Schwere Folgen für Tourismus nach Unwetter im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen

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Zerbeulte Autos, geborstene Scheiben, zersplitterte Solarpaneele und teils komplett zerstörte Dächer: Am dritten Tag nach dem Unwetter mit teils tennisballgroßen Hagelkörnern in Bad Bayersoien im Landkreis Garmisch-Partenkirchen bietet sich ein Bild der Zerstörung.

Die Arbeiten dort wie im ebenfalls stark betroffenen Benediktbeuern im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen konzentrierten sich am Montag auf die Sicherung beschädigter Dächer. Teils schüttete es weiter wie aus Eimern. Hunderte Einsatzkräfte von THW, Bayerischem Rotem Kreuz, Feuerwehr und Bergwacht waren dabei, mit Hilfe von Kränen Folien und notdürftige Abdeckungen anzubringen - eine gefährliche Arbeit auf den regennassen Dächern mit eingebrochenen Schindeln. Auf manchen Dächern lagen bereits hellblaue und hellgrünen Folien, auf anderen wurde noch gearbeitet.

«Wir haben im Dorf knapp 400 Häuser. Davon sind bestimmt 370 betroffen. Teilweise ist auf den Dächern kein Dachziegel mehr ganz», sagte die Bürgermeisterin von Bad Bayersoien, Gisela Kieweg. Autos, die nicht in Carports oder Garagen standen, seien durchweg beschädigt. Auch am Montag galt in der Region der Katastrophenfall.

Am Dienstag will sich Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein Bild von der Lage machen. In Bad Bayersoien und Benediktbeuern will er mit kommunalen Vertretern und Einsatzkräften sprechen.

Am Samstagnachmittag gegen 16.00 Uhr war die Unwetterfront mit schwerem Hagel herangezogen. «Man konnte zuschauen, wie die Scheiben angefangen haben sich durchzubiegen - und wie sie dann zersprungen sind», berichtete Kieweg. Hagelkörner bis zu acht Zentimeter im Durchmesser habe sie später draußen gefunden. «Es wird Monate dauern, bis alles wieder im Ursprungszustand ist», sagte Kieweg. «Was mich gerade noch aufrecht hält, ist, dass keine Personenschäden zu beklagen sind.» Und: Die Hilfsbereitschaft sei groß. Nachbarn unterstützten sich, aus ganz Bayern kam Hilfe. Notdächer der Versicherungskammer Bayern wurden teils aus Unterfranken herangeschafft.

Christian Krams, Leiter Schaden des Konzerns Versicherungskammer Bayern, schätzte den Schaden des Unwetters im Freistaat «sehr vorsichtig» auf einen zweistelligen Millionenbetrag. «Hochgerechnet gehen wir davon aus, dass es das größte Schadensereignis für die Versicherungskammer in diesem Jahr wird», sagte Krams. «Wir hatten allein am Montagvormittag 6000 bis 7000 Schadensmeldungen.» Das sei mindestes zehn Mal so viel wie gewöhnlich. Die meisten Meldungen kamen aus dem Bereich Bad Bayersoien, Benediktbeuern, Tegernsee, Augsburg und Kissing.

Krams hatte sich am Sonntagnachmittag selbst ein Bild vor Ort gemacht. «Es sieht wirklich dramatisch aus.» Man erkenne auf den Dächern kaum mehr einzelne Dachziegel, stattdessen «einen Scherbenhaufen». Die meisten Schäden dürften von der Versicherung abgedeckt sein. Für derartige Ereignisse habe die Versicherungskammer vor wenigen Jahren rund 100 Notdächer angeschafft, die nun aus verschiedenen Teilen Bayerns ins Unwettergebiet gebracht würden. Krams warnte: «Hochwasser könnte das nächste Thema werden.» Vor allem am Inn müssen sich Anwohner laut Hochwassernachrichtendienst in den kommenden Stunden auf Überschwemmungen einstellen.

Die Folgen des Unwetters für den Tourismus, ausgerechnet jetzt, mitten in der Saison: noch offen. Alle Gäste seien abgereist, berichtete der Besitzer des Landhotels «Zum Metzgerwirt» in Bad Bayersoien, Markus Boie. «Die wollten natürlich nicht mehr hierbleiben. Wir waren voll gebucht.» Nun gebe es Stornierungen. Das treffe die Branche nach Corona und Energiekrise erneut schwer.

Die Szenerie bei dem Unwetter sei «gruselig» gewesen, sagte Boie. «Es hat gescheppert und geknallt - und alles, was irgendwie kaputt gehen kann, ist kaputt.» Wann sein Dach samt PV- und Solarthermie-Anlage repariert werden kann, ist offen. «Kein Mensch weiß, wo man die Ziegel herkriegen soll.» Die Aussage des Dachdeckers sei gewesen: Mit Glück bekomme er das Dach bis Ende des Jahres wieder gedeckt.

Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sollen auch Rehe und Storche umgekommen sein, wie es beim Landratsamt hieß. Stark getroffen wurde Benediktbeuern und das dortige Kloster. Teile des Gebäudes mussten geräumt werden, wie der scheidende Leiter des Klosters der Salesianer Don Boscos, Pater Claudius Amann, berichtete. 5 seiner rund 35 Mitbrüder mussten in andere Räume umziehen, weil ihre Zimmer zu stark beschädigt wurden. Alle Fenster auf der Westseite des Gebäudes aus dem 8. Jahrhundert seien zerborsten. «Ich ahne, es geht in die Millionen», sagte Amann über den Schaden.

Die Zwischendecken saugten sich voll Wasser. «Es kann passieren, dass Decken herunterkommen - wenn es uns nicht gelingt, das Wasser rechtzeitig abzuleiten», sagte Amann. Damit seien Helfer, darunter Volontäre der Gemeinschaft, nun beschäftigt. Ebenfalls betroffen seien beim Kloster die barocke Basilika und die Anastasiakapelle - ein «Juwel des Rokoko». Der 67-Jährige wollte just am Montag eine neue Aufgabe in der Salesianergemeinschaft in Aschau am Inn antreten. «Ich bin geblieben, um zu helfen die Situation zu bewältigen.»


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