Bundesbeauftragter kritisiert Restaurants mit laxem Datenschutz

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Der Beauftrage des Bundes für den Datenschutz rügt einen zu laxen Umgang mit Corona-Kontaktdaten in der Gastronomie. In einigen Restaurants und Cafés würden einfachste Datenschutz-Regeln missachtet, sagte Ulrich Kelber (SPD) der Funke Mediengruppe (Samstag). «Es gibt offene Listen an den Eingängen, alle Beschäftigten des Betriebes können Einblick nehmen, die Daten der Gäste werden viel zu lange aufbewahrt und es fehlen technische Sicherungsmaßnahmen.»

Kelber sagte: «Wer möchte, dass die Leute in diese Listen nicht Micky Maus reinschreiben und als Telefonnummer 123456, der sollte die Datenerhebung auf ihre Kernfunktion - den Infektionsschutz - zurückführen.» Zum Beispiel könnten Umschläge auf den Tischen liegen, die sofort verschlossen werden. «Und nach 14 Tagen werden die Daten gelöscht, indem die verschlossenen Umschläge in den Reißwolf kommen.» Der Datenschutzbeauftragte riet Bürgern indirekt dazu, Restaurants zu meiden, die unsachgemäß mit Corona-Kontaktdaten umgehen. «Ich halte mich persönlich an Gesetze und trage keine falschen Daten ein. Aber ich habe Gastronomen auch schon gesagt: Wenn die Daten in einer Form erhoben werden, die nicht legitim ist, kann man mit mir als Gast nicht rechnen.»

Aus Kelbers Sicht hätte es den Sicherheitsbehörden gut angestanden, ihren Zugriff auf Kontaktdaten - wenn überhaupt - auf wenige, besonders eklatante Fälle zu beschränken. «Wer diese Daten auch bei Fahrerflucht nach einem Blechschaden benutzt, zerstört Vertrauen. Der Staat kann nicht versprechen, diese Daten zum Infektionsschutz zu verwenden - und dann greift die Polizei im großen Stil darauf zurück.»

Viele Beschwerden gegen Erfassung von Gästedaten in Lokalen in Bayern

Die bayerischen Datenschutzbehörden haben weit mehr als 100 Beschwerden gegen die Erfassung der Gästedaten in der Gastronomie wegen der Corona-Krise erhalten. Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht in Ansbach hat nach Angaben eines Sprechers rund 100 Beschwerden erhalten. Dem Datenschutz-Landesbeauftragten Thomas Petri in München liegen zudem nach eigenen Angaben weitere Beschwerden im mittleren zweistelligen Bereich vor.

Im Freistaat ist der Datenschutz im Unterschied zu anderen Bundesländern auf zwei Behörden aufgeteilt. Während sich Petri um die Einhaltung der Gesetze beim Staat kümmert, ist das Ansbacher Landesamt für die Überwachung von Unternehmen zuständig.

Beim größten Teil der Beschwerden geht es nach Angaben des Landesamtes darum, dass in manchen Restaurants Listen für mehrere Gäste verwendet wurden. Dadurch könne dann der Gast, der seine Daten einträgt, die Angaben der Personen sehen, die zuvor gekommen seien, erklärte Alexander Filip vom Landesamt. «Dies ist datenschutzrechtlich unzulässig.»

Nach dem seit Mitte Mai gültigen bayerischen Hygienekonzept müssen die Wirte eine Liste mit den Namen der Kunden, deren Telefonnummern und dem Zeitraum des Aufenthaltes anlegen. «Die Gästeliste ist so zu führen und zu verwahren, dass Dritte sie nicht einsehen können», heißt es in der Bekanntmachung der Staatsregierung. Die Listen sollen zur Information der Kontaktpersonen dienen, wenn ein Gast positiv auf das Coronavirus Sars-CoV-2 getestet wurde.

Die Datenschützer empfehlen, dass die Betriebe für jeden Tisch ein eigenes Blatt verwenden, um Probleme zu vermeiden. Falls die Gaststätten nicht zulässige Listen führen, fordern die Datenschützer die Betreiber schriftlich zur Änderung dieser Praxis auf. «Aufgrund der großen Anzahl an Lokalen ist es aber nicht ganz überraschend, dass die Handhabung in einigen der Lokale bislang in datenschutzrechtlicher Hinsicht offenbar noch nicht immer korrekt stattfindet», sagte Filip.

Sollte ein Unternehmen dauerhaft gegen den Datenschutz verstoßen, wäre auch ein Bußgeld möglich. So ein Fall ist dem Landesamt aber noch nicht bekannt. Die Gastronomen müssten die Adressblätter dann nach Ablauf eines Monats schreddern.

Nachdem bekannt wurde, dass die Polizei in Bayern in mindestens zwei Dutzend Fällen Gästelisten für Ermittlungen nach Straftaten genutzt hat, kündigte der Landesbeauftragte Petri an, diese Fälle genau zu prüfen. Denn die Ermittler greifen nicht nur bei schwersten Verbrechen wie Mord oder Totschlag auf die Listen zu, sondern auch bei weniger schweren Delikten wie Betrug oder Beleidigung. «Wir werden dem nachgehen, soviel steht schon fest», sagte Petri.

Er will herausfinden, ob die Polizei auch bei Bagatelldelikten die Listen einsieht, was der Datenschützer als problematisch ansehen würde. In einem Beleidigungsfall, in dem die Listen herangezogen wurden, gehe es beispielsweise um einen rechtsextremen Hintergrund, erklärte Petri. Es sollen antisemitische Äußerungen gefallen sein. In einem solchen Fall müsse schon genauer hingeschaut werden. Es könne dann auch einen Bezug zu einer organisierten extremistischen Bewegung geben, sagte er. In diesem Fall könnte das Delikt die Bagatellschwelle überschreiten.

Der Datenschutzbeauftragte erklärte, dass Betrugs- oder Diebstahlsdelikte normalerweise im Spektrum der mittleren Kriminalität lägen. Doch solche Fälle könnten nach oben oder unten ausschlagen. Bei einem Betrug könne es um wenige Euro oder sogar eine Milliardensumme gehen. «Das muss man sich ansehen, ehe man sagt, das ist eine Bagatellstraftat oder eine Straftat von einigem Gewicht.»

Datenschutzbeauftragter in Hessen: «Viele Beschwerden» gegen Corona-Gästelisten

Beim hessischen Datenschutzbeauftragten sind viele Beschwerden von Bürgern gegen die Corona-Gästelisten in der Gastronomie eingegangen. Das erklärte eine Sprecherin in Wiesbaden auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur und sprach von einer Zahl «unter 100».

«Es ist der Eindruck entstanden, dass die Gastronomen mit der datenschutzgerechten Corona-Listen-Verwaltung überfordert sind», erläuterte sie. Allerdings sei dem Datenschutzbeauftragten bislang keine Datenpanne im Zusammenhang mit den Listen bekannt.

Die Gastronomen müssten einen solchen Fall melden, erklärte die Sprecherin. Der Datenschutzbeauftragte könnte zudem über eine Beschwerde oder nach einer Kontrolle von einer Datenpanne erfahren.

«Gäste und Gastronomen sollten an einem Strang ziehen, auch bei der Gästedatenerfassung. Ausgesucht hat sich das wirklich niemand», erklärte Julius Wagner vom Hotel- und Gastronomieverband Dehoga Hessen. «Und die Branche braucht echte Unterstützung, die sich auch in einfachen Gesten eines jeden Einzelnen ausdrückt.»

Bei der Nachverfolgung von Infektionsketten war nach Angaben Wagners zuletzt in hessenweit drei Fällen aufgefallen, dass ein teils relativ hoher Anteil von Lokalbesuchern Fantasie-Angaben bei der Datenerfassung gemacht hatte. Es seien bis zu 30 Prozent der Daten aus der Luft gegriffen gewesen. Den Wirten seien bei dem Thema die Hände gebunden, da sie kein Recht hätten, die Gäste zum Vorzeigen ihrer Personalausweise zu verpflichten.

Es sei nicht hilfreich, die Corona-Regeln einfach zu missachten, wenn man mit ihnen nicht einverstanden ist, erklärte Wagner. Das verlagere eine durchaus notwendige Diskussion und Überprüfung bestehender Schutzmaßnahmen auf die Ebene der Ordnungsbehörden - wo die Debatte wenig brächte außer Ärger für die Gastronomen. (dpa)


 

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