Jeder zweite Recruiter hat Nachholbedarf bei digitalen Bewerbungsprozessen

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Gespräche per Webcam, zeitversetzte Video-Interviews oder intelligente Bewerbermanagement-Systeme: Seit Wochen zwingt die Corona-Krise Unternehmen, ihre Bewerbungsabläufe komplett zu digitalisieren. Aber sind Deutschlands Recruiter im Einsatz von digitalen Instrumenten wirklich fit genug? Verfügen sie über ausreichende Fähigkeiten, um den Bewerbungsprozess virtuell abzuwickeln? Diesen Fragen sind die Online-Jobplattform StepStone und der Bundesverband der Personalmanager (BPM) in einer gemeinsamen Trendstudie nachgegangen. Insgesamt 2.600 Recruiter wurden sowohl vor als auch nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie befragt. Die Ergebnisse zeigen: Gut jeder zweite hat während der Corona-Krise festgestellt, dass ihm Know-how und Erfahrung im Umgang mit digitalen Instrumenten fehlen.

Einsatz digitaler Instrumente gewinnt an Bedeutung

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die veränderte Rekrutierungspraxis einige HR-Experten zum Nachdenken gebracht hat.  Im Januar – und damit Wochen vor dem Ausbruch der Pandemie – hatten 66 Prozent der Befragten angegeben, mit ihren Digital-Skills gut für die nächsten Jahre aufgestellt zu sein. Drei Monate später wollten diese Aussage 11 Prozent weniger erneut unterschreiben. Ungeachtet dessen, ist die generelle Bereitschaft, digitale Tools zu nutzen, dennoch vorhanden: Immerhin jeder Dritte gibt an, während der Corona-Krise wertvolle Erfahrungen gesammelt zu haben. Zudem sind sich 56 Prozent sicher, dass der Einsatz solcher Instrumente künftig stark zunehmen werde.

Dr. Yasmin Kurzhals, Mitglied des Präsidiums des BPM kommentiert: „Die Ergebnisse zeigen, dass wir uns um die digitale Weiterbildung unserer Recruiter kümmern müssen. Und das gilt nicht nur für das Aneignen zusätzlicher technischer Skills, wir müssen sie auch dafür sensibilisieren, inwieweit ein Kandidat die digitale Ansprache überhaupt akzeptiert. Diese Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter darf keine lästige Pflicht sein, sondern sollte als Chance verstanden werden. Und wir müssen offener dafür werden, digitale und datenbasierte Werkzeuge auszuprobieren und den Mehrwert für die eigene Personalrekrutierung zu bewerten.“

Corona-Push für Video-Interviews

Mit Abstand am häufigsten kommen in Recruiting-Teams Live-Video-Interviews zum Einsatz. Schon vor Ausbruch der Krise waren solche digitalen Gespräche bei 36 Prozent aller Befragten gängige Praxis. Weil auch ein Großteil der Recruiter seit Wochen im Homeoffice arbeitet, hat die Zahl der Video-Interviews zuletzt stark zugenommen. So gaben nach Ausbruch der Pandemie 60 Prozent an, per Live-Video mit Bewerbern Gespräche zu führen. Ebenfalls regelmäßig werden in Bewerberdatenbanken nach passenden Kandidaten gesucht (43 Prozent) und E-Assessment-Tools genutzt (23 Prozent). Auch digitale Cultural-Fit-Tests (15 Prozent) gehören inzwischen zum Auswahlprozess. Zu einer vermehrten Anwendung dieser Tools kam es durch die Corona-Krise hingegen nicht.  

Bewerber schätzen schnelle Abwicklung und persönlichen Kontakt

Und wie empfinden Bewerber digitale Bewerbungsprozesse? StepStone und der BPM haben 10.200 Menschen dazu befragt. Mehr als jeder Zweite hat bereits gute oder sehr gute Erfahrungen mit einem digitalen Prozess gemacht. 82 Prozent und damit die deutliche Mehrheit steht dem offen gegenüber. Neun von zehn Befragten bevorzugen digitale Prozesse vor allem dann, wenn sie für mehr Schnelligkeit und Effizienz sorgen. Ab dem Zeitpunkt des Vorstellungsgesprächs wünschen sich Bewerber hingegen den persönlichen Austausch. „In vielen Unternehmen dauern Bewerbungsprozesse immer noch zu lange“, sagt Dr. Anastasia Hermann, Studienleiterin bei StepStone. „Recruiter haben durch die Coronakrise aber offensichtlich zunehmend mehr Erfahrungen mit digitalen Tools gesammelt. Die vergangenen Wochen können daher auch als richtungsweisend betrachtet werden, wie Bewerbungsprozesse künftig besser und einfacher umgesetzt werden können.“


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

In unserer Folge des Hospitality Jobcast geht es um ein essentielles Führungsthema: Das Mitarbeitergespräch. Bei einigen löst allein der Gedanke an den Termin mit dem Vorgesetzten bereits Unbehagen aus. Wie eine neue Gesprächskultur geschaffen werden kann, berichtet Christian Henzler von Gründer von ⁠newworx.

Im Gastgewerbe sind Praktika schon lange einer der wichtigsten Wege, um junge Leute für eine Ausbildung zu gewinnen. Auch branchenübergreifend finden 61 Prozent der Unternehmen ihre Auszubildende über Praktika. Eine neue Webseite bündelt jetzt alle Informationen.

Der Frust muss raus! Auf Bewertungsplattformen können Arbeitnehmer Arbeitgeber bewerten. Aber wie sieht es rechtlich aus? Ist es unbedenklich, solche Bewertungen im Netz zu verfassen? Und bleibt die Anonymität immer gewahrt?

Sie waren auf Dienstreise, mussten ein Werkzeug selbst kaufen oder haben das Geld für den Blumenstrauß zum Geburtstag des Kollegen vorgestreckt? Welche dieser Kosten erstattet der Arbeitgeber und wie bekomme ich dieses Geld zurück? Zwei Experten erklären, worauf Sie bei Spesen und Auslagen besonders achten müssen.

Sie waren auf Dienstreise oder haben was für die Arbeit gekauft, und bekommen das Geld vom Arbeitgeber erstattet? Wann Steuern anfallen und wie Erstattungen in der Steuererklärung angegeben werden.

Schon ein paar Infos zum Job genügen KI-Programmen wie ChatGPT, um binnen Sekunden ein ansprechendes Bewerbungsschreiben zu erstellen. Wie gehen Unternehmen damit um?

Im Jahr 2023 haben rund 479.900 Personen in Deutschland einen neuen Ausbildungsvertrag in der dualen Berufsausbildung abgeschlossen. Das waren zwar 2,1 Prozent mehr als im Jahr 2022, aber noch immer sechs Prozent weniger als vor der Corona-Pandemie.

Galeria-Investor Beetz ist zuversichtlich, den insolventen Warenhauskonzern wiederbeleben zu können. Die meisten Filalen sollen erhalten bleiben. Welche geschlossen werden, steht noch nicht fest.

Arbeitsunfälle passieren auch im Homeoffice. Zwar verschwimmen hier die Grenzen zwischen Job und Privatleben oft. Wann dann die Unfallversicherung greift und wann nicht, zeigt ein exemplarischer Fall.

E-Mail statt Brief für die Rechnung, Screensharing statt Ausdruck für das Meeting, QR-Code statt Papierticket für die Dienstreise – in deutschen Büros wird deutlich weniger gedruckt als noch vor fünf Jahren.