Ende des Traumurlaubs: Hotels machen Touristen nach Cook-Pleite Druck

| Tourismus Tourismus

Die ersten Tage in Khao Lak sind für Kevin H. und Chiara L. noch so, wie man sich einen Urlaub in Thailand vorstellt. Das Wasser der Andamanensee türkis, ein halber Kilometer feiner Sandstrand mit Palmen und dahinter ihr Fünf-Sterne-Hotel «The Haven», eine moderne Anlage mit großer Poollandschaft. Versprechen: «Wir bieten Ihnen ein unvergessliches Urlaubserlebnis.» So ist das auch gekommen. Nur ganz anders als gedacht.

Denn aus dem Traumurlaub wird für das Paar aus Oldenburg ein Alptraum. Wegen der Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook besteht das Hotel darauf, dass alle Thomas-Cook-Kunden ihre Rechnung nochmals bezahlen - und zwar persönlich und direkt vor Ort. Für Kevin H. (29) und Chiara L. (23) bedeutet dies, dass sie auf den längst überwiesenen Pauschalpreis von 3450 Euro nochmals 1600 Euro drauflegen müssen. Macht: 5050 Euro für zehn Tage Strand.

Fälle wie dieser häufen sich. Der Deutsche Reiseverband (DRV) kritisiert es als «völlig inakzeptabel», wenn Hotelgäste des insolventen Reiseveranstalters erneut zur Kasse gebeten werden. Der Verband erhalte vermehrt Kenntnis von Hotels, die in Urlaubsdestinationen Pauschalurlauber festhalten, die mit Thomas Cook Deutschland gebucht haben, teilt der DRV mit.

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisiert das Vorgehen mancher Hoteliers. «Das Ausnutzen einer Zwangslage, um den eigenen Schaden zu kompensieren, ist nach deutschem Recht strafbar», sagt vzbv-Tourismusexperte Felix Methmann. Das Problem: Während Fluggesellschaften von Reiseveranstaltern meist Vorkasse verlangen, werden Hotels in der Regel in größeren Abständen nach Erbringung der Leistung bezahlt. «Deshalb verlangen manche Hoteliers von Thomas-Cook-Gästen jetzt Geld, obwohl die Urlauber ihre Reise beim Veranstalter schon bezahlt haben.»

Die Insolvenzversicherung zahle indes nur, wenn der Kunde unter Druck gesetzt wurde. «Dazu gibt es höchstrichterliche Entscheidungen. Reisende, die freiwillig die Hotelrechnung bezahlen, haben keine Ansprüche», sagt Methmann.

Druck vom Hotel bekommen Chiara L. und Kevin H. allerdings zu spüren. Zunächst finden die beiden auf dem Bett eine Nachricht der Direktion. Dann fängt sie jemand beim Frühstück ab. «Der hat uns quasi die Pistole auf die Brust gesetzt», berichtet H.. «Wir müssten bezahlen. Ansonsten könnten wir nicht auschecken, und er würde die Polizei anrufen.» Dann sind die Zimmerkarten gesperrt. «Wir fühlten uns festgesetzt und erpresst.»

Nach ein paar Telefonaten mit der Heimat und dem deutschen Konsulat in Phuket («Die Dame hat gesagt: "Wenn Sie das nicht machen, endet das nicht gut für sie."») entscheidet sich H. schweren Herzens, mit seiner Kreditkarte zur Rezeption zu gehen. Dann dürfen die beiden auch wieder in ihr Zimmer. Seit Donnerstag sind sie zurück in Oldenburg. Vier andere Paare aus Deutschland - alles Kunden der deutschen Thomas Cook - sitzen aber immer noch im «The Haven».

Der Geschäftsmann Joachim M. (52), einer der Urlauber, berichtet von ähnlichen Erfahrungen. «Man hat mir quasi damit gedroht, dass wir unseren Flug verpassen. Und dann hätte ich ganz andere Probleme.» Bei M. und seiner Frau geht es um eine Summe von 1200 Euro. Sie wollen am Samstag zurück. Noch hoffen sie auf ein Schreiben der Versicherung. Im Notfall wird der Geschäftsmann aus der Nähe von Ludwigshafen wohl aber auch zahlen. «Wenn ich alleine unterwegs wäre, würde ich das durchziehen. Aber mit meiner Frau...».

Das Hotel bestätigt, dass es bei Thomas-Cook-Kunden auf der Zahlung direkt vor Ort besteht. Front-Office-Manager James Nuimang sagt: «Wir haben von Thomas Cook zum letzten Mal im Juni Geld bekommen. Im Juli nichts und im August nichts. Weil die Firma pleite ist, müssen wir uns direkt an die Gäste wenden.» Richtlinie für den Fall, dass sich jemand weigert: «Wir werden die Gäste nicht auschecken lassen. Wir werden die Polizei rufen.»

Wie vielen deutschen Urlaubern es in Thailand ähnlich geht, weiß niemand genau. Anfang der Woche hieß es von Seiten des Unternehmens, es befänden sich 783 deutsche Thomas-Cook-Kunden im Land. Bei den deutschen Auslandsvertretungen - Botschaft und Konsulaten - meldeten sich weniger als 30 Betroffene.

Die Furcht vor solchen Hotelrechnungen beschränkt sich allerdings nicht nur auf das südostasiatische Land. In Bulgarien etwa hat Tourismusministerin Angelina Angelkowa die Hoteliers aufgerufen, trotz der Insolvenz von Thomas Cook die Kunden des Reiseunternehmens weiter zu versorgen. Andernfalls würde das Image des Schwarzmeerlands leiden, und die Touristen würden nicht wiederkommen. Denn auch bulgarische Hoteliers beschweren sich, dass sie zuletzt kein Geld von Thomas Cook erhalten hätten.

Urlauber, von denen Hoteliers Geld verlangen, sollten sich an den Reiseleiter und den Insolvenzversicherer Zurich wenden, rät Tourismusexperte Methmann. «Aufgabe des Versicherers ist es, voraus bezahlte Leistungen der Kunden abzusichern und die Kosten für gestrandete Urlauber zu übernehmen.»

Methmann bekräftigt die Kritik der Verbrauchschützer an der gesetzlichen Deckelung der Versicherungssumme auf 110 Millionen Euro pro Versicherer und Jahr. «Diese Summe bietet bei großen Insolvenzen keinen wirksamen Schutz.» Im Falle von Thomas Cook dürfte das Geld möglicherweise nicht für die Erstattung der Kunden-Ansprüche für Herbst und Winter gebuchte Pauschalreisen reichen. «Die Bundesregierung muss den Betrag anheben.»

Von Christoph Sator und Friederike Marx, dpa

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mecklenburg-Vorpommern ist als Urlaubsland immer noch beliebt. Der Tourismusbeauftragte bemängelt jedoch fehlende Investitionen in die Zukunft. Der Dehoga-Präsident sieht das anders.

Viele Menschen in Deutschland schränken sich lieber in anderen Bereichen ein, als auf die Urlaubsreise zu verzichten, so eine Studie. Und die Beliebtheit von Flugreisen steigt auf einen Rekordwert.

Auch in diesem Jahr hat Accor die aktuellen Reise-Trends untersucht. Trotz Inflation und steigender Lebenshaltungskosten planen Reisende 2024 mehr Budget für ihre Reisen ein. Bei Deutschen steht vor allem der Heimaturlaub hoch im Kurs, gefolgt von Reisen nach Spanien, Italien und Österreich.

Saudi-Arabien hat von der Welt Tourismus Organisation (UNWTO) und dem World Travel & Tourism Council (WTTC) internationale Anerkennung für seine Leistung erhalten, bis 2023 mehr als 100 Millionen Touristen zu empfangen.

Der Reisehunger der Deutschen ist nach den Pandemiejahren zurück: Dies zeigt sich in einer repräsentativen Umfrage, die das Bonusprogramm Payback im Vorfeld der ITB in Berlin unter Kundinnen und Kunden durchgeführt hat.

Internationale Auslandsreisen erzielten in 2023 mit zweistelligen Wachstumsraten im Vergleich zu 2022 erneut einen großen Schritt in Richtung Auslandsreisevolumen von 2019. Strand- und Städtereisen sind mit je einem Drittel Marktanteil die beiden Haupturlaubsarten. Auf Rang drei folgen Rundreisen.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) sieht den Incoming-Tourismus auf einem nachhaltigen Wachstumskurs. Deutschland hat gute Chancen, 2024 wieder an die Ergebnisse des Jahres 2019 anzuknüpfen. Dazu tragen auch touristisch attraktive Events, wie die UEFA Euro 2024, und Kultur-Highlights bei.

Manchmal kommt es auf jeden Zentimeter an: Für einen erholsamen Urlaub sollte jeder Gast im Hotelbett schon mehr Platz haben als 70 Zentimeter. Dieser Überzeugung ist zumindest das Amtsgericht Hannover, wie aus einem aktuellen Urteil hervorgeht.

Fälle von Brechdurchfall an Bord eines Kreuzfahrtschiffs lassen auf Mauritius die Alarmglocken klingeln - denn die Cholera breitet sich im südlichen Afrika aus. Nun müssen die Passagiere Geduld zeigen.

Ägypten will ein riesiges neues Tourismuszentrum an seiner Mittelmeerküste bauen. Bei dem Projekt in der Region Ras Al-Hikma, 350 Kilometer nordwestlich von Kairo, sollen mehr als 170 Millionen Quadratmeter an Hotel-, Wohn-, Freizeit- und Geschäftsflächen entstehen.