Insolvenzen rückläufig - Unternehmen aus dem Gastgewerbe werden trotzdem nicht alt

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Deutsche Unternehmen sind bei ihrer Löschung aus dem Handelsregister im Durchschnitt rund 16 Jahre alt. Deutlich kürzer leben Unternehmen aus dem Gastgewerbe: Diese sind bei ihrer Löschung im Schnitt nur 12,5 Jahre alt, so eine aktuelle Creditreform-Untersuchung. Schlechter sieht es nur bei Unternehmen aus dem Bereich der Energieversorgung aus.
 

Was die Insolvenzen im Allgemeinen angeht, verlief das erste Halbjahr 2019 positiv. Die Gesamtzahl aller registrierten Insolvenzfälle verringerte sich um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 54.300 Fälle (1. Halbjahr 2018: 56.050). Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen nahm um 2,6 Prozent ab, so dass in den ersten sechs Monaten 33.400 private Verbraucher Insolvenz anmelden mussten (1. Halbjahr 2018: 34.280). Bei den Unternehmen war noch ein leichter Rückgang um 0,4 Prozent auf 9.900 Fälle zu verzeichnen (1. Halbjahr 2018: 9.940). Die Zahl der sonstigen Insolvenzen verringerte sich um 7,0 Prozent (11.000 Fälle).

Obwohl sich das Wirtschaftswachstum in Deutschland in den letzten Quartalen abgeschwächt hatte, blieben die konjunkturellen Rahmenbedingungen für die meisten Unternehmen und Verbraucher noch günstig. Das wirkte sich weiter positiv auf die Insolvenzzahlen aus. So stützten privater Konsum und Bautätigkeit die Konjunktur. Verstärkt hatte sich der Gegenwind aber für die Industrie und den Außenhandel.

Die Schäden für die Insolvenzgläubiger beliefen sich im 1. Halbjahr 2019 auf schätzungsweise 14,6 Mrd. Euro (1. Halbjahr 2018: 14,9 Mrd. Euro). Im Durchschnitt sind pro Unternehmensinsolvenz somit knapp 1,5 Mio. Euro an Forderungsausfällen zu erwarten. Auch aufgrund einiger Großinsolvenzen in diesem Jahr – wie beispielsweise die der Fluggesellschaft Germania oder die des Mode-Händlers Gerry Weber – erhöhte sich die Zahl der bedrohten Arbeitsplätze auf rund 120.000 (1. Halbjahr 2018: 108.000).

Mehr Insolvenzen im „kleinen“ Mittelstand

Im 1. Halbjahr 2019 nahmen die Insolvenzen insbesondere von Unternehmen mit Umsätzen zwischen 25 und 50 Mio. Euro zu. Einen Anstieg der Insolvenzfälle gab es zudem im „kleinen“ Mittelstand (bis 5,0 Mio. Euro Umsatz) sowie bei Kleinstunternehmen (< 100.000 Euro Umsatz). Diese Kleinstfirmen haben mit rund 30 Prozent einen großen Anteil am Insolvenzgeschehen in Deutschland. Aber auch der Anteil des „kleinen“ Mittelstandes stieg zuletzt und beträgt mittlerweile ebenfalls fast 30 Prozent.

Weiter gestiegen ist die Zahl der Insolvenzen von älteren Unternehmen, die über 10 Jahre alt sind (plus 1,8 Prozent). Unternehmen dieser Altersklasse machen mittlerweile fast die Hälfte aller Insolvenzfälle in Deutschland aus (47,1 Prozent). 2009 war es nur etwas mehr als ein Drittel (35,4 Prozent). In dieser Entwicklung spiegelt sich das steigende Durchschnittsalter des Unternehmensbestandes aufgrund des seit Jahren geringen Gründungsgeschehens wider. Auch bei sehr jungen Unternehmen (bis zwei Jahre alt) erhöhte sich diesmal die Zahl der Insolvenzen (plus 1,0 Prozent), nachdem es in den Vorjahren zu Rückgängen gekommen war.

Steigende Insolvenzen im Verarbeitenden Gewerbe

Im 1. Halbjahr 2019 war ein leichter Anstieg der Insolvenzen im Verarbeitenden Gewerbe zu verzeichnen (plus 1,4 Prozent), nachdem im Vorjahr noch ein deutliches Minus zu Buche stand. Auch im Dienstleistungssektor wurde der Rückgang der Insolvenzzahlen gestoppt (plus 0,9 Prozent). Im Baugewerbe (minus 1,4 Prozent) und im Handel (minus 3,7 Prozent) blieb das Insolvenzgeschehen dagegen weiter rückläufig. Die meisten Insolvenzen in Deutschland gibt es weiterhin im Dienstleistungssektor (57,2 Prozent), gefolgt vom Handel (21,1 Prozent). Zuletzt stieg der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes leicht auf 7,3 Prozent. 14,4 Prozent der Insolvenzen betrafen Firmen aus dem Baugewerbe. Die Insolvenzquote im deutschen Unternehmenssektor blieb mit 61 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen praktisch unverändert gegenüber dem Vorjahr. In den letzten Jahren war die Insolvenzquote bereits stark zurückgegangen und gibt so die Entspannung im Insolvenzgeschehen wieder.

40,4 Prozent der Unternehmensinsolvenzen in den ersten sechs Monaten 2019 betrafen Gewerbetreibende und Einzelunternehmen. Auf 39,2 Prozent beläuft sich der Anteil von Unternehmen mit der Rechtsform GmbH, die tendenziell größer und wirtschaftsaktiver sind. Knapp ein Achtel aller Unternehmensinsolvenzen (11,9 Prozent) entfiel auf die Unternehmensgesellschaft (UG haftungsbeschränkt). Damit weist die UG, tendenziell junge und kleinere Unternehmen, weiterhin eine hohe Insolvenzbetroffenheit auf.


Zurück

Vielleicht auch interessant

Im Gastgewerbe sind Praktika schon lange einer der wichtigsten Wege, um junge Leute für eine Ausbildung zu gewinnen. Auch branchenübergreifend finden 61 Prozent der Unternehmen ihre Auszubildende über Praktika. Eine neue Webseite bündelt jetzt alle Informationen.

Der Frust muss raus! Auf Bewertungsplattformen können Arbeitnehmer Arbeitgeber bewerten. Aber wie sieht es rechtlich aus? Ist es unbedenklich, solche Bewertungen im Netz zu verfassen? Und bleibt die Anonymität immer gewahrt?

Sie waren auf Dienstreise, mussten ein Werkzeug selbst kaufen oder haben das Geld für den Blumenstrauß zum Geburtstag des Kollegen vorgestreckt? Welche dieser Kosten erstattet der Arbeitgeber und wie bekomme ich dieses Geld zurück? Zwei Experten erklären, worauf Sie bei Spesen und Auslagen besonders achten müssen.

Sie waren auf Dienstreise oder haben was für die Arbeit gekauft, und bekommen das Geld vom Arbeitgeber erstattet? Wann Steuern anfallen und wie Erstattungen in der Steuererklärung angegeben werden.

Schon ein paar Infos zum Job genügen KI-Programmen wie ChatGPT, um binnen Sekunden ein ansprechendes Bewerbungsschreiben zu erstellen. Wie gehen Unternehmen damit um?

Im Jahr 2023 haben rund 479.900 Personen in Deutschland einen neuen Ausbildungsvertrag in der dualen Berufsausbildung abgeschlossen. Das waren zwar 2,1 Prozent mehr als im Jahr 2022, aber noch immer sechs Prozent weniger als vor der Corona-Pandemie.

Galeria-Investor Beetz ist zuversichtlich, den insolventen Warenhauskonzern wiederbeleben zu können. Die meisten Filalen sollen erhalten bleiben. Welche geschlossen werden, steht noch nicht fest.

Arbeitsunfälle passieren auch im Homeoffice. Zwar verschwimmen hier die Grenzen zwischen Job und Privatleben oft. Wann dann die Unfallversicherung greift und wann nicht, zeigt ein exemplarischer Fall.

E-Mail statt Brief für die Rechnung, Screensharing statt Ausdruck für das Meeting, QR-Code statt Papierticket für die Dienstreise – in deutschen Büros wird deutlich weniger gedruckt als noch vor fünf Jahren.

Es muss sich etwas ändern auf den Chefetagen: Die Führungskräfte, die heute über die Zukunft von Unternehmen entscheiden, sollen nicht einfach nur funktionieren. Sie müssen Vorbildfunktion repräsentieren. Kommunizieren statt regieren. Anpacken statt anpassen. Zuhören statt ständig senden. Doch die Entwicklung scheint gerade andersherum zu laufen. Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.