MV: Luft für Urlaubsbranche bleibt trotz Corona-Lockerungen dünn

| Tourismus Tourismus

Der Landestourismusverband sieht die Branche trotz des Wegfalls der Kapazitätsbegrenzung auf 60 Prozent in den Hotels noch lange nicht über den Berg. «Ein Stück der Normalität ist zurückgekehrt. Für die Branche ist ein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen», sagte Verbandsgeschäftsführer Tobias Woitendorf der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die mögliche Vollauslastung der Unterkünfte von Montag an. Es sei ein guter Schritt der Landesregierung gewesen, die Begrenzung aufzuheben, sie habe damit für etwas Erleichterung gesorgt. Der Blick müsse jedoch über die Sommersaison in Richtung Herbst und Winter gelenkt werden. Die Herbstnachfrage sei noch nicht klar. «Dann wird Luft wieder dünner und es muss sich zeigen, ob die Unternehmen ein genügend großes Polster haben, um über den Winter zu kommen», sagte Woitendorf.

Hintergrund der Skepsis in der Branche sei, dass es nicht alle Betriebe schaffen könnten, unter den Bedingungen der Abstandsregeln und weiteren Kontaktbeschränkungen die Kapazitäten zu 100 Prozent auszulasten. «Diese Beschränkungen werden uns über den Sommer erhalten bleiben», zeigte sich Woitendorf sicher. Das gelte beispielsweise für die Organisation des Frühstücks, das dem Personal wesentlich mehr abverlange als vorher. «Betriebe haben mehr Kosten und brauchen mehr Kraft.» Sie könnten deshalb nicht auf die gleichen Ergebnisse wie im Sommer 2019 kommen. «Es bleibt die permanente Gefahr, dass manche Betriebe auf der Strecke bleiben.»

Die Tourismusmanager hoffen, dass sich alle Beteiligten der Verantwortung für einen guten Saisonverlauf bewusst sind. «Das gilt für Mitarbeiter der Betriebe genauso wie für die Einheimischen, die weiter die Akzeptanz für den Tourismus und auch noch die nötige Freundlichkeit walten lassen müssen.» Aber das zeichne ohnehin die Mehrheit aus. «Auch die Gäste müssen wissen, dass die frühere Bewegungsfreiheit derzeit nicht so gegeben ist. Wir haben weiter besondere Umstände.»

Die Branche bedauere, dass es nicht gelungen sei, das Einreiseverbot für Tagestouristen aufzuheben, sagte Woitendorf. Gleichzeitig sei das Verbot schwer zu kontrollieren und die anderen Bundesländer hätten keine entsprechende Regelung. Es gebe in manchen Ländern nur örtlich und zeitlich begrenzte Betretungsverbote.

Geteilte Insel Usedom ist wieder eins

Hotellerie und Gastronomie auf Usedom sind ohne polnisches Personal nicht mehr denkbar. Als im Mai die Gaststätten nach zwei Monaten coronabedingter Schließzeit wieder öffneten und später auch Hotels und Unterkünfte wieder belegt werden durften, wurde es für Berufspendler aus Swinemünde (Swinoujscie) schwierig. Der de facto innerstädtische Übergang nach Ahlbeck war zu, sie mussten den Umweg über Garz fahren. Zur Arbeit nach Ahlbeck oder Heringsdorf zu radeln, das ging nicht mehr. Auch die Usedomer Bäderbahn fuhr nicht.   Mitarbeiter, die kein Auto haben, seien mit dem Taxi zur Arbeit gekommen, sagt der Hotelier Peter Maier vom Heringsdorfer Hotel Ostseestrand.  

Dem Kurdirektor der drei Kaiserbäder, Thomas Heilmann, zufolge haben einzelne Tourismusbetriebe bis zu 80 Prozent polnische Mitarbeiter. Im Durchschnitt seien es 15 bis 20 Prozent. In Swinemünde direkt an der Grenze leben über 40 000 Einwohner. Das sind mehr als im gesamten deutschen Teil der Insel, wie die Vorsitzende des Tourismusverbandes Usedom, Nadine Riethdorf, sagt.

Die Grenzöffnung hält sie auch für die Touristen für sehr wichtig: «Mehr als die Hälfte der Urlauber fährt einmal nach Swinemünde», schätzt sie. Swinemünde war bis zum Zweiten Weltkrieg das drittgrößte deutsche Ostseebad. Der Seehafen, die historischen preußischen Befestigungsanlagen, der höchste Leuchtturm an der Ostsee und die Einkaufszentren locken Touristen in die Stadt. Und auch polnische Hoteliers warten sehnsüchtig auf deutsche Urlauber, gerade außerhalb der Hochsaison, wie Peter Maier von Kollegen weiß. Schon am Samstag tummelten sich viele Ausflügler auf der Strandpromenade in Swinemünde. An der Grenze herrschte reger Autoverkehr, viele hielten an und machten Fotos.

Nicht nur die Tourismuswirtschaft beschäftigt polnische Mitarbeiter, auch die Leiter der Jugendbegegnungsstätte Golm der Deutschen Kriegsgräberfürsorge in Kamminke, Kinga Sikora und Mariusz Siemiatkowski, kommen aus Polen. Sie leben das deutsch-polnische Miteinander: Wohnen in Swinemünde, Arbeit, Schule und Kindergarten in Mecklenburg-Vorpommern. Auch ihre deutsche Kollegin Bettina Harz wohnt in Swinemünde. Sie hat nun drei Monate in einem Zimmer der leeren Begegnungsstätte hinter sich. «Ich freue mich, endlich wieder in meine Wohnung zu können», sagt die junge Frau.

Im Hinterland der Küste traf die Grenzschließung viele polnische Pendler aus sozialen und medizinischen Berufen. Ärzte, Schwestern und Pfleger etwa des Krankenhauses Pasewalk (Vorpommern-Greifswald) und Mitarbeiter von Pflegediensten kamen zuerst wochenlang nicht nach Hause, denn sie hätten dort in eine 14-tägige Quarantäne gemusst. Am geschlossenen Grenzübergang Linken-Lubieszyn organisierte Katarzyna Werth vom Deutsch-polnischen Verein für Kultur und Integration drei Protestaktionen. Sie äußert sich erleichtert über die Grenzöffnung. Die Betroffenen hätten bis jetzt täglich lange Umwege in Kauf nehmen müssen, um zur Arbeit zu kommen.

Die Erzieherin Paulina Maczoga von der deutsch-polnischen Kindertagesstätte Löcknitz (Vorpommern-Greifswald) hat in den vergangenen Wochen viele Stunden im Auto verbracht, um zur Arbeit und nach Hause zu fahren. Statt den direkten Weg über den Übergang Linken musste sie den doppelt so langen Weg über Pomellen nehmen. Am Grenzübergang habe sie manchmal zwei Stunden und länger gestanden, erzählt sie. «Das war eine Riesenbelastung», zumal zu Hause ihre Kinder auf sie warteten. Insgesamt betreuen in der Kita mit Hort zehn polnische und 19 deutsche Mitarbeiter 279 Kinder, von denen die Hälfte polnische Wurzeln hat. Viele Polen haben sich dem Kita-Leiter Olaf Lejeune zufolge in Löcknitz angesiedelt. «Wir sind eine deutsch-polnische Gemeinde», hebt er hervor.  

(dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mecklenburg-Vorpommern ist als Urlaubsland immer noch beliebt. Der Tourismusbeauftragte bemängelt jedoch fehlende Investitionen in die Zukunft. Der Dehoga-Präsident sieht das anders.

Viele Menschen in Deutschland schränken sich lieber in anderen Bereichen ein, als auf die Urlaubsreise zu verzichten, so eine Studie. Und die Beliebtheit von Flugreisen steigt auf einen Rekordwert.

Auch in diesem Jahr hat Accor die aktuellen Reise-Trends untersucht. Trotz Inflation und steigender Lebenshaltungskosten planen Reisende 2024 mehr Budget für ihre Reisen ein. Bei Deutschen steht vor allem der Heimaturlaub hoch im Kurs, gefolgt von Reisen nach Spanien, Italien und Österreich.

Saudi-Arabien hat von der Welt Tourismus Organisation (UNWTO) und dem World Travel & Tourism Council (WTTC) internationale Anerkennung für seine Leistung erhalten, bis 2023 mehr als 100 Millionen Touristen zu empfangen.

Der Reisehunger der Deutschen ist nach den Pandemiejahren zurück: Dies zeigt sich in einer repräsentativen Umfrage, die das Bonusprogramm Payback im Vorfeld der ITB in Berlin unter Kundinnen und Kunden durchgeführt hat.

Internationale Auslandsreisen erzielten in 2023 mit zweistelligen Wachstumsraten im Vergleich zu 2022 erneut einen großen Schritt in Richtung Auslandsreisevolumen von 2019. Strand- und Städtereisen sind mit je einem Drittel Marktanteil die beiden Haupturlaubsarten. Auf Rang drei folgen Rundreisen.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) sieht den Incoming-Tourismus auf einem nachhaltigen Wachstumskurs. Deutschland hat gute Chancen, 2024 wieder an die Ergebnisse des Jahres 2019 anzuknüpfen. Dazu tragen auch touristisch attraktive Events, wie die UEFA Euro 2024, und Kultur-Highlights bei.

Manchmal kommt es auf jeden Zentimeter an: Für einen erholsamen Urlaub sollte jeder Gast im Hotelbett schon mehr Platz haben als 70 Zentimeter. Dieser Überzeugung ist zumindest das Amtsgericht Hannover, wie aus einem aktuellen Urteil hervorgeht.

Fälle von Brechdurchfall an Bord eines Kreuzfahrtschiffs lassen auf Mauritius die Alarmglocken klingeln - denn die Cholera breitet sich im südlichen Afrika aus. Nun müssen die Passagiere Geduld zeigen.

Ägypten will ein riesiges neues Tourismuszentrum an seiner Mittelmeerküste bauen. Bei dem Projekt in der Region Ras Al-Hikma, 350 Kilometer nordwestlich von Kairo, sollen mehr als 170 Millionen Quadratmeter an Hotel-, Wohn-, Freizeit- und Geschäftsflächen entstehen.