Minus 10,1 Prozent: Historischer Konjunktureinbruch in der Corona-Krise

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die deutsche Wirtschaft hat auf dem Höhepunkt der Corona-Krise einen noch nie da gewesenen Einbruch erlebt. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 10,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden in einer ersten Schätzung mitteilte. Es war der stärkste Rückgang seit Beginn der vierteljährlichen BIP-Berechnungen im Jahr 1970. Selbst auf dem Höhepunkt der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 war das Minus mit 4,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal nur etwa halb so groß. Bereits zum Jahresanfang war die Wirtschaftsleistung gesunken. Europas größte Volkswirtschaft steckt in einer tiefen Rezession.

Nach Angaben der Wiesbadener Behörde sind im zweiten Quartal die Exporte und Importe von Waren und Dienstleistungen erheblich eingebrochen sowie die privaten Konsumausgaben und die Investitionen der Unternehmen in Ausrüstungen wie Maschinen. Der Staat erhöhte dagegen seine Konsumausgaben. Dazu zählen unter anderem Gehälter der Mitarbeiter.

Im Vorjahresvergleich brach die Wirtschaftsleistung um 11,7 Prozent ein. Den bisher stärksten Rückgang gegenüber einem Vorjahresquartal hatte es während der Wirtschafts- und Finanzkrise mit minus 7,9 Prozent im zweiten Vierteljahr 2009 gegeben.

Tiefpunkt erreicht

Volkswirte gehen davon aus, dass damit der Tiefpunkt erreicht ist und die Konjunktur im zweiten Halbjahr anzieht, vorausgesetzt die Infektionszahlen steigen nicht wieder deutlich an. Die wegen des Virus verhängten Einschränkungen für Wirtschaft und Gesellschaft wurden seit Mai zunehmend gelockert.

Nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stehen die Zeichen «eindeutig auf Erholung». Es werde aber wohl zwei Jahre dauern, bis der historische Einbruch vom Frühjahr wettgemacht sei. Sorgen bereiten Ökonomen erste Anzeichen für wieder steigende Infektionszahlen in Deutschland. «Damit bleibt auch die wirtschaftliche Unsicherheit hoch, und das ist Gift für die Konjunktur», sagte der Konjunkturchef des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Stefan Kooths.

KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib sieht vor allem die Industrie weiter unter Druck. «Insbesondere die exportorientierte Industrie muss angesichts der global weiterhin hohen Infektionsdynamik mit viel Gegenwind rechnen.»

Der Deutschen Bundesbank zufolge dürfte der Tiefpunkt der wirtschaftlichen Aktivität bereits im April erreicht worden sein. Im zweiten Halbjahr dürfte sich die wirtschaftliche Erholung fortsetzen. «Dazu wird auch das zuletzt beschlossene Konjunkturpaket beitragen», schrieben die Experten im jüngsten Monatsbericht.

Mehrwertsteuersenkung zeigt erste Effekte

Die Bundesregierung hat für die Jahre 2020 und 2021 ein insgesamt 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket aufgelegt. Unter anderem wurde die Mehrwertsteuer vom 1. Juli an für ein halbes Jahr gesenkt: von 19 auf 16 Prozent beziehungsweise 7 auf 5 Prozent. Das soll den Konsum als wichtige Stütze der Konjunktur ankurbeln.

Nach Auffassung der GfK-Konsumforscher zeigen sich bereits erste Effekte. «Die Anschaffungsneigung ist sehr stark angestiegen», sagte Konsumforscher Rolf Bürkl bei der Vorstellung der Konsumklima-Studie für Juli. «Die Verbraucher beabsichtigen offenbar, geplante größere Anschaffungen vorzuziehen, was dem Konsum in diesem Jahr hilft.»

Auch in den Unternehmen hat sich die Stimmung aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im Juli den dritten Monat in Folge.

Die Bundesregierung rechnet trotz der erwarteten Erholung im Gesamtjahr mit der schwersten Rezession seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Sie ging zuletzt von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 6,3 Prozent aus. Ähnlich düster sind andere Vorhersagen. In der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 war das deutsche BIP um 5,7 Prozent geschrumpft. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Zum Start in den April bittet der DEHOGA Bundesverband Unternehmer erneut um Ihre Unterstützung bei einer aktuellen Umfrage. Der Verband stellt Fragen zur aktuellen wirtschaftlichen Situation, zum Ostergeschäft und dazu, wie sich die 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen im ersten Quartal ausgewirkt haben.

Die Zahl der jungen Menschen ohne Berufsabschluss liegt in Deutschland auf einem Rekordhoch. Im Jahr 2022 verfügten laut jüngsten Daten des Statistischen Bundesamts 2,86 Millionen 20- bis 34-Jährige nicht über eine formale Qualifikation.

Die Probezeit ermöglicht es Arbeitnehmern und Firmen, sich kennenzulernen. So können beide die Zusammenarbeit testen und entscheiden, ob es passt. Fluch oder Segen? Die Meinungen gehen auseinander.

Der Schnitt von Weinreben ist aufwendig, erfordert Fachkenntnis und hat erhebliche Folgen. Immer häufiger fehlen aber Arbeitskräfte dafür. Künstliche Intelligenz kann einiges übernehmen.

Spitze Bemerkungen, abfällige Äußerungen oder sogar gezieltes Ausschließen von gemeinsamen Terminen: Mobbing am Arbeitsplatz kann sehr belastend sein. Wann müssen Vorgesetzte eingreifen?

Manchmal verlaufen Gespräche mit Kollegen oder Vorgesetzten kompliziert, obwohl es um scheinbar einfache Sachen geht - etwa um Terminplanungen oder darum, Aufgaben zu verteilen. Tipps für Führungskräfte und Arbeitnehmer, damit die Kommunikation besser läuft.

Krise im Weinland Frankreich: Trotz guter Ernte geht der Absatz im In- und Ausland zurück. Die Lust auf Wein in Frankreich sinkt. Da sorgt eine Supermarktkette mit einem Angebot für Wirbel.

Manche treibt Nichtstun in den Wahnsinn. Anderen hingegen macht es gar nichts aus, wenn sie im Job über längere Zeit keine Aufgaben haben. Aber sollte die Chefin oder der Chef davon wissen?

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im März im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen - und zwar um 45.000 auf 2,769 Millionen. Im Vergleich zum März des Vorjahres gab es allerdings 176.000 mehr Arbeitslose.

Der Wechselwille auf dem Arbeitsmarkt ist Umfragen zufolge groß. Die Kündigung tatsächlich beim Arbeitgeber einzureichen, kostet viele dennoch Überwindung. So gehen Sie rechtssicher vor.