Vier von zehn Arbeitnehmern in Deutschland fühlen sich gestresst

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Arbeitnehmer in Deutschland fühlen sich im Vergleich der großen Industrieländer eher selten gestresst. Das geht aus einer Umfrage des Beratungsunternehmens Gallup hervor. Demnach gaben zwar 40 Prozent der Befragten hierzulande an, tags zuvor Stress empfunden zu haben. Im Schnitt der sieben größten Industrienationen waren es 46 Prozent, europaweit 39 Prozent. Weltweit hat der Stress der Umfrage zufolge in der Corona-Krise einen Höchstwert erreicht.

«Wir profitieren in Deutschland von einer Kombination aus weitgehender Arbeitsplatzsicherheit durch das Instrument der Kurzarbeit und einem stabilen Sozial- und Gesundheitssystem», sagte Gallup-Experte Marco Nink. Auch dass viele im Homeoffice arbeiten könnten, verringere Stress. Denn dadurch falle das Pendeln weg.

Viele haben sich ans Homeoffice gewöhnt. Deshalb wollen sie den Erkenntnissen zufolge seltener für den Job umziehen. Dazu trage auch der Fachkräftemangel bei. Gut jeder Zweite hält die Zeit für gut, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Einen Umzug innerhalb der kommenden zwölf Monate halten aber nur 11 Prozent für wahrscheinlich. Europaweit sind es 14 Prozent.

«Die Corona-Pandemie hat die Situation nachhaltig zugunsten der Beschäftigten verändert», sagte Nink. «Das Homeoffice wird bleiben und ein wichtiger Bestandteil für die Arbeitgeberattraktivität sein.»

Bei der Verbreitung von Homeoffice lag Deutschland im vergangenen Jahr leicht über dem Durchschnitt der EU-Länder, wie aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen. Fast ein Viertel der Erwerbstätigen (24,8 Prozent) hierzulande erledigte 2021 den Job zumindest gelegentlich von zu Hause - laut der Wiesbadener Behörde ein Rekord. Der Homeoffice-Schnitt in der EU liege bei 24,2 Prozent.

Corona-Maßnahmen wie die Homeoffice-Pflicht hätten dazu geführt, dass sich der Anteil zum Vor-Corona-Niveau 2019 (12,8 Prozent) fast verdoppelt habe. Für zehn Prozent der Berufstätigen waren die eigenen vier Wände im vergangenen Jahr an jedem Arbeitstag das Büro, hieß es. Während IT-Beschäftigte zu gut drei Vierteln im Homeoffice arbeiteten, konnten in Gesundheitswesen die wenigsten Beschäftigten ihre Arbeit von zu Hause machen (5,4 Prozent).

Spitzenreiter beim Homeoffice-Anteil in der EU waren den Berechnungen nach die Niederlande (54 Prozent), Schweden (46,5) und Luxemburg (45,4). In Bulgarien (6,5 Prozent), Rumänien (6,6) und Zypern (12,6) waren dagegen nur wenige Erwerbstätige von zu Hause aus tätig.

Mit dem Ende der Pflicht für Arbeitgeber, Homeoffice anzubieten, sind in Deutschland viele Menschen an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt. Im April sank der Anteil der Beschäftigten, die zumindest teils von zu Hause arbeiteten, auf 24,9 Prozent, wie das Ifo-Institut jüngst berechnet hat. Im März waren es demnach 27,6 Prozent. Die Homeoffice-Nutzung bleibe auch nach Abschaffung der Pflicht am 20. März hoch, sagte Ifo-Experte Jean-Victor Alipour. «Offenbar haben sich viele Unternehmen dauerhaft auf flexiblere Modelle eingestellt.»

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erklärte, damit das Homeoffice eine Erfolgsstory bleibe, müsse der Staat einen klugen Rahmen setzen. Er solle auf die Bedürfnisse von Erwerbstätigen ebenso wie von Arbeitgebern eingehen. Ein Rechtsanspruch auf Homeoffice aber «wäre nicht zielführend, im schlimmsten Fall sogar schädlich». Veränderung müsse aus Überzeugung geschehen, nicht aus Zwang. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Spitze Bemerkungen, abfällige Äußerungen oder sogar gezieltes Ausschließen von gemeinsamen Terminen: Mobbing am Arbeitsplatz kann sehr belastend sein. Wann müssen Vorgesetzte eingreifen?

Manchmal verlaufen Gespräche mit Kollegen oder Vorgesetzten kompliziert, obwohl es um scheinbar einfache Sachen geht - etwa um Terminplanungen oder darum, Aufgaben zu verteilen. Tipps für Führungskräfte und Arbeitnehmer, damit die Kommunikation besser läuft.

Krise im Weinland Frankreich: Trotz guter Ernte geht der Absatz im In- und Ausland zurück. Die Lust auf Wein in Frankreich sinkt. Da sorgt eine Supermarktkette mit einem Angebot für Wirbel.

Manche treibt Nichtstun in den Wahnsinn. Anderen hingegen macht es gar nichts aus, wenn sie im Job über längere Zeit keine Aufgaben haben. Aber sollte die Chefin oder der Chef davon wissen?

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im März im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen - und zwar um 45.000 auf 2,769 Millionen. Im Vergleich zum März des Vorjahres gab es allerdings 176.000 mehr Arbeitslose.

Der Wechselwille auf dem Arbeitsmarkt ist Umfragen zufolge groß. Die Kündigung tatsächlich beim Arbeitgeber einzureichen, kostet viele dennoch Überwindung. So gehen Sie rechtssicher vor.

Auf Tiktok trenden seit geraumer Zeit Videos, in denen die Generation Z Aufzeichnungen ihrer Kündigungsgespräche teilt. Auch wenn die Absicht dahinter wertvoll sein mag, ist das eine schlechte Idee.

Versendet ein Arbeitgeber persönliche Daten unverschlüsselt per Mail, verstößt er gegen Datenschutzrecht. Betroffene Arbeitnehmer haben aber nicht automatisch Anspruch auf Schadenersatz. Warum?

Weniger als die Hälfte der Deutschen ist noch kirchlich gebunden. Dennoch gelten an Karfreitag einige christlich geprägte Verbote - je nach Bundesland unterschiedlich streng. Wie sehen die Regeln aus?

Wie lebte das Tier, bevor es auf den Teller kam? Viehhaltung sollte nach Ansicht von Verbraucher- und Tierschützern transparenter werden. Wie das aussehen und welche Rolle Technik dabei spielen könnte.