Die rätselhafte Faszination des Metts

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Wer sich das Instagram-Profil von Giovanni Zarrella anschaut, darf durchaus irritiert sein. Zigfach ist dort unter der Ankündigung einer Tour («Eine italienische Sommernacht») des charmanten Popsängers ein einziges, wenig graziles Wort zu lesen: «Schweinemett». Huch!

Bevor man sich nun um den Gaumen der Zarrella -Fans sorgt, sei gesagt, dass dahinter ein Aufruf von Stefan Raab steckt. Der Moderator und einstige Metzger-Lehrling hatte seine Zuschauer jüngst aufgefordert, Zarrellas Profil mit der Forderung nach «Schweinemett» zu fluten. Es wäre zu kompliziert, die mehr und minder witzige Herleitung der ganzen Aktion zu erklären - sie steht aber auch für sich. Hängen bleibt: Mett, hihi!

Es ist eine einzelne Beobachtung, die für eine größere Frage steht. Sie lautet: Was ist los mit Mett? Das fein zerkleinerte Fleisch, gern gegessen auf Brötchen, begegnet uns auffallend oft. Nicht nur in der Kulinarik, sondern auch in der - im weitesten Sinne - Kultur. Sei es in der deutschen Comedy-Industrie, sei es in den sozialen Medien. Wer das nicht glauben mag, kann gern einmal nach «Mett-Jesus» oder «Uwe Seeler aus Mett» googeln.

 

 

Die «Mett-Hotline»

Wer die rätselhafte Faszination besser verstehen will, sollte nach Köln reisen - gerade in diesen Tagen. Das Rheinland schunkelt sich warm für den Karneval, was manche regionale Vorlieben noch greller zutage treten lässt. Köln ist die Hauptstadt des deutschen Mett-Gürtels.

Sabine Eckart etwa wäre wohl nicht böse, wenn man sagt, dass sie einen guten Teil ihres Lebens dem Mett widmet. Zusammen mit ihrem Mann führt sie eine Metzgerei in der fünften Generation und sagt: «Wir sind eine richtige Mett-Dynastie.»

Untermauert wird dieser Ruf von einer Erfindung, die Eckart zu verantworten hat: die «Mett-Hotline». «Quasi: bei Anruf Mett», erläutert sie das Konzept. Wer für seine Karnevalsparty dringend noch ein paar Mett-Brötchen benötigt, wählt die Nummer der Fleischerei und kann so eine Art Do-it-yourself-Set ordern: ein Kilo Mett, zehn Brötchen, Butter und Zwiebeln. Am besten sollte man alles schnell verspeisen. «Mett besteht aus rohem Fleisch», erklärt Eckart. «Das wissen unsere Kunden auch. Die legen sich das nicht für ein paar Tage in den Kühlschrank», sagte sie. «Warum auch? Man sollte es essen.»

Das Konzept sei 2024 entstanden, nun setze man es fort, sagt Eckart, die Mails mit «Mett freundlichen Grüßen» beschließt. Wer die These aufstellt, dass Hack in Zeiten elaborierter Ernährungsratgeber doch etwas oldschool wirkt, den weiß sie zurechtzustutzen.

«Es ist einfach ein Gute-Laune-Produkt», sagt sie. Das sehe sie auch an Social Media. «Wir schauen natürlich, wie man etwas an den Mann und die Frau bringen kann», erläutert sie. «Mett interessiert alle, das ist uns aufgefallen.»

Die Mett-Flatrate

Daniel Rabe kann als weiterer Vordenker der Mett-Szene gelten. Er hat eine ganze Veranstaltungsreihe darauf aufgebaut - das «Müllemer Mettmahl». Es handelt sich um eine Karnevalsfeier, bei der es eine Art Mettbrötchen-Flatrate gibt. Auch das ist noch eine relativ neue Erfindung.

Pro Veranstaltung gingen zwischen 5.000 bis 6.000 Mettbrötchen weg, sagt der Betreiber der Stadthalle Köln. Eine vegane Mett-Alternative sei da allerdings mitgezählt. 

Dass offenbar auch Veganer zu seinem Hochfest des Fleisch-Genusses kommen, findet Rabe gar nicht mal so kurios. «Es gibt Leute, die sich aus ideellen Gründen dazu entscheiden, auf Fleisch zu verzichten, es aber generell doch ganz lustig finden, dass man in Köln Mettigel macht und Mett-Brötchen isst.» Mett sei in der Stadt «irgendwie einfach so in der DNA mit drin».

Vegane Mett-Alternativen sind zugegebenermaßen nicht das Spezialthema des Deutschen Fleischer-Verbandes. Wenn man Reinhard von Stoutz, Mitglied der Geschäftsleitung, dazu fragt, sagt er: «Da muss ich sagen: Das ist mir wurscht.»

Die Mett-Landkarte

Worüber man sich mit von Stoutz aber ganz gut unterhalten kann, ist Mett. Etwa über die Bestandteile, die es nach den Leitsätzen haben dürfe: frisches Schweinefleisch, Salz, Zwiebeln und Gewürze.

Von Stoutz sagt aber auch: «Mett ist ein sehr komplexes Thema.» In der Herstellung etwa gebe es unterschiedliche Methoden. «Im Rheinland wird Mett oft im Kutter gemacht, das ist eine Maschine, die Metzgereien zum Zerkleinern nutzen. In Thüringen wird das Fleisch eher gewolft. Dadurch ist das Mett dort etwas gröber», sagt er. 

Unter Mett-Liebhabern ist die Frage, wie fein Mett sein sollte, durchaus eine emotionalere. Dazu sagt von Stoutz recht diplomatisch: «Jeder Metzger hat da so seine Vorlieben. Die einen wollen es etwas feiner, die anderen etwas gröber.» Sicherlich sollte es aber nicht zu fein werden, sonst werde es schmierig. «Das wäre optisch dann Richtung Teewurst.»

Und was sagen die Kunden? In der Fleischerei Eckart hat ein Mann gerade Mett-Brötchen geordert - für ein Frühstück mit einem Freund.

Er weiß aber auch von kulturellen Unterschieden zu berichten. Andere Freunde von ihm seien seit Jahrzehnten in Köln zu Hause, ursprünglich aber aus England, sagt er. «Die würden rohes Fleisch nicht anfassen.» (dpa)


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