Tui verringert Verlust zum Winterstart und will Staatshilfe zurückbezahlen

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Knapp drei Jahre nach dem Beginn der Corona-Krise hat der größte Reiseanbieter Tui den typischen Verlust zum Auftakt des Winters verkleinern können und die nächsten Schritte für die Rückgabe der restlichen Staatshilfen eingeleitet. Das Minus betrug von Oktober bis Dezember unterm Strich rund 232 Millionen Euro, wie der Konzern am Dienstag bekanntgab. Zum Jahresende 2021 hatte der Fehlbetrag noch bei 387 Millionen Euro gelegen.

Die Aktionäre genehmigten auf einer Online-Hauptversammlung die Vorbereitung einer erneuten Kapitalerhöhung. Diese soll die Basis dafür schaffen, Mittel des Bundes durch eigene Anteile zu ersetzen und auch den für Tui vorgehaltenen Kreditrahmen weiter zu reduzieren.

Die Hannoveraner spürten zuletzt eine deutlich anziehende Nachfrage: Im ersten Viertel des laufenden Geschäftsjahres (bis September 2023) verreisten 3,3 Millionen Kunden mit der Tui-Gruppe, etwa eine Million mehr als vor einem Jahr. Auch für den weiteren Verlauf des Winters und den bevorstehenden Sommer sprach Vorstandschef Sebastian Ebel von einer «ermutigenden Dynamik». Er sagte: «Diese Jahrhundert-Pandemie hat auch uns aus der Bahn geworfen. Jetzt sind wir eindeutig zurück.

 

Laut Finanzvorstand Mathias Kiep zeigt die Erholung, «dass wir die Pandemie nun operativ hinter uns gelassen haben». Dank staatlicher Milliardenunterstützung und frischen Geldes der privaten Eigner kam Tui durch die existenzbedrohende Phase. In den letzten Wochen seien mehr Neubuchungen eingegangen als in der Zeit unmittelbar vor Corona.

Gleichzeitig seien die Preise merklich gestiegen - im Winter im Schnitt um 29 Prozent gegenüber dem Vor-Corona-Niveau und 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die allgemeine Inflation treibt auch die Reisekosten. Außerdem spricht Tui bereits seit einiger Zeit von dem Trend, dass sich viele Gäste wieder höherwertige Urlaube leisten.

Seine Bundeshilfen will das Unternehmen «zügig zurückzuführen». Die Rede war jüngst von mindestens 730 Millionen Euro plus Zinsen bis Ende 2023. Kreditlinien der Förderbank KfW sollen weiter verringert werden. Daneben geht es um eine stille Einlage sowie die verbliebene Tranche einer Anleihe des Wirtschaftsstabilisierungsfonds - eine Umwandlung dieser Anteile in einen öffentlichen Aktienbesitz bei Tui entfällt damit. Der Fonds stützte unter anderem auch die Lufthansa.

Insgesamt hatte der deutsche Staat über vier Milliarden Euro an Kapital und Krediten zur Verfügung gestellt, um Tui vor dem Aus zu bewahren. «Wir werden die Hilfen ablösen und die Tui fit machen für profitables Wachstum», sagte Kiep. Zuvor machten die Aktionäre den Weg für eine neuerliche Kapitalerhöhung frei, welche die geplanten Rückflüsse finanzieren soll. Voraussetzung dafür wiederum war ein Kapitalschnitt samt Verringerung der Zahl der Anteilsscheine.

Branchenschätzungen zufolge könnten bei der Emission neuer Aktien gut 1,5 Milliarden Euro zusammenkommen. Wann genau die Kapitalerhöhung umgesetzt wird, ist noch offen. Alexander von Vietinghoff-Scheel von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sagte, der Schritt sei nachvollziehbar. Aus Sicht von Kleinanlegern schränke er deren Aktienanteil aber auch sehr ein: «Das ist ein schwerer Schlag.»

Die kalte Jahreszeit verläuft für die Touristik auf der Nordhalbkugel meist schwächer, den Hauptteil ihres Umsatzes machen die Anbieter im Sommer. Für Tui hat jetzt aber auch der Winter eine große Bedeutung, denn die Pandemie hatte das Geschäft fast komplett lahmgelegt. In den drei Schlussmonaten nahm der Umsatz von 2,4 Milliarden Euro 2021 auf 3,8 Milliarden Euro zu. Der um Zinsen, Steuern und weitere Faktoren bereinigte Verlust sank von 274 Millionen auf 153 Millionen Euro. Tui hält am Ziel fest, das Ergebnis 2023 «signifikant» zu verbessern.

Auch die privaten Eigentümer hatten das Finanzpolster aufgestockt, etwa Ex-Großaktionär Alexej Mordaschow. Der nach Beginn des Krieges in der Ukraine mit EU-Sanktionen belegte russsiche Oligarch zog sich zurück - die Anteile werden nun vorrangig von einer Firma gehalten, die mutmaßlich seine Familie kontrolliert. Einen finanziellen oder Imageschaden für Tui durch Mordaschow sehe er nicht, sagte Ebel. Aufsichtsratschef Dieter Zetsche ergänzte: «Einen Gefahr im Verzug für die Tui oder ihre Aktionäre konnten wir zu keiner Zeit erkennen.»

Die Hauptversammlung bestätigte den zunächst gerichtlich bestellten Metro-Manager Christian Baier und die spanische Finanzexpertin Helena Murano als nachrückende Aufsichtsräte. Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche wurde wieder zum Vorsitzenden des Kontrollgremiums gewählt.

Parallel zur Nutzung der Staatshilfen fuhr Tui einen harten Sparkurs, der Stellenstreichungen zur Folge hatte. Dieses «ambitionierte Programm» sei Ende 2022 abgeschlossen worden, so Ebel. «Unser Einsparziel von jährlich 400 Millionen Euro erreichen wir im Geschäftsjahr 2023.» Strittig ist auch die Tarifpolitik. Verdi rief in Hannover zu einer Aktion auf, um gegen drohende Reallohn-Einbußen zu protestieren. Laut Gewerkschaft beteiligten sich 100 Beschäftigte.

Ein Thema war zudem die Rolle der Touristik im Klimawandel. Tui will seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 um verbindliche Werte verringern: bei den Fluggesellschaften um 24 Prozent verglichen mit 2019, bei den Hotels um mindestens 46,2 Prozent, bei Kreuzfahrten um 27,5 Prozent. Geplant sind Investitionen in moderne Flugzeuge, Energieeinsparungen, Förderung lokalen Einkaufs für Hotels und nachhaltige Treibstoffe.

Die Branche ist wegen ihres Ausstoßes klimaschädlichen Kohlendioxids und gesundheitsschädlicher Stickoxide in der Kritik. Dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre gehen die Pläne nicht weit genug. Ihr Vertreter Markus Dufner beantragte zusammen mit dem Umweltverband Nabu, der Tui-Führung die Entlastung zu verweigern.

Mehreren Anteilseignern stieß sauer auf, dass Tui ein Online-Treffen ausrichtete. «Rein virtuelle Hauptversammlungen, das ist nicht unsere Vorstellung von Aktionärsdemokratie», sagte von Vietinghoff-Scheel. Während der Übertragung gab es überdies technische Probleme. Um den Austausch unter den Eigentümern und Kontakte zur Führung zu sichern, seien zumindest hybride Versammlungen nötig, so Vietinghoff-Scheel. Dufner sagte zum Ablauf: «Das Kreuzfahrt-Unternehmen Tui ist heute in schwere Seenot gekommen und hätte fast Schiffbruch erlitten» (dpa)

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