Strenge Reise-Regeln für mehr als eine Million Berliner

| Tourismus Tourismus

Kurz vor dem Start der Herbstferien in Berlin müssen womöglich einige Familien ihren Urlaub neu planen. Die Bundesländer Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz sehen die vier Berliner Bezirke Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Tempelhof-Schöneberg wegen der hohen Corona-Infektionszahlen als Risikogebiete. Für Menschen aus diesen Gebieten gelten Regeln, die einen Urlaub schwierig machen dürften. Die zweiwöchigen Herbstferien beginnen am kommenden Montag. Politiker wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) sehen die Regelungen für einzelne Bezirke skeptisch.

In den betroffenen Berliner Bezirken leben mehr als eine Million Menschen. Die Bezirke werden als Risikogebiete eingestuft, weil dort die Zahl der Neuinfektionen innerhalb einer Woche über 50 je 100 000 Einwohner liegt. Der Berliner Durchschnittswert der Neuinfektionen stieg am Montag auf 41,5. 

Zum Schwerpunkt entwickelt sich dabei Neukölln. Dort wurden in den vergangenen sieben Tagen 87,6 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner gemeldet, wie die Senatsverwaltung für Gesundheit mitteilte.

In insgesamt vier Berliner Bezirken liegt die 7-Tage-Inzidenz über der kritischen Marke von 50: Außer in Neukölln auch in Friedrichshain-Kreuzberg (58,9), Mitte (57,0) und Tempelhof-Schöneberg (53,6)

Wer aus den betroffenen Bezirken nach Rheinland-Pfalz oder Schleswig-Holstein will, muss in der Regel 14 Tage in Quarantäne, es gibt aber auch Ausnahmen, wie es im Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz heißt. Nicht in Quarantäne muss dort unter anderem, wer einen maximal 48 Stunden alten Corona-Test vorweisen kann. 

In Schleswig-Holstein kann man die Quarantäne verkürzen, wenn man dem Gesundheitsamt zwei negative Corona-Tests vorlegen kann. Einer der beiden Tests darf frühestens fünf Tage nach der Einreise in Schleswig-Holstein gemacht werden. Erst wenn die negativen Ergebnisse für beide Tests vorliegen, darf die Quarantäne verlassen werden.

Laut einer Studie kam 2018 jeder 20. Tourist in Schleswig-Holstein aus Berlin, wie die Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH mitteilte. Insgesamt wurden 8,6 Millionen Ankünfte gezählt, also Besucher, die mindestens eine Nacht blieben. 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht die Einstufung von bestimmten Berliner Bezirken als Risikogebiete skeptisch: Es helfe auf Dauer nicht, Berlin in Bezirke zu unterteilen. «Das ist hier eine große, dynamische Stadt. Wir alle sind jeden Tag in verschiedenen Bezirken im Zweifel unterwegs. Ich wünsche mir sehr, dass es einen auf Gesamt-Berlin bezogenen Ansatz gibt», sagte Spahn und appellierte dabei vor allem daran, dass in der Hauptstadt die geltenden Regeln eingehalten und durchgesetzt werden.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) beriet am Montag mit den Bürgermeistern der zwölf Bezirke über die Situation und die Handlungsmöglichkeiten. Beschlüsse gab es nach Angaben der Senatskanzlei nicht. Weitere Einschränkungen wie etwa eine Sperrstunde seien aber diskutiert worden. «Allen Teilnehmern ist der Ernst der Lage bewusst», hieß es. «Ein Lockdown soll verhindert werden.»

Berlin habe viele Maßnahmen ergriffen, um die Pandemie einzudämmen, oft weitreichender als andere Bundesländer, sagte Senatssprecherin Melanie Reinsch. «Gegebenenfalls werden wir hier aber noch weiter nachschärfen müssen», kündigte sie an. Der Senat beobachte die bundesweite Entwicklung der steigenden Infektionszahlen mit Sorge. Dass die beiden Bundesländer einzelne Berliner Bezirke und andere innerdeutsche Regionen zu Risikogebieten erklärt hätten, habe der Senat zur Kenntnis genommen.

Die Verdichtung innerhalb des Landes Berlins sei so hoch, dass das Ausweisen von Risikogebieten innerhalb der Stadt keinen Sinn ergebe, heißt es aus der Berliner Gesundheitsverwaltung. Risikogebiete innerhalb Deutschlands weise Berlin nicht mehr aus. In der vergangenen Woche sei die Berliner Infektionsschutzverordnung entsprechend geändert worden. «Es nützt nichts, mit dem Finger aufeinander zu zeigen. Wir müssen ins Handeln kommen, die Zeit eilt», sagte Dilek Kalayci (SPD) am Montag der Deutschen Presse-Agentur. 

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sprach sich am Montagmorgen gegen Regelungen wie in Schleswig-Holstein aus: «Ich persönlich bin nicht davon überzeugt, dass uns diese Entscheidung weiterbringt», sagte er im ZDF. Er rechne damit, dass es demnächst in Deutschland viele Bereiche geben werde, in denen die Grenze von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner überschritten werde. 

Berliner, die nach Mecklenburg-Vorpommern wollen, haben Glück: Das beliebte Urlaubsland, das im Frühjahr wegen seiner restriktiven Einreiseverbote für Touristen Kritik erhielt, bleibt für alle Besucher aus der Bundeshauptstadt uneingeschränkt offen. 

Auch für Reisende nach Brandenburg gibt es vorerst keine Einschränkungen. Berliner können dort weiter übernachten - aber nur wenn die gesamte Stadt unter der 50er-Grenze bleibt. Das erklärte Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Montag in Potsdam. Mit Blick auf die Infektionszahlen in Berlin betonte sie aber: «Aufgrund der engen Verflechtungen zwischen Berlin und Brandenburg und den tausenden Pendlern müssen wir jetzt sehr aufpassen, dass diese drastische Entwicklung nicht auf Brandenburg überschwappt.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mecklenburg-Vorpommern ist als Urlaubsland immer noch beliebt. Der Tourismusbeauftragte bemängelt jedoch fehlende Investitionen in die Zukunft. Der Dehoga-Präsident sieht das anders.

Viele Menschen in Deutschland schränken sich lieber in anderen Bereichen ein, als auf die Urlaubsreise zu verzichten, so eine Studie. Und die Beliebtheit von Flugreisen steigt auf einen Rekordwert.

Auch in diesem Jahr hat Accor die aktuellen Reise-Trends untersucht. Trotz Inflation und steigender Lebenshaltungskosten planen Reisende 2024 mehr Budget für ihre Reisen ein. Bei Deutschen steht vor allem der Heimaturlaub hoch im Kurs, gefolgt von Reisen nach Spanien, Italien und Österreich.

Saudi-Arabien hat von der Welt Tourismus Organisation (UNWTO) und dem World Travel & Tourism Council (WTTC) internationale Anerkennung für seine Leistung erhalten, bis 2023 mehr als 100 Millionen Touristen zu empfangen.

Der Reisehunger der Deutschen ist nach den Pandemiejahren zurück: Dies zeigt sich in einer repräsentativen Umfrage, die das Bonusprogramm Payback im Vorfeld der ITB in Berlin unter Kundinnen und Kunden durchgeführt hat.

Internationale Auslandsreisen erzielten in 2023 mit zweistelligen Wachstumsraten im Vergleich zu 2022 erneut einen großen Schritt in Richtung Auslandsreisevolumen von 2019. Strand- und Städtereisen sind mit je einem Drittel Marktanteil die beiden Haupturlaubsarten. Auf Rang drei folgen Rundreisen.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) sieht den Incoming-Tourismus auf einem nachhaltigen Wachstumskurs. Deutschland hat gute Chancen, 2024 wieder an die Ergebnisse des Jahres 2019 anzuknüpfen. Dazu tragen auch touristisch attraktive Events, wie die UEFA Euro 2024, und Kultur-Highlights bei.

Manchmal kommt es auf jeden Zentimeter an: Für einen erholsamen Urlaub sollte jeder Gast im Hotelbett schon mehr Platz haben als 70 Zentimeter. Dieser Überzeugung ist zumindest das Amtsgericht Hannover, wie aus einem aktuellen Urteil hervorgeht.

Fälle von Brechdurchfall an Bord eines Kreuzfahrtschiffs lassen auf Mauritius die Alarmglocken klingeln - denn die Cholera breitet sich im südlichen Afrika aus. Nun müssen die Passagiere Geduld zeigen.

Ägypten will ein riesiges neues Tourismuszentrum an seiner Mittelmeerküste bauen. Bei dem Projekt in der Region Ras Al-Hikma, 350 Kilometer nordwestlich von Kairo, sollen mehr als 170 Millionen Quadratmeter an Hotel-, Wohn-, Freizeit- und Geschäftsflächen entstehen.