Umfrage: Identifikation mit der Arbeit sinkt

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die Stimmung unter Deutschlands Arbeitnehmern ist offensichtlich nicht die beste: Nach einer Umfrage ist die Bindung an den Beruf gesunken. In der am Donnerstag veröffentlichten alljährlichen Berufestudie des Versicherers HDI sagten nur noch 47 Prozent, dass ihnen der Job viel bedeute. Vor einem Jahr waren es noch 58 Prozent gewesen.

Eine weitere Frage galt der Bedeutung der Finanzen. Dabei antworteten lediglich 41 Prozent, dass ihnen der Beruf mehr bedeute als Geldverdienen, zehn Prozentpunkte weniger als 2022. Viele Unternehmen preisen offene Stellen als «spannende Herausforderung» an.

Doch liefert die laut HDI repräsentative Erhebung Indizien für den Verdacht, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre Tätigkeit keineswegs als besonders spannend empfinden. Das Umfrageinstitut Yougov befragte im HDI-Auftrag im Mai und Juni 3 864 Berufstätige ab 15 Jahren in allen sechzehn Bundesländern..

Folgen des Fachkräftemangels sind zu spüren

Die Gründe der offensichtlich gewachsenen Unzufriedenheit fragten die Demoskopen nicht ab, wohl aber die Folgen des Fachkräftemangels auf die Gemütslage der Arbeitnehmerschaft: Knapp sechzig Prozent sagten, dass in ihrem jeweiligen Job die Auswirkungen zu spüren seien, 31 Prozent nannten dabei gestiegenen Arbeitsdruck.

Der Fachkräftemangel stelle Unternehmen vor «gewaltige Herausforderungen in puncto Leistungsfähigkeit, Prozesssicherheit und Kundenservice», sagte Jens Warkentin, der Vorstandschef von HDI Deutschland.

Vor allem in den USA kehrten Beschäftigte ihren Arbeitgebern während der Corona-Pandemie scharenweise den Rücken. Die Kündigungswelle machte unter dem Stichwort «quiet quitting» - stiller Abschied - international Schlagzeilen.

Identifikation mit der Arbeit nahm zeitweise zu

Der deutschen Wirtschaft blieb das Phänomen erspart, im Gegenteil nahm die Identifikation mit der Arbeit zeitweise sogar zu. Das geht sowohl aus den Vorgängerumfragen der HDI-Berufestudie als auch aus wissenschaftlichen Untersuchungen hervor.

So stellte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in einem im Juli veröffentlichten Papier fest, dass die Identifikation mit der Tätigkeit und die Bindung an den Arbeitgeber in den Jahren vor Corona abgenommen habe. Doch während der Pandemie setzte sich dieser Trend demnach nicht mehr fort.

Offene Frage ist nun, ob die Corona-Pandemie in dieser Hinsicht möglicherweise nur ein Zwischenhoch darstellte. Wenn dem so wäre, müssten sich Unternehmen mehr anstrengen, um ihr Personal zu halten. Das IAB empfahl Arbeitgebern in der Studie, den Rückgang des Engagements in den Jahren vor Corona ernst zu nehmen und zu versuchen, den Trend «nachhaltig umzukehren».

Der Job ist für eine Mehrheit nicht zentraler Lebensinhalt

In den HDI-Vorgängerumfragen der vergangenen Jahre hatte jeweils weit mehr als die Hälfte der Befragten gesagt, dass ihnen der Beruf viel bedeute, im Laufe der Corona-Pandemie waren es 2020 und 2021 sogar mehr als 60 Prozent gewesen. In der neuen Ausgabe der Erhebung ist dieser Wert nun auf ein niedrigeres Niveau gesunken als vor der Pandemie im Jahr 2019.

Dass der Job für eine Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung nicht den zentralen Lebensinhalt darstellt, zeigen auch andere Untersuchungen.

In einer zu Jahresbeginn publizierten internationalen Befragung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group und des Jobbörsenverbands The Network gaben zwei Drittel der in Deutschland befragten 4200 Teilnehmer zu Protokoll, dass für sie der ideale Karrierepfad ein sicherer Job sei.

Wichtig dabei: ausreichend Zeit für Familie, Freunde und Hobbys. Erst an zweiter Stelle folgte bei 43 Prozent der Wunsch nach einer interessanten Tätigkeit mit «spannenden» Produkten, Technologien oder Dienstleistungen.

In Krisenzeiten weniger Neigung zu Jobwechsel

Naheliegend ist der Zusammenhang zwischen der Bereitschaft zum Jobwechsel und der Konjunktur. In Krisenzeiten neigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eher dazu, ihrer Firma treu zu bleiben.

In einer in dieser Woche veröffentlichten Untersuchung meldete das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, dass die Fluktuationsrate während der Pandemie zunächst abgenommen hatte. 2022 erreichte diese im ersten Halbjahr wieder ihr Vorkrisenniveau, um dann im Zuge der aktuellen Konjunkturflaute gegen Jahresende wieder stark zu sinken.

Was die grundsätzliche Haltung zum Broterwerb betrifft, so wären laut HDI-Umfrage gar nicht wenige Menschen grundsätzlich bereit, nach der Rente weiterzuarbeiten. Dies allerdings unter der Voraussetzung besserer Konditionen. So sagte mehr als ein Viertel, dass sie für mehr Geld weiter arbeiten würden. Bei unveränderten Bedingungen wären es demnach nur zehn Prozent.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Im laufenden Jahr sind die Gehälter vieler Tarifbeschäftigter kräftig gestiegen. Doch die Teuerung aus den vergangenen Jahren ist nur zum Teil wettgemacht.

Millionen Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten in Teilzeit - vor allem Frauen. Bisher werden sie bei Überstundenzuschlägen schlechter behandelt als Vollzeitbeschäftigte. Das muss sich jetzt ändern.

«Verplant bitte zeitnah alle Urlaubstage für das Jahr 2025.» Mit einer solchen Aufforderung vom Arbeitgeber können nicht alle Beschäftigten gut leben. Darf der Arbeitgeber das verlangen?

Die Beschäftigten in Deutschland haben im dritten Quartal 2024 so wenige Überstunden geleistet wie noch nie. Im Schnitt machte jeder und jede Beschäftigte demnach 3,3 bezahlte und 3,9 unbezahlte Überstunden.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich im Dezember auf etwas mehr Nettogehalt freuen - und das ganz ohne Gehaltserhöhung oder Weihnachtsgeld. Der Grund ist vielmehr eine rückwirkende Steuererleichterung.

Wenn wir in der aktuellen Wirtschaftslage eines ganz sicher nicht gebrauchen können, dann sind es Nachlässigkeiten des Managements im Arbeitsalltag. Denn wer inkonsequent führt, gefährdet den Erfolg des Unternehmens. Doch wie stellt man das ab? Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Auch für das dritte Quartal 2024 hat der DEHOGA die wichtigsten wirtschaftlichen Kennzahlen aus Hotellerie und Gastronomie in seinem Zahlenspiegel zusammengestellt. Hierin gibt es zahlreiche Informationen rund um Umsatz- und Beschäftigtenzahlen, Ausbildung, Gewerbean- und -abmeldungen und vieles mehr.

Die Weihnachtsmärkte sind geöffnet, und die Glühwein-Hersteller erwarten in den kommenden Wochen ein gutes Geschäft. Besonders weißer Glühwein wird immer beliebter.

Verbraucher essen mehr Gemüse und weniger rotes Fleisch, insbesondere Schweinefleisch, und Fleischerzeugnisse sowie alkoholische Getränke – diese Trends im Lebensmittelverbrauch hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) in ihrem 15. DGE-Ernährungsbericht veröffentlicht.

Ende  November 2024 wurde die Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung im Bundesgesetzblatt verkündet. Welche Beitragssätze, Bemessungsgrenzen und Sachbezugswerte ab dem 1. Januar 2025 gelten, steht bei Tageskarte.