Prozess um "Weinlese der Schande" startet in Frankreich

| War noch was…? War noch was…?

Champagner gilt als sprudelnder Luxus und Symbol für die französische Lebensart - schlimme Fälle der Ausbeutung von Erntehelfern aber sorgen nun für Wirbel. Nach dem unwürdigen Einsatz Dutzender afrikanischer Erntehelfer bei der Champagner-Ernte 2023 startet am Donnerstag vor dem Landgericht in Châlons-en-Champagne ein Prozess. Es geht um Menschenhandel sowie die Förderung und Inanspruchnahme von Schwarzarbeit. Von der «Weinlese der Schande» sprechen französische Medien.

Die Situation, die die von Anwohnern alarmierte Polizei im September 2023 in der Ortschaft Nesle-le-Repons vorfand, war Medienberichten zufolge erschütternd: Knapp 60 Erntehelfer, die meisten aus Mali, dem Senegal oder Mauretanien, die zumeist keine Aufenthaltspapiere und Arbeitserlaubnis haben, wurden in vollkommen verdreckten Gebäuden zusammengepfercht. Viele mussten demnach auf dem Boden schlafen, Essen und Trinken gab es für die Männer, die elf Stunden in der Hitze schuften müssen, wenig. «Wir mussten wie die Tiere arbeiten», zitiert die Zeitung «Le Parisien» einen der Arbeiter, Mamadou. Der versprochene Tageslohn von 80 Euro soll nicht an die Helfer ausgezahlt worden sein.

Anwalt: Sklaverei bei der Weinlese

Von Sklaverei spricht Anwalt Maxime Cessieux, der viele der Männer vertritt. Unter den 57 betroffenen Erntehelfern, die vor Gericht als Nebenkläger auftreten, sind 9 Frauen. Einer der Helfer war damals noch minderjährig, ein anderer bereits 64 Jahre alt, wie der Sender France 3 berichtete. Von «Lebens- und Unterbringungsbedingungen, die die Sicherheit, Gesundheit und Würde der Bewohner ernsthaft gefährden», spricht später die Staatsanwaltschaft.

Wer steht nun vor Gericht?

Eine Vermittlungsfirma für Agrarhelfer, deren Geschäftsführerin, zwei Anwerber und ein Weinbauunternehmen müssen sich nun vor dem Landgericht verantworten. Gewerkschaften und Sozialverbände beklagen, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt. 2018 bereits wurden ähnliche Missstände beim Einsatz von 125 ausländischen Erntehelfer aufgedeckt. Ein Gericht in Reims verhängte 2022 Haft- und Geldstrafen gegen die Verantwortlichen.

Vorwürfe gegen Weinbauern und Regierung

Von der französischen Liga für Menschenrechte (LDH) hieß es, landwirtschaftliche Betriebe blieben rechtlose Zonen, die Landwirte hätten am liebsten ein Ende aller Sozial- und Umweltstandards. Die Regierung lasse ausländische Arbeitnehmer mit oder ohne Aufenthaltstitel in Stich. 

«Die Erntehelfer, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, müssen ihre Rechte wiedererlangen. Sie werden sich nicht beugen, sondern aufrecht stehen und Gerechtigkeit fordern.» Mit einem Bus, den die Gewerkschaft CGT bereitstellt, sollen die Helfer aus dem Großraum Paris zu dem Prozess in die Champagne gefahren werden. 

Die Trauben dürfen nur per Hand geerntet werden

Champagner darf nur in bestimmten Gebieten in Frankreich angebaut werden. Die rund 34.000 Hektar Anbaufläche befinden sich in der Champagne nordöstlich von Paris. Die Verarbeitung der Trauben ist streng reglementiert. Beispielsweise dürfen sie nur per Hand geerntet werden. Über 100.000 Saisonarbeiter und Erntehelfer kommen während der Weinlese in der Region zum Einsatz. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Hamburger Unternehmerin Christina Block wird von der dänischen Justiz weiterhin der Kontakt zu ihren beiden minderjährigen Kindern untersagt. Ein Berufungsgericht in Viborg bestätigte nach Angaben der beiden Konfliktparteien das Urteil einer Vorinstanz in Sønderborg. Christina Block zeigte sich erschüttert von dem Urteil.

Etwa 95.000 Menschen sind in Brandenburg und Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Teil von Karnevalsvereinen. Was diese Tradition besonders macht.

Ex-Sternekoch Wohlfahrt zaubert Gerichte für den Supermarkt – und erzählt, dass ihm die Sterne nicht fehlen. Ihn treibt vieles an, ein Getriebener ist er nicht mehr. Eine Legende wird 70 Jahre alt.

Im Januar sterben in einem Skihotel in der Türkei Dutzende Menschen. Der Hotelbesitzer, seine Familie, der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde und weitere wurden nun zu dutzendfacher lebenslanger Haft verurteilt. Doch zentrale Verantwortliche bleiben ungestraft, meinen Kritiker.

Drei mutmaßliche Mitglieder einer internationalen Diebesbande sollen Luxushotels in Hessen und NRW als Jagdrevier betrachtet haben. In Düsseldorf stoppten Zivilfahnder den Beutezug.

Bei einem der schlimmsten Lawinenunglücke der letzten Jahre in den Alpen sind fünf deutsche Bergsteiger ums Leben gekommen. Die beiden Frauen und drei Männer wurden an Allerheiligen unter dem Gipfel der 3.545 Meter hohen Vertainspitze in Südtirol von einer Schneelawine erfasst. Alle fünf konnten nur noch tot geborgen werden.

Der Streit zwischen Michael Käfer, Chef des Münchner Feinkost-Imperiums, und seinem früheren Geschäftsführer Alexej Oberoi wird jetzt vor dem Landgericht München ausgetragen. Im Kern des Verfahrens steht die Forderung Oberois nach einer millionenschweren Bonuszahlung, die er nach der Trennung nicht erhalten haben soll, wie Medien berichten.

Der Mann fordert Alkohol und zeigt dabei dem Mitarbeiter eines Restaurants etwas Explosives. Diesen Vorgang bewerten die Ermittlungsbehörden jetzt als schwere räuberische Erpressung - mit Folgen.

Eine neue Umfrage beleuchtet den Umgang europäischer Ferienhausvermieter mit zurückgelassenen Lebensmitteln. Welche Produkte am häufigsten liegenbleiben und wie Gastgeber mit diesen Herausforderungen umgehen.

Die jüngsten Ergebnisse der Premier Inn-Schlafstudie zeigen auf, wie wichtig das Gefühl von Sicherheit für Hotelgäste ist und welche bizarren Übernachtungsorte noch Reiz ausüben.