Kieler Ökonom fürchtet Wegfall von tausenden Jobs im Tourismus

| Tourismus Tourismus

Wegen der Corona-Pandemie werden nach Ansicht des Ökonomen Gabriel Felbermayr in Deutschland rund 600 000 Arbeitsplätze verloren gehen. Am härtesten treffe es Bereiche, die bereits vorher einem strukturellen Wandel unterlagen wie die Luftfahrt- und die Tourismusbranche, sagte der Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft der Deutschen Presse-Agentur. «Die Luftfahrt müsste in einer dekarbonisierten Welt ohnehin schrumpfen. Da wird durch Corona vieles vorweggenommen und das nachhaltig.»

Bleibende Folgen sieht der Ökonom im für Schleswig-Holstein und andere Küstenländer wichtigen Tourismus. «Dort wird auch nicht alles wieder gut», sagte Felbermayr. «Im privaten Tourismus wird der Rückprall zwar sehr deutlich ausfallen: Die Menschen wollen an die Küsten und in die Berge.» Im Geschäftstourismus gebe es aber einen deutlichen Strukturwandel. «Es wird weniger geflogen und weniger Kongress-Tourismus stattfinden.» Das treffe vor allem Stadthotels. Stattdessen werde die Online-Kommunikation wichtiger.

«Nachhaltig wird die Pandemie den Einzelhandel verändern», sagte Felbermayr. Im Zuge der Digitalisierung kauften einige Bevölkerungsschichten erstmals im Internet ein. Die sähen gerade, dass Zahlungen mit Kreditkarte nicht zwangsläufig in einem Betrug endeten und Waren unbeschädigt einträfen. «Manche dieser Vorbehalte werden wahrscheinlich verschwinden. Für den Einzelhandel in den Innenstädten und in Einkaufszentren ist die Krise deshalb auch dann nicht vorbei, wenn das Infektionsgeschehen eigentlich die Rückkehr in die Innenstädte erlaubt.»

Mit Blick auf die von der Politik angekündigten Hilfen sagte Felbermayr, den Umsatzausfall zu ersetzen, sei vielleicht für die Gastronomie geeignet. «Aber wenn Sie im Handel Umsatz ersetzen, dann entsteht die Gefahr einer massiven Überkompensation. Denn der Einzelhandel wird ja Waren, die er im Lockdown nicht verkaufen kann, gar nicht erst einkaufen.» Für diese Unternehmen seien die Hilfen zu großzügig, jedenfalls langfristig. «Wenn der Staat Unternehmen hilft, dann möglichst gerecht.»

Das Kieler Institut rechnet dieses Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 3,1 Prozent. Sofern die Pandemie im Sommer abebbe, werde die Wirtschaft das Vorkrisenniveau im vierten Quartal 2021 erreichen, sagte Felbermayr. Die Normalisierung des Beschäftigungsniveaus sei aber erst etwas später zu erwarten. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Insolvenz des drittgrößten europäischen Reiseveranstalters trifft nun weitere Kunden: Reisen bis Anfang Juli fallen ins Wasser. Danach steht die Zeit der Sommerferien an.

Nach der Insolvenz des Reiseveranstalters FTI arbeitet der vorläufige Insolvenzverwalter mit Hochdruck an Lösungen für Kunden und Mitarbeiter. Für einige geplante Urlaubsreisen gibt es noch Hoffnung.

Reisetrends, die in den Medien diskutiert werden, entsprechen nicht immer dem tatsächlichen Reiseverhalten der Urlauber. Besonders widersprüchlich sind die Top-Themen der Berichterstattung: Budget-Tourismus und nachhaltiges Reisen.

Wenige Wochen vor dem Sommerferienstart bringt die FTI-Pleite viele Urlaubspläne ins Wanken. Die Zahl kurzfristiger Buchungen wird nun steigen, erwartet die Branche. Schnäppchen sind auch möglich.

Neuer Rasen, größere Eismaschine, Fanfeste, Aktionen in Hotels: Damit sich die internationalen Fußballteams in ihren EM-Quartieren willkommen fühlen, wird viel getan in NRW - von Harsewinkel bis Iserlohn. Ein Überblick.

Im Rahmen des Gastronomiekonzepts «Swiss Taste of Switzerland» serviert Swiss ihren Fluggästen der First und Business Class ab sofort Feinkost aus dem Kanton Waadt. Die Menüs sind Kreationen von Franck Giovannini aus der Küche des «Restaurant de l'Hôtel de Ville».

Der geplante Einstieg des US-Finanzinvestors Certares beim inzwischen insolventen Reisekonzern FTI ist dem Bundeskartellamt zufolge nicht bei der Behörde fusionskontrollrechtlich angemeldet worden.

Trotz durchwachsener Stimmung bewahren Österreichs Tourismusbetriebe ihren Optimismus für die bevorstehende Sommersaison – das zeigt der „Tourismusbarometer 2024“ von Deloitte und ÖHV.

Knappe Urlaubskassen aber große Sehnsucht nach Strand und Meer machen Pauschalurlaube für viele Deutsche wieder attraktiver - und Versprechen der türkischen Tourismusindustrie einen neuen Boom.

Nach der Insolvenz des Reiseveranstalters FTI ordnet sich der Markt neu. Erste Konkurrenten wollen ihr Angebot aufstocken und Kunden übernehmen. Zunächst geht es aber um Schadensbegrenzung.