Schrumpfkurs bei Lufthansa - Zahlreiche Jobs stehen auf der Kippe

| Tourismus Tourismus

Die Beschäftigten der Lufthansa müssen sich auf Stellenabbau und harte Einschnitte einstellen. Rein rechnerisch hat das von der Corona-Krise hart getroffene Unternehmen deutlich mehr als 10 000 Stellen zu viel an Bord, wie Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Mittwoch in Frankfurt sagte. Wie viele Jobs gestrichen würden, hänge auch von den Verhandlungen mit den Gewerkschaften ab, man wolle eine gemeinsame Lösung mit ihnen finden. Kündigungen will Lufthansa so weit wie möglich vermeiden. «Wir wollen weniger Arbeit anders verteilen», sagte Spohr. Zugleich betonte er: «Wir werden jeden Stein in dem Unternehmen umdrehen.»

Das Management will die Stückkosten im Vergleich zum Niveau vor der Corona-Krise «deutlich» senken. Ziel sei nun eine Reduzierung um jährlich zwei bis vier Prozent, sagte Spohr. Das wäre doppelt so viel wie in den vergangenen Jahren. Der Lufthansa-Chef will der Hauptversammlung, die am 25. Juni dem rund neun Milliarden schweren Rettungspaket einschließlich Beteiligung des Bundes, einen entsprechenden Vorschlag präsentieren. Dazu soll kommende Woche ein Spitzengespräch mit den Gewerkschaften Verdi, VC Cockpit (Piloten) und Ufo (Flugbegleiter) stattfinden. Der Konzern beschäftigt rund 138 000 Mitarbeiter.

Die Corona-Pandemie mit den folgenden Reisebeschränkungen hatte die Geschäfte der Lufthansa mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht. Der Konzern benötigt daher staatliche Hilfe. Im Gegenzug muss die Lufthansa 24 Start- und Landerechte an ihren wichtigen Flughäfen in Frankfurt und München an die Konkurrenz abgeben.

«Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen sichern die Solvenz des Unternehmens, bis es aus eigener Kraft wieder ausreichend Mittel erwirtschaften kann», erklärte die Lufthansa. Anfang Mai beliefen sich die flüssigen Mittel des Konzerns laut Spohr auf rund vier Milliarden Euro. Davon gehören 1,8 Milliarden Euro eigentlich den Kunden, die auf Erstattungen für nicht durchgeführte Flüge warten. Spohr entschuldigte sich, dass die Rückerstattung «so langsam geht».

Obwohl der Konzern seine Fixkosten nach eigenen Angaben um ein Drittel gesenkt hat, fließen jeden Monat weiterhin etwa 800 Millionen Euro ab. Wie viel Geld die Lufthansa derzeit genau zur Verfügung hat, blieb offen. Spohr betonte, das Unternehmen habe seit Anfang Mai Finanzierungsquellen am Markt angezapft. Mit Blick auf den Mittelabfluss finde der Hauptversammlungstermin früh genug statt.

Um Kredite und Zinsen zügig zurückzahlen zu können, werde das Unternehmen seinen freien Barmittelzufluss im Vergleich zur Zeit vor der Krise deutlich steigern müssen, sagte Vorstandsmitglied Thorsten Dirks. Lufthansa verhandelt weiterhin mit den Flugzeugherstellern Boeing und Airbus darüber, bereits bestellte Flugzeuge später abzunehmen als vereinbart.

Außerdem prüft das Management mittelfristig die Veräußerung einzelner Geschäftsbereiche, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Einen Verkauf von Lufthansa Technik schloss Spohr aus. Vorstellbar sei aber einen Teil davon an die Börse zu bringen oder einen Partner an Bord zu holen. Auch ein Verkauf des Geschäfts der Catering-Tochter LSG Sky Chefs weltweit außerhalb Europas sei denkbar. Für das Europa-Geschäft der LSG hat der Konzern bereits den Konkurrenten Gategroup als Käufer gefunden. Der Verkauf ist aber noch nicht vollzogen.

Die Lufthansa muss sich staatliche Hilfsgelder für Töchter im Ausland allerdings voraussichtlich auf das Rettungspaket der Bundesregierung anrechnen lassen. Wenn der Konzern aus der Schweiz, Österreich und Belgien zusammen staatlich garantierte Kredite von zwei Milliarden Euro erhalte, würden diese von den geplanten neun Milliarden Euro abgezogen, sagte Spohr.

Die Bundesregierung könne zwar auf die Anrechnung verzichten. Allerdings benötige der Konzern keine elf Milliarden Euro - und will sie wohl auch nicht. «Wir müssen die Kredite und stillen Beteiligungen so schnell wie möglich zurückzahlen, weil die Zinsen dafür stark steigen», sagte Spohr.

Dabei erwartet der Vorstand nur eine schrittweise anziehende Nachfrage nach Flugreisen. Während zuletzt fast 700 der 763 Flugzeuge des Konzerns am Boden standen, dürften auch im kommenden Jahr noch 300 und im Jahr 2022 noch 200 Maschinen nicht fliegen, schätzt das Management. Für 2023 erwartet der Vorstand weiterhin eine um 100 Flugzeuge verkleinerte Flotte. Die Kapazität werde dann aber aufgrund effizienterer Maschinen so hoch sein wie vor der Krise.

Hoffnung hat Spohr, dass die Flughäfen wegen der Corona-Krise ihre Gebühren senken werden. Vor allem die Gebühren am Frankfurter Airport kritisierte der Lufthansa-Chef erneut als zu hoch.

Im ersten Quartal brockte die Corona-Krise dem Konzern einen Milliardenverlust ein. Unter dem Strich stand ein Minus von 2,1 Milliarden Euro nach einem saisontypischen Minus von 342 Millionen ein Jahr zuvor. Eine Prognose für das Gesamtjahr traut sich der Vorstand weiterhin nicht zu, erwartet aber unverändert einen signifikanten Rückgang des operativen Ergebnisses.

Der Konzern will ab Mitte Juni seine Flugpläne auf rund 2000 wöchentliche Verbindungen zu mehr als 130 Zielen weltweit ausweiten. Im September sollen bis zu 40 Prozent der ursprünglich geplanten Kapazität wieder angeboten werden. Die Zahl der Destinationen soll auf 70 Prozent des ursprünglichen Plans bei den Langstrecken und 90 Prozent auf der Kurzstrecke steigen. Die Lufthansa will dabei verstärkt auf das Geschäft mit Urlaubern setzen - auch weil viele Unternehmen mit Blick auf Geschäftsreisen angesichts der Krise «im Sparmodus» seien, wie Spohr es nannte.Notizblock

Links zum Thema:


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Nach der Insolvenz des Reiseveranstalters FTI Anfang Juni warten Hunderttausende Urlauber auf eine Entschädigung. Nach Angaben einer Sprecherin des Deutschen Reisesicherungsfonds sollen die meisten Entschädigungen bis zum Herbst abgeschlossen sein.

Nicht nur die Fluggesellschaften setzen zum Höhenflug an, auch für den Tourismus lacht trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten und zunehmenden geopolitischen Spannungen die Sonne. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Analyse des weltweit führenden Kreditversicherers Allianz Trade.

 

Ferienzeit ist Reisezeit – und viele Urlauberinnen und Urlauber sehnen sich nach einer Fernreise. Nach deutlichen Preissteigerungen im Vorjahr fielen nun die Preise für internationale Flüge. Insgesamt bleiben die Preise aber auf hohem Niveau.

Die Sommerferien vor der Tür und für viele heißt es ab in den Urlaub, häufig auch mit dem Wohnmobil. Für alle (Neu-)Camper hat der ADAC deshalb die fünf wichtigsten Tipps zur Vorbereitung zusammengestellt.

Drei europäische Metropolen, 24 Stunden Programm und kein Schlaf: Dieser herausfordernden Aufgabe stellt sich Laura Larsson im neuen Reiseformat „Schlaflos in…"

Ein Roadtrip durch ganz Europa. Ein Abenteuer voller kleiner Hinweise und trügerischer Bilder. Eine Schnitzeljagd, bei der sich acht Prominente ständig die EINE Frage stellen: Wo bin ich?

Peru, das Land der Inka, ist bekannt für seine kulturellen Highlights, atemberaubenden Berggipfel und dichten Regenwälder. Was viele nicht wissen: Das südamerikanische Land kann darüber hinaus mit traumhaften Stränden aufwarten.

Der Deutsche Ferienhausverband hat eine Studie zum Volumen des Ferienhausmarktes veröffentlicht. Demnach gibt es in Deutschland 555.111 Ferienhäuser und -wohnungen mit 2,6 Millionen Betten, 82 Prozent werden von privaten Gastgebern vermietet. 307 Millionen Übernachtungen finden jährlich in privaten und gewerblichen Ferienunterkünften statt.

Öfter, kürzer, günstiger und häufig allein: Das Reiseverhalten der Gen Z unterscheidet sich laut der Simon-Kucher Travel-Trends-Studie stark von älteren Menschen. So beschneidet die Gen Z ihr Reisebudget um ganze 14 Prozent und reist dennoch 4,5-mal häufiger als Baby Boomer, so eine Studie der Strategieberatung Simon-Kucher.

Seit der Pleite des Reiseveranstalters FTI Anfang Juni warten Hunderttausende Urlauber auf eine Entschädigung. Bis Herbst sollen sie das Geld nun erhalten. Das gilt aber nicht für alle Betroffenen.