztlich müsse der Verbraucher mitziehen. Büscher verweist auf das bestehende Mehrwegsystem für 1-Literflaschen in Baden-Württemberg, durch das jährlich 24 Millionen Weinflaschen gespült würden. Die Genossenschaft Wein-Mehrweg setzt nun auf eine 0,75-Literflasche, will noch in diesem Jahr erste Weine in die Pfandflaschen abfüllen.

«Wenn man dann mal sieht, dass in der deutschen Weinbranche 1,1 Milliarden Weinflaschen weggeworfen werden, wie schnell eine Weinflasche ausgegossen ist, dann sieht man das Riesen-Potenzial, dass da irgendwas passieren muss», sagt Ansgar Galler vom Bio-Weingut Galler in Kirchheim an der Weinstraße. Es gebe in der Weinbranche einige Ideen. «Wir schließen uns einem System an, dass dann wirklich deutschlandweit funktioniert», sagt er.

Jeder kenne die 0,5-Literflasche als Bierflasche, letztlich sei sie aber auch nur ein Glasbehälter. Nicht nur das Nachhaltigkeitsprinzip finde bei Kunden Anklang, sondern auch die Flaschengröße, weil in der klassischen Weinflasche mitunter etwas übrig bleibe. Galler nutze künftig einen Flaschenmix.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele, stellt fest: «Immer mehr Hersteller nehmen sich das umweltfreundliche Mehrwegsystem der Brauereien zum Vorbild.» Bundesweit seien bis zu vier Milliarden wiederbefüllbare Glasflaschen im Umlauf, davon etwa 80 Prozent Gemeinschaftsflaschen, die von jeder Brauerei genutzt werden könnten. Der Bier-Mehrweganteil betrage rund 80 Prozent, inklusive Fassbier über 90 Prozent. Aus Sicht von Niklas Other, Herausgeber des Getränkemarktmagazin «Inside», müssten sich die Winzer von Anfang an auf eine Poolflasche einigen. Auf der anderen Seite versuchten die Brauer gegenwärtig verzweifelt, Einheitspoolflaschen voranzubringen.

«Insbesondere im Hinblick auf die sich abzeichnenden gesetzlichen europäischen Rahmenbedingungen wird die Weinbranche sich bewegen müssen, um den Mehrweganteil weiter zu erhöhen», meint Dirk Reinsberg. Den Ansatz, für Bier bekannte Mehrweg-Flaschenformen auch für Wein zu nutzen, findet der Geschäftsführende Vorstand im Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels «pfiffig».

Dafür gebe es einen Trend. Die 0,33-Literflasche mit langem Hals, die als Bierflasche «geboren» geworden sei, werde heute in Klarglas breit genutzt. Sie diene als Mehrweg-Flasche für Bier, Cola, Erfrischungsgetränke, Eistee und Mineralwasser. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die in die Insolvenz in Eigenverwaltung geratene Privatbrauerei Eichbaum in Mannheim hat die Unternehmensberatung Roland Berger beauftragt, einen Investor zu finden. Das Ziel ist es, den Fortbestand der traditionsreichen Brauerei zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die Marktansprache durch das M&A-Team von Roland Berger habe bereits begonnen.

Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass die Preise für Schokoladen und Pralinen kurz vor dem Weihnachtsgeschäft massiv angezogen haben. Hintergrund sind die hohen Preise für die Rohstoffe Kakao und Zucker.

Pressemitteilung

Nachhaltigkeit ist für Supreme Sports Hospitality (Supreme) ein zentrales Anliegen. Im Deutsche Bank Park in Frankfurt sowie im Weserstadion in Bremen setzt der Stadioncaterer daher seit diesem Jahr verstärkt auf digitale Innovation und effiziente Prozesse zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen. Auch am neu übernommenen Standort, dem Rudolf-Harbig-Stadion in Dresden, wird der nachhaltige Ansatz nach Abschluss der Implementierungsphase weiterverfolgt.

Die BHS tabletop AG plant, ihre Produktion am Standort Schönwald spätestens Ende 2027 einzustellen. Das Unternehmen, das Marken wie Bauscher und Schönwald führt, begründet die Entscheidung mit massiv steigenden Standortkosten, komplexen Prozessen und stagnierenden Märkten.

In der Pfalz, an der Mosel, der Hessischen Bergstraße sowie in Franken, Sachsen und dem Anbaugebiet Saale-Unstrut haben mehrere Winzer Eiswein-Trauben geerntet. Eine Besonderheit im November.

Pressemitteilung

Seit dem Jahr 2000 revolutioniert Salto, wie Menschen Türen öffnen und Räume weltweit sichern. Aus einem kleinen Start-up in Spanien ist ein globaler Technologieführer geworden, der mit seinem intelligenten Zutrittsökosystem Türen zu neuen Chancen, Verbindungen und Wachstum öffnet.

Pressemitteilung

​​​​​​​Auf der Intergastra präsentiert Winterhalter unter dem Leitmotiv „Don’t worry. Just wash.“ seine bewährten Spülsysteme und ergänzt diese um zukunftsweisende Services mit zahlreichen Vorteilen für Kunden. Mit EasyAccess, Remote Services und EcoPilot zeigt das Unternehmen, wie sich Spülprozesse künftig noch einfacher, sicherer und wirtschaftlicher gestalten lassen.

Pressemitteilung

Rund 3.000 junge Bäume wurden im Waldgebiet Schauener Holz nahe Wernigerode gesetzt und ergänzen die jährlich insgesamt 10.000 neuen Bäume, mit denen das GreenSign Institut die Harzer Wälder kontinuierlich unterstützt.

Die Brauerei Oettinger wird in Braunschweig kein Bier mehr brauen. Die Entscheidung sei endgültig, sagte eine Sprecherin der Brauerei. Die Gewerkschaft hatte sich noch gewehrt - jedoch ohne Erfolg.

Der Bierabsatz sinkt - vor allem junge Kunden bleiben weg. Auch Wein wird seltener getrunken. Die Produzenten sehen den Genuss ihrer Getränke zu unrecht an den Pranger gestellt.