Hip-Hop-Musik macht Käse fruchtiger: Firlefanz oder Wissenschaft?

| War noch was…? War noch was…?

Käse und Musik, da denkt so mancher wohl an den «Handkäs» aus Hessen, der wegen der Geräusche beim Verdauungsprozess den Zusatz «mit Musik» trägt. Aber die Schweizer sind jetzt einem ganz anderen Phänomen auf der Spur. Sie testen, ob die Beschallung von Käselaiben im Reifungsprozess den Geschmack beeinflusst.

Angefangen hat alles als Kunstprojekt an der Hochschule der Künste in Bern. «Wir wollten die Studierenden in die Welt hinaus schicken, damit sie Projekte außerhalb der Hochschule realisieren. Sie sollten sich mit praktischen Problemen befassen», sagt Christian Pauli, Kommunikationsleiter und Projektverantwortlicher der Hochschule. Bei der Suche nach solchen Projekten kam Beat Wampfler ins Spiel, Tierarzt aus Burgdorf im Emmental und Hobby-Käsehändler.

«Menschen und Tiere reagieren auf äußere Einflüsse wie Musik - warum sollen Schallwellen nicht auch die Mikroorganismen im Käse beeinflussen - das habe ich mich schon länger gefragt», erzählt Wampfler in seinem unterirdischen Käselager in Burgdorf, untermalt von Klängen von Eminem und einer Volksmusikband. Die feuchte Luft riecht erdig, perfekte Bedingungen für das monatelange Reifen der riesigen Käselaibe. Die Hochschule und der Hobbykäser fanden zusammen, und so stürzten Studierende sich mit Michael Hardenberg, Dozent für Musikalische Gestaltung und Medientheorie, in das Projekt.

Sieben Monate wurden die Käselaibe jeweils unterschiedlich beschallt, in einer Holzkiste, in der die Schallwellen der Musik direkt über ein Holzbrett auf den darauf liegenden Käse übertragen wurden. Mozarts Zauberflöte war dabei, ebenso Led Zeppelins «Stairway to Heaven» und die Hip-Hop Gruppe A Tribe Called Quest mit «Jazz (We've Got)».

Bei einer blinden Geschmacksprobe im Frühling gab es einen klaren

Sieger: Die Experten waren sich einig, dass der Hip-Hop-Käse am fruchtigsten schmeckte. Der Clou kam einige Wochen später: die Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Zürich (ZHAW) fand heraus, dass der Käse sich nachweisbar je nach Musik unterschiedlich entwickelt hatte. In den mit tiefen Frequenzen beschallten Käsen - bei Hip-Hop - gab es die meisten freien und gebundenen Aminosäuren.

Zudem wurden mehr Aromastoffe und Propionsäure nachgewiesen als in anderen Proben. Sind die Schweizer etwas ganz Großem auf der Spur? 

Tilo Hühn, ZHAW-Professor für Lebensmittel-Prozesstechnik, bleibt zurückhaltend, solange die Ergebnisse nicht in drei weiteren Versuchen ähnlich nachgewiesen werden. Diese Versuche sind geplant. «Wenn dann das Ergebnis ist, dass wir den Reifeprozess von Käse über Frequenzen beeinflussen können, wäre das eine Sensation», sagt er.

Beat Wampfler ist seine Liebe zum Emmentaler Käse fast anzusehen. Der 54-Jährige streicht in seinem Käselager vorsichtig über die rund 100 Kilogramm schweren Käselaibe. Zwischen den Regalen steht in dem großen Vorderraum ein dicker Holztisch für Käseverkostung, dort reicht Wampfler zünftigen Wein, frisches Brot und Obst. «Mein Lieblingskäse ist der Emmentaler» sagt er überzeugt. Sein Großvater war Käser, sein Bruder ist Milchbauer, es muss bei ihm ein bisschen in der Wiege gelegen haben.

Vermarkten kann er auch gut: Noch bevor die neuen Versuche laufen, beschallt er schon mal ein paar Käselaibe für den Verkauf, die einen mit Werken des «King of Hip-Hop», Eminem, die anderen mit einer Volksweise mit dem passenden Refrain: «Ich bin ein Emmentaler».

Esoterik liege ihm fern, betont Wampfler: «Ich bin Schulmediziner.» Natürlich gehe es um die Frequenzen und Schwingungen der verschiedenen Musikstücke. Er ist sehr zufrieden mit den ersten Ergebnissen. Gerade, dass die Hip Hop-Musik so gut abgeschnitten habe, bilde doch eine Brücke zu jungen Leuten, die ansonsten eher keinen Bezug zu den Traditionen des Emmentals hätten, meint er.

Für Wissenschaftler Hühn ist naheliegend, dass die Frequenzen der Musik eine Wirkung auf die Schwingungen der Membranen bei den Mikroorganismen haben, die in der Reifephase aus Milch Käse machen.

Biotransformation nennt man das. Die Mikroorganismen, in diesem Fall Bakterien, sind Lebewesen, und wenn deren Membranen schwingen, könnte das den Stoffaustausch beeinflussen, wie Hühn sagt. Für eindeutige Rückschlüsse sei es noch zu früh. «Die Ergebnisse sind aber zumindest so interessant, dass wir das weiterverfolgen wollen», sagt er.

Indische Forscher haben 2015 nachgewiesen, dass Musik Einfluss auf Mikroorganismen hat. Fast alle wären durch die Beschallung besser gewachsen, teils um mehr als 40 Prozent, wie sie in der Fachzeitschrift «Microbiology» berichteten. «Es sieht so aus, als hätte sich die Durchlässigkeit der Membranen wegen der Musikbeschallung geändert», hielten sie fest. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Ungeklärte Mordfälle rollt die Polizei immer mal wieder auf. 26 Jahre nach dem Tod eines türkischen Gastwirts kommt im vergangenen Jahr Bewegung in den ungelösten Fall. Und nun gibt es einen Prozess.

Die Menschen sitzen gemütlich zusammen, als es zur Katastrophe kommt. Bei einer Explosion und einem Brand im tschechischen Most hat es viele Tote und Verletzte gegeben. Schuld könnte ein Heizpilz sein.

Der Hotel-Einsturz in Kröv mit zwei Toten im August 2024 hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht. Nun treffen sich Opfer vor Ort. Es sind viele bewegende Momente.

Mitten in der Nacht alarmieren Anwohner in der Nähe eines griechischen Restaurants in Geesthacht die Feuerwehr. Hohe Flammen schlagen aus dem Gebäude des Lokals. Die Feuerwehr kann nichts mehr retten.

Traditionell – in diesem Jahr bereits zum siebten Mal in Folge – ist das Dorint Hotel am Heumarkt Köln auch in der aktuellen Session wieder Hofburg des Kölner Dreigestirns. Jetzt fand der Einzug der Jecken in die Herberge statt, die die Räumlichkeiten zur Vorbereitung aller Termine und zum Ausschlafen nutzen können.

Sie ist mit Pistaziencreme und dünnen Teigfäden gefüllt: Dubai-Schokolade ist populär. Einer Umfrage zufolge könnte der Trend jedoch bald vorbei sein - denn Konsumenten teilen einen Kritikpunkt. Am Hamburger Flughafen haben Zöllner 460 Tafeln Dubai-Schokolade mit einem Gewicht von rund 90 Kilogramm sichergestellt.

Am 1. Januar ereignete sich vor dem Trump International Hotel in Las Vegas eine Explosion, bei der ein Tesla Cybertruck in Flammen aufging. Ermittlungen ergaben nun, dass der Täter bei der Planung auf KI, insbesondere ChatGPT, zurückgriff.

Ein Löffel aus Japan soll Speisen salziger schmecken lassen - und so erreichen, dass man weniger Salz verwendet. Die Technologie dahinter ist schwacher elektrischer Strom, der Natrium-Ionen geballt an die Zunge bringen und damit stärker zur Geltung bringen soll.

Blinde Menschen stoßen im Alltag immer wieder auf Hindernisse. Ob eine Tür im Restaurant zur Herrentoilette, Damentoilette oder zur Küche führe, sei in der Regel für blinde Menschen nicht erkennbar, so der Deutsche Blindenverband.

Ein Kellner soll den britischen One-Direction-Sänger Liam Payne in einem Hotel in Buenos Aires mit Kokain versorgt haben. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Auch die Betreiberin und der Chef-Rezeptionist des Hotels wurden angeklagt.